Geldwerkstatt:Elektronische Geldboten

Finanz-Start-ups, aber auch traditionelle Spieler wie Banken und Sparkassen wollen das mobile Bezahlen bei den Deutschen beliebter machen - jeder auf seine Weise.

Von Julian Rodemann

Wenn Kollegen oder Freunde gemeinsam essen gehen und der Kellner die Rechnung auf den Tisch legt, bricht nicht selten Chaos aus. Jeder kramt Scheine oder ein paar Münzen hervor, um seinen Teil zu begleichen. Dabei ginge es viel einfacher: Einer bezahlt, die anderen schicken ihm per Smartphone-App ihre Anteile. Peer-to-Peer-Überweisungen nennen Fachleute diese Funktion, zu Deutsch: Überweisungen innerhalb einer Gruppe, also von Handy zu Handy. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Überweisungen reicht dafür die Handynummer des Freundes; Kontonummern braucht man dazu nicht.

Während diese Funktion in Ländern wie China tagtäglich millionenfach genutzt wird, schrecken die Deutschen bisher davor zurück. Doch nun unternehmen ausgerechnet zwei sehr traditionelle Spieler einen neuen Anlauf, das mobile Bezahlen bei den Deutschen beliebter zu machen: Volksbanken und Sparkassen haben entsprechende Apps eingeführt.

Wo liegen die Unterschiede bei den verschiedenen Apps? Auf was sollten Nutzer achten? Wo fallen Kosten an?

Opening Day Of The Mobile World Congress

Rechnungen begleichen kann man heutzutage auf verschiedene Arten, zum Beispiel per Handy oder Smartwatch.

(Foto: Pau Barrena/Bloomberg)

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Man nutzt das Angebot seiner Hausbank, oder greift auf Finanz-Start-ups, sogenannte Fintechs, zurück. Sie sind in diesem Bereich schon länger am Markt als die Banken. Für manche Kunden kommen nur Fintechs in Frage: Weder Deutsche Bank noch die Commerzbank beispielsweise bieten bisher den Dienst an, die Institute arbeiten jedoch daran. Bei bekannten Anbietern wie Cringle oder Lendstar müssen die Nutzer im ersten Schritt ein deutsches Girokonto hinterlegen, bei Paypal lässt sich entweder ein Konto oder eine Kreditkarte hinterlegen.

Der zweite Unterschied besteht in der Registrierungspflicht: Lendstar und die App der Volksbanken funktionieren nur, wenn die Empfänger angemeldet sind. Bei Cringle und der Sparkassen-Funktion Kwitt kommt das Geld auch an, wenn der Empfänger die App nicht hat. Er bekommt dann einen Link zugeschickt, landet auf einer Website und kann dort seine IBAN angeben, um das Geld zu erhalten. Das ist zwar umständlich, aber Cringle- und Kwitt-Nutzer können ihr Geld so an jede Handynummer schicken.

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Aufpassen muss man bei den Kosten: Die Dienste sind zwar gratis, trotzdem sollten Verbraucher auf das Preisverzeichnis der Anbieter schauen; manchmal kann das Aufladen von Guthaben oder das Auszahlen von Geld etwas kosten.

Wer bei Cringle oder Lendstar ein Konto hinterlegt und sich per SMS-Code verifiziert, kann direkt loslegen. Beide Apps sind übersichtlich aufgebaut und lassen sich sehr einfach bedienen. Lendstar hat jedoch deutlich mehr Funktionen. So kann man mit der App bei Händlern wie Otto oder Amazon bezahlen, das Handy aufladen oder Freunden mitteilen, wofür man das Geld verschickt. Eine solche Chat-Funktion hat die Sparkassen-App nicht, die Volksbank-App schon. Insgesamt wirken Volksbank- und Sparkassen-Apps ebenfalls modern und übersichtlich, sind aber etwas langsamer. Dafür sind beide Peer-to-Peer- und Banking-App in Einem, Kunden brauchen also nur eine App für alles. Und wie sicher sind die Apps? Auch wenn es bei Peer-to-Peer-Überweisungen nur um kleine Beträge geht, sollten Nutzer aufmerksam sein. Denn gerade der Diebstahl mehrerer kleinerer Summen erlaubt es Kriminellen, unentdeckt zu bleiben. "Ratsam ist deswegen, die Abbuchungen regelmäßig zu prüfen", sagt Christian Gollner, Rechtsreferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Kriminelle können es aber nicht nur auf das versendete Geld abgesehen haben, sondern auch auf das hinterlegte Konto. "Grundsätzlich kann an jeder Stelle, an der Kontodaten hinterlegt werden, ein versierter Angreifer auch Wege finden, um darauf zuzugreifen", sagt Marco Liesenjohann, Leiter des Bankenbereichs beim Digitalverband Bitkom. Allerdings sei tatsächlicher Schaden für die Kunden bisher "die absolute Ausnahme".

Sollte sich tatsächlich ein Hacker Zugang zum Nutzerkonto verschafft haben, ist es sehr wichtig, dass Verbraucher den Diebstahl schnell der Bank und der Polizei melden. Wer das nicht tut, bekommt später eventuell sein Geld nicht zurück. Grundsätzlich haftet für Abbuchungen, die ein Kunde nicht in Auftrag gegeben hat, der Betreiber der App - es sei denn, der Kunde handelt fahrlässig, indem er sich nicht an die Nutzungsbedingungen hält.

Bei allen Peer-to-Peer-Anbietern gibt es Obergrenzen für die zu versendenden Beträge. Nutzer der Sparkassen- und Volksbank-Apps benötigen für das Versenden von mehr als 30 Euro eine Transaktionsnummer (TAN), also ein einmalig einsetzbares Kennwort, wie es bei regulären Online-Überweisungen zum Einsatz kommt. Bei Cringle können einmalig bis zu 100 Euro, bei Lendstar bis zu 30 Euro pro Transaktion verschickt werden.

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