Tipps zur Geldanlage:Ist es an der Zeit, aus dem Aktienmarkt auszusteigen?

Lesezeit: 2 min

  • Seit dem Börsencrash im September 2008 sind die Kurse wieder gestiegen - um fast das Doppelte.
  • Vermögensverwalter, Analysten und Bankvolkswirte sehen offenbar keinen Grund, warum die Rally nicht weitergehen sollte.
  • Experten schätzen die Entwicklung zunehmend skeptisch ein. Es könnte also eine gute Zeit sein, um das Portfolio krisenfester zu machen.
  • Bei Fragen zur Geldanlage schreiben Sie an sz-finanzen@sueddeutsche.de.

Von Jan Willmroth

Wie sich der Aktienmarkt seit dem Crash entwickelt hat

Wann immer eine Aktienrally stattfindet und die Kurse über Jahre schneller steigen als die Unternehmensgewinne, drängt sich das Gefühl immer stärker auf: Irgendwann muss die Stimmung doch kippen. Stimmt auch. Irgendwann fallen die Kurse - bisweilen heftig und schnell, wie im September 2008, als ein Abwärtstrend losging. Binnen knapper sechs Monaten fiel der Dax damals um gut 40 Prozent.

Seit dem damaligen Tiefpunkt stieg der MSCI World, der internationale Aktien abbildet, um fast das Doppelte. In den USA und Deutschland haben sich die Kurse der wichtigsten Indizes mehr als verdreifacht. Spricht man in diesen Tagen mit Vermögensverwaltern, Analysten und Bankvolkswirten, hört man stets ähnlich gelagerte Aussagen. Es gebe keinen Grund, warum die Rally nicht weitergehen sollte.

Das Lied von den Niedrigzinsen stimmen sie seit Jahren an - also die bekannte Formel, dass traditionelle, risikoarme Anlagen keine Rendite mehr bringen. Genauso die Ansicht, dass die Notenbanken die Märkte weiter im Griff haben. So sorgten die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank dafür, dass in den Bilanzen Geld frei wird für andere Anlageformen wie Aktien. Außerdem hört man oft, dass Aktien noch nicht überbewertet seien und man höchstens in einigen Branchen von einer Blase sprechen könne.

Was die Zweifler sagen

Nun mehren sich aber die Stimmen der Zweifler. Die Bank of America Merrill Lynch befragt monatlich Investoren zu Marktrisiken. Und siehe da: Laut der Befragung von April ist der Anteil institutioneller Investoren, die Aktienmärkte für überbewertet halten, so hoch wie seit der Dotcom-Blase im Jahr 2000 nicht mehr. 25 Prozent der Befragten haben Bedenken bei den Aktienkursen. Das ist beachtlich. Eindeutig ist das Ergebnis bei Anleihen: 85 Prozent der Befragten finden Überbewertungen an den globalen Anleihemärkten - ein neuer Rekord.

Nun gibt es verschiedene Kennzahlen, anhand derer man sich der Frage nähern kann, wie teuer Aktien im historischen Vergleich sind. Ein Klassiker ist das Verhältnis von Kurs zu Unternehmensgewinnen (KGV), das ausdrückt, mit welchem Vielfachen des Jahresgewinns ein Unternehmen gerade bewertet wird. Es liegt für den S&P 500 bereits bei knapp 21, was man getrost recht teuer nennen kann.

Die 30 Dax-Unternehmen werden im Schnitt mit dem 22,7-fachen ihres Gewinns bewertet - auch teuer. Bei weltweiten Indizes liegt es noch höher. Manche halten das Shiller-KGV für aussagekräftiger, es setzt aktuelle Kurse ins Verhältnis zu inflationsbereinigten Durchschnittsgewinnen der vergangenen zehn Jahre. Demnach sind beispielsweise US-Aktien so teuer wie seit der Zeit des Neuen Marktes nicht mehr.

Wenn das Portfolio krisenfest werden soll

Es gäbe weitere, aber diese kleinen Hinweise reichen für die Feststellung aus, dass der Markt Verkäufern gerade sehr gute Preise anbietet. Es könnte also eine gute Zeit sein, zumindest einen Teil seiner Aktien loszuwerden und sein Portfolio krisenfester zu machen. Schließlich haben Aktionäre, die vor Jahren eingestiegen sind, glänzende Geschäfte gemacht. Wer mit dem Ziel investiert, ein langfristiges Vermögen anzusparen, muss sich nicht darüber ärgern, wenn er jetzt noch zehn oder 20 Prozent Kurszuwachs verpasst.

Im Umkehrschluss ist genau das ein Knackpunkt: Verpasste Kurssprünge sind entgangene Gewinne. Allerdings wird man die richtigen Zeitpunkte zum Ein- oder Ausstieg nicht dauerhaft erwischen. Letztlich ist die Frage, womit man besser leben kann: Mit verpassten Gewinnen oder direkten Verlusten. Im Zweifel lohnt es sich mehr, auf die nächste Krise zu warten. Und dann Geld für den Einstieg übrig zu haben.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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