Geldwerkstatt:Abkassiert am Automaten

Geldabheben bei fremden Banken ist teuer. Fast alle Institute verlangen dafür an die vier Euro, manche mehr. Der Versuch, die Gebühr zu deckeln, ist gescheitert. Aber Kunden können sich anders behelfen.

Von Harald Freiberger

Manchmal muss schnell Geld her. Das Portemonnaie ist leer, man hat vergessen, sich Bares zu besorgen, braucht aber gleich welches, und sei es nur, um einen Kaffee zu bezahlen. Das sind die Augenblicke, in denen Bankkunden um jeden Geldautomaten in der Nähe dankbar sind. Und es sind die Momente, bei denen es ins Geld gehen kann, sich Geld zu ziehen.

Besorgt sich ein Sparkassen-Kunde bei einer anderen Sparkasse Geld, ist das gratis. Die Kunden von Volks- und Raiffeisenbanken müssen bei ihnen aber zahlen - und umgekehrt. Große und kleine Privatbanken haben sich ebenfalls zu eigenen Automaten-Verbünden zusammengeschlossen. Innerhalb dieser Gruppen kostet das Abheben nichts, von einer Gruppe zur anderen aber kann es teuer werden.

DEU Deutschland Hamburg 25 08 2014 Junge Frau am Geldautomaten der HypoVereinsbank HVB

Bei einer anderen Bank Kunde? Das kann ins Geld gehen.

(Foto: imago/Rüdiger Wölk)

Im Durchschnitt verlangen die deutschen Kreditinstitute derzeit 4,22 Euro, wenn fremde Kunden an ihren Geldautomaten Scheine abheben. Das zeigt ein Vergleich der FMH Finanzberatung von 133 Banken und Sparkassen vom September vergangenen Jahres. Ein Jahr zuvor waren es mit 4,04 Euro deutlich weniger.

Verantwortlich für den Anstieg sind vor allem große Privatbanken wie Deutsche Bank, Postbank, Hypo-Vereinsbank oder Commerzbank. Sie haben Mitte 2015 die vorher geltende Selbstbeschränkung auf 1,95 Euro aufgekündigt und die Gebühr auf 3,95 Euro angehoben (siehe Grafik). Damit näherten sie sich dem Niveau der Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken an, die seit Längerem zwischen vier und fünf Euro verlangen. Es gibt nur noch eine Institutsgruppe, bei der es günstiger ist: die genossenschaftlichen PSD-Banken, die allerdings bundesweit nur über wenige Filialen verfügen. Ansonsten gilt: Bei fremden Instituten Geld zu ziehen, ist für Bundesbürger teuer geworden, es kostet um die vier Euro, bei manchen Geldhäusern sogar mehr.

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"Die Privatbanken gehen offensichtlich davon aus, dass die freiwillige Beschränkung auf weniger als zwei Euro gescheitert ist, deshalb verlangen einige Institute nun wieder höhere Entgelte", sagt Markus Feck, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die vergleichsweise niedrigen Gebühren hatten nur knapp fünf Jahre Bestand. Um das Jahr 2010 herum hatte es eine heftige öffentliche Debatte über das Abkassieren am Automaten gegeben. Manche Banken verlangten dafür zehn Euro und mehr. Die Bundesregierung überlegte damals schon, die Gebühr zu begrenzen, ließ dann aber doch von einem entsprechenden Gesetz ab; am Ende blieb nur die Verpflichtung für Banken, die Höhe der Gebühr für Fremdkunden am Automaten auszuweisen.

Auch das Bundeskartellamt schaltete sich damals ein und nannte eine Gebühr von mehr als fünf Euro kaum nachvollziehbar. "Viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken bewegen sich daher jetzt leicht unter dem Radar", sagt Verbraucherschützer Feck. Die Privatbanken dagegen verpflichteten sich 2010 auf eine Gebühr von maximal zwei Euro und luden Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken ein, es ihnen gleichzutun. Die ließen sich darauf aber nicht ein, mit dem Argument, dass sie schließlich das dichteste Filialnetz unterhielten, das Geld koste. Es könne nicht sein, dass Kunden anderer Banken, besonders von Direktbanken, die über keine Filialen verfügen, dies kostenlos nutzen könnten. Wenn die anderen nicht mit den Gebühren heruntergehen, dann wollen wir auch nicht mehr, sagten sich Deutsche Bank, Commerzbank und Co. und kündigten die selbstauferlegte Beschränkung wieder auf. Das Recht dazu haben sie. "Die höheren Gebühren sind legitim. Um sie anfechten können, müsste sie der Gesetzgeber explizit deckeln, doch das hat er abgelehnt", sagt Feck. Auch beim Kartellamt ist derzeit kein Verfahren anhängig, ein Sprecher teilt lediglich mit: "Wir beobachten die Marktentwicklung weiterhin aufmerksam."

Dabei sind die wirklichen internen Kosten für eine Fremdabhebung deutlich geringer. "Sie liegen bei etwa 70 Cent. Der Betrag wurde in einem Gerichtsstreit zwischen zwei Banken genannt und blieb bisher unwidersprochen", sagt Feck. "Das heißt: Selbst die frühere Beschränkung auf 1,95 Euro war noch weit über den wahren Kosten, Gebühren von vier Euro sind es umso mehr."

Am leichtesten vermeiden können Bankkunden die hohen Gebühren, wenn sie immer die Automaten der eigenen Bank in ihrer Umgebung nutzen. Manchmal lässt sich das aber nicht einrichten, zum Beispiel in einer fremden Stadt. Dann helfen Smartphone-Apps oder das Internet weiter, die Filialen der eigenen Bankengruppe in der Nähe anzeigen. Allerdings werden die Filialnetze immer dünner. Besonders Sparkassen, aber auch Genossenschafts- und Privatbanken schließen derzeit viele Niederlassungen. "In Städten ist der Weg zum nächsten Geldautomaten meist nicht weit, auf dem Land könnte es in manchen Regionen aber immer schwieriger werden, kostenlos an Bargeld zu kommen", sagt Feck.

Für Verbraucher bleibt die Hoffnung, dass andere Unternehmen die Lücken füllen, die Banken hinterlassen: Inzwischen bieten Handelsketten wie Aldi Süd oder Rewe ihren Kunden beim Einkauf an, Bargeld mitzunehmen - und zwar kostenlos.

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