Geldwerkstatt:Nicht gleich unterschreiben

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Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage.

Wer Geld anlegen will, sollte gut vorbereitet und mit gesunder Skepsis in das Beratungsgespräch gehen. Sinnvoll ist es auch, einen Zeugen mitzunehmen und sich Notizen über Einzelheiten zu machen.

Es gilt als ähnlich unliebsame Beschäftigung wie der Besuch beim Zahnarzt: sich vom Bankberater über Themen wie Altersvorsorge oder Geldanlage beraten zu lassen. Doch wer gut vorbereitet ins Beratungsgespräch geht, hat wenig zu befürchten - zumal niemand einen Vertrag unterschreiben muss, den man nicht versteht oder bei dem man ein schlechtes Gefühl hat. Einige Tipps für das Gespräch mit dem Finanzberater.

Die Vorbereitung

Bevor Sparer mit ihrem Finanzberater sprechen, sollten sie sich darüber klar werden, was sie mit ihrem Geld eigentlich erreichen möchten. Ein Profi in Sachen Finanzen muss man dafür nicht sein, für ein paar grundlegende Gedanken genügen die Gehaltszettel, ein Haushaltsbuch oder ein grober Überblick, wie viel man jeden Monat für was ausgibt. "Anlegen kann prinzipiell jeder, aber Schuldentilgung geht vor. Erst dann kann man regelmäßig etwas zur Seite legen", sagt Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Die Frage, wie man sein Geld investieren sollte, hängt auch damit zusammen, wie lange Verbraucher auf einen Teil ihres Vermögens verzichten können. "Darüber sollte man sich im Vorfeld schon mal Gedanken machen, denn es macht einen großen Unterschied, ob ich das Geld in einem oder in 25 Jahren brauche", sagt die freie Finanzberaterin Stefanie Kühn aus Grafing bei München. Sie empfiehlt Sparern, relevante Unterlagen rund ums Gehalt, das derzeitige Vermögen und eventuelle Unterhaltsverpflichtungen zur Beratung mitzubringen. "Je besser ein Kunde vorbereitet ist, desto effektiver läuft meist das Gespräch ab", sagt Kühn.

Das Gespräch

Um während des Beratungsgesprächs gedanklich nicht den Faden zu verlieren und später Rückfragen stellen zu können, empfiehlt Verbraucherschützer Feck den Sparern, einen Zeugen mitzubringen und sich Notizen zu machen.

In den meisten Beratungsgesprächen werden Verbraucher von ihrem Gegenüber mit dem sogenannten magischen Dreieck der Geldanlage konfrontiert. "Dabei fragen wir ab, wie sicherheitsorientiert der Kunde ist, welchen Stellenwert eine hohe Rendite hat und wie langfristig er den Anlagebetrag nicht benötigt", sagt Daria Seilbach, Privatkundenberaterin bei der Stadtsparkasse München. Allerdings kann kein Finanzberater der Welt seinen Kunden eine komplett sichere Anlage mit hoher Rendite vermitteln, bei der das Geld garantiert ohne Verlust sofort verfügbar ist.

Deshalb geht es darum, das Dreieck möglichst optimal auszutarieren. "Manchmal wird den Kunden erst im Lauf des Gesprächs klar, dass sie ihr eingesetztes Vermögen gar nicht kurzfristig benötigen und chancenorientierter anlegen möchten als vorher gedacht", sagt Seilbach. Eine solche Situation eröffnet neue Möglichkeiten für die Geldanlage, zum Beispiel für Aktienfonds, mit denen Anleger ein gewisses Risiko eingehen und sich die Zeit nehmen sollten, Schwankungen am Kapitalmarkt auszusitzen. Setzen Kunden andere Prioritäten, werden Berater ihnen eher Sparprodukte mit staatlicher Einlagensicherung ans Herz legen, mit denen sie kein Risiko eingehen und schnell auf ihr Geld zugreifen können. Allerdings erwirtschaften sie damit in Zeiten niedriger Zinsen keine Rendite.

Die Warnsignale

Wenn der Gesprächspartner nicht pauschal für die Beratung bezahlt wird, sondern stattdessen oder zusätzlich Provisionen für die Produkte erhält, die er oder sie dem Kunden schmackhaft macht, dann ist ein Anlagegespräch immer auch ein Verkaufsgespräch. Es gibt einige Warnsignale, die für eine unseriöse Beratung sprechen. "Wenn ein Verbraucher darauf hinweist, dass er auf keinen Fall einen Cent verlieren möchte, aber gleichzeitig eine hohe Rendite versprochen bekommt, dann sollte er misstrauisch werden", sagt Feck. Ein Finanzprodukt ohne Einlagensicherung sei nicht so sicher wie ein Sparbuch, auch wenn manche Werbeslogans das gerne nahelegten.

Finanzberaterin Kühn empfiehlt Anlegern, sich von nachrangigen Darlehen und Produkten mit Nachschusspflicht fernzuhalten. "Das sind Alarmzeichen", sagt sie. Bei Nachrangdarlehen leihen Verbraucher einem Unternehmen Geld und erhalten dafür Zinsen, werden aber im Fall einer Insolvenz erst nach anderen Gläubigern bedient - dann, wenn oft kein Geld mehr übrig ist. Bei Produkten mit Nachschusspflicht müssen Anleger sogar weiteres Kapital einbringen, wenn das Unternehmen, in das sie investiert haben, in Schwierigkeiten gerät.

Die Rückfragen

"Anleger sollten keine falsche Scheu haben, wenn es um ihr eigenes Geld geht", sagt Verbraucherschützer Feck. Er rät ihnen, im Beratungsgespräch direkt nachzufragen, sobald sie etwas nicht verstehen. Nachhaken sollten Sparer auch dann, wenn ihr Berater zwar die Vorzüge eines Finanzprodukts betont, nicht aber auf die damit verbundenen Gebühren eingeht. "Bekommen Kunden etwa eine Lebensversicherung angeboten, sollten sie immer nach den oft recht hohen Kosten fragen", sagt Finanzberaterin Kühn.

Das gilt auch für Investmentfonds. "Die Banken versuchen meist, ihre Hausprodukte mit vergleichsweise hohen Gebühren loszuwerden", sagt Feck. Dabei gebe es meist passive Indexfonds (ETFs) mit gleicher Ausrichtung, die deutlich weniger kosteten. "Doch weil die Banken an der Vermittlung nichts verdienen, beraten sie oft nur widerwillig oder gar nicht dazu", sagt Feck.

Die Nachbereitung

Wer daran zweifelt, ob das Angebot des Bank- oder Finanzberaters wirklich zu einem passt, oder wer hohe Kosten dahinter wittert, sollte nicht direkt im Anschluss ans Gespräch einen Vertrag unterschreiben. "Ich empfehle niemandem, noch am gleichen Tag eine Entscheidung zu treffen", sagt Kühn. Um sicherzugehen, dass sie gut beraten worden sind, können sich Sparer bei Bankern im Bekanntenkreis oder bei der Verbraucherzentrale umhören, bevor sie ihre Unterschrift unter einen Vertrag setzen.

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