Geldwäsche:King Cash und die Steuerfahnder

Geldwäsche: Indisches Traumpaar: Die Tochter des Politikers Gali Janardhan Reddy posiert mit ihrem Bräutigam.

Indisches Traumpaar: Die Tochter des Politikers Gali Janardhan Reddy posiert mit ihrem Bräutigam.

(Foto: AFP)

Während Indiens Regierung gegen Schwarzgeld kämpft, lässt es ein reicher Politiker bei der Hochzeit seiner Tochter so richtig krachen.

Von Arne Perras, Singapur

Ungebetene Gäste kamen natürlich auch, das ließ sich bei der Größe des Festes kaum vermeiden. Nicht einmal in Indien geschieht es jeden Tag, dass 50 000 geladene Bekannte und Verwandte, Politiker, Unternehmer und Honoratioren zu einer Hochzeit strömen. Die Steuerfahnder fielen dann auch nicht weiter auf, die Gäste hatten für sie kein Auge, wollten sie sich doch lieber vom Glanz des Hochzeitpaares blenden lassen. Waren sie nicht ein Traum? Die 21-jährige Braut im roten Seiden-Sari, über und über mit Edelsteinen bestückt, auf dem Haupt funkelnder Kopfschmuck aus Gold, Silber und Diamanten. Der Bräutigam, 24, im Sherwani, einem edlen Mantel über engen Hosen, mit goldfarbenem Turban auf dem Kopf.

Schmachtendes Indien, reich und funkelnd. Und immer für einen Skandal gut.

Gali Janardhan Reddy, Minenmagnat und Ex-Minister aus dem Süden Indiens, hat diese Woche zur Hochzeit seiner Tochter Brahmani geladen. Sie heiratete den Spross einer Industriellenfamilie. Die Leute sollten sich später mal an dieses Fest erinnern, sagte ein Freund der Familie. Außerdem müsse eine Feier auch immer den sozialen Status widerspiegeln. Und so geschah es: Fünf Tage lang bot Bangalore die Bühne für ein extravagantes Schauspiel der High Society, zu der sich der Clan zugehörig fühlt.

Ob der Gastgeber die Steuerbeamten willkommen hieß oder ignorierte, ist nicht überliefert. Die Beamten wollten auch nicht weiter stören. Sie haben sich nur mal umgesehen, ganz dezent, damit sie ein Gefühl dafür bekamen, was so alles verpulvert werden kann in fünf Tagen Hochzeitsrausch.

Mindestens 1500 Zimmer galt es für Gäste in Luxushotels zu reservieren, ein Team brasilianischer Samba-Tänzerinnen kam eingeflogen, auch manche Gäste schwebten mit dem Hubschrauber ein. Sie konnten dann umsteigen in gepolsterte Ochsenkarren der Luxusklasse, ein wenig Nostalgie muss schließlich sein, wie auch das ganze riesige Hochzeitsgelände einen Hauch glanzvoller Historie atmen sollte. Dafür ließ der Gastgeber überall gewaltige Kulissen errichten, Tempel und Palastgebäude, als ginge es darum, in den fünf Tagen des Festes einen schmachtenden Bollywood-Film zu drehen. 3000 Türsteher und Bodyguards waren abgestellt, damit die Gäste nichts zu befürchten hatten.

Was sie erwartete, war schon anhand der Einladung zu erahnen, die kam in einer vergoldeten Box, darin eine Karte mit eingesetztem Bildschirm, auf dem das tanzende und singende Brautpaar erstrahlte. Im Feiern glanzvoller Feste sind die Inder wirklich groß, besonders, wenn in der gastgebenden Familie kein Mangel an Cash herrscht. Und das scheint so zu sein im Clan von Reddy, der früher mal Tourismusminister im südindischen Staat Karnataka war und sein Geld mit Rohstoffen verdient. Er lässt nach Erzen in der Erde buddeln, sie nennen ihn den "Minenbaron". Oder auch einfach nur: "King Cash". Und hat er diesem Ruf nicht alle Ehre gemacht? Was so ein Fest kostet, lässt sich nur schätzen, der Gastgeber wollte den Betrag nicht einfach hinausposaunen, aber in indischen Medien war die Rede von mindestens 14 Millionen Euro, manche sprachen gar von 70 Millionen, irgendwo in diesem Feld dürften sich die Kosten bewegen. Allein das Hochzeitskleid soll 2,2 Millionen Euro wert sein, der Schmuck der Braut gar 11 Millionen.

Geprotzt haben die Superreichen Indiens immer wieder, doch dieses Mal erregte das doch mehr Aufsehen als sonst, was vor allem am Timing liegt: Denn King Cash lässt es ausgerechnet in jener Woche krachen, in der nahezu alle Inder darum kämpfen, überhaupt noch ein paar Geldscheine in die Hände zu bekommen.

Um die Schattenwirtschaft zu bekämpfen, hat Premier Narendra Modi, der übrigens derselben Partei angehört wie Brautvater Reddy, am 8. November verkündet, dass alle großen Geldscheine, 500er und Tausender, eingezogen und durch neue Scheine ersetzt würden. Wer auf Schwarzgeld saß, sollte durch den Coup ins Schwitzen geraten, was viele Inder gut fanden. Aber zugleich leiden die Massen, weil der Wechsel nicht so glatt läuft und neue Scheine oft noch kaum zu haben sind.

Harte Zeiten für die Massen. Und mitten hinein in die Cash-Krise platzt Reddy mit seinem rauschenden Fest, manche hielten das für eine Provokation, eine obszöne Zurschaustellung von Reichtum. Andere merkten an, dass Feierlichkeiten der Royals in Europa schließlich auch in die Millionen gingen. Und dass der Gastgeber für das pikante Timing eigentlich auch nichts konnte. Denn die Feier war von langer Hand geplant, während Premier Modi seine Bargeldreform kurzfristig und ohne Vorwarnung durchzog. War ja auch nötig, wenn er damit Steuerhinterzieher, Geldwäscher und die Fürsten der indischen Schattenwirtschaft tatsächlich treffen wollte. Weil das alte Geld nur in der Bank in neue Scheine getauscht werden kann, weil größere Summen dem Finanzamt gemeldet und deren Existenz erklärt werden müssen, sitzen viele nun auf ihrem Schwarzgeld und fluchen.

Den Magnaten Reddy schien all dies nicht zu beunruhigen. Er würde seine Finanzen schon ordnungsgemäß deklarieren, versicherte er. Allerdings ist der 49-Jährige den Behörden kein Unbekannter, drei Jahre saß er im Gefängnis wegen dubioser Machenschaften im Minengeschäft, vor einem Jahr war er auf Kaution freigekommen.

Ein Freund der Familie gab zu Protokoll, dass all der Neid, der spürbar sei, doch bedauerlich sei angesichts des legitimen Wunsches eines Familienvaters, seiner Tochter ein angemessenes Fest auszurichten. Daran hatte ihn freilich niemand gehindert. Reddy durfte verpulvern, was er wollte. Gezahlt hat er vieles schon im Voraus, wie eine Event-Agentur erklärte: Und natürlich: per Scheck.

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