Geldtransfer:Konkurrenz aus dem Internet

Firmen wie Azimo mischen die Branche auf - auch in Deutschland. Sie brauchen keine Filialen und sind günstiger.

Von Björn Finke, London

Marta Krupinska war lange eine gute Kundin von Unternehmen wie Western Union. Nach dem Schulabschluss in Krakau zog sie schon mit 18 Jahren nach Dublin, um zu arbeiten. Ihrer Mutter in Polen, einer Rentnerin, schickt sie regelmäßig Geld - und über viele Jahre nutzte sie dafür Banken und Geldtransfer-Firmen. "Ich musste ständig zur Bank oder zu Western Union laufen, und deren Gebühren sind happig", klagt die 27-Jährige. Doch inzwischen profitiert Krupinska sogar davon, dass sich diese etablierten Anbieter Überweisungen ins Ausland oft mit hohen Gebühren oder schlechten Wechselkursen bezahlen lassen. Denn die studierte Organisationspsychologin ist Mitgründerin und Vorstand von Azimo, einer Londoner Internetfirma, die seit 2012 Banken und Transfer-Unternehmen Konkurrenz macht.

Azimo-Kunden können am Computer oder Handy Geld schnell und vergleichsweise günstig ins Ausland schicken: von 20 europäischen Staaten aus in mehr als 190 Länder weltweit. Der Empfänger braucht kein Konto, sondern kann sich das Geld auch bar auszahlen oder als Guthaben auf seine Handy-Geldbörse buchen lassen. Damit zielt Azimo, ein Unternehmen mit 90 Beschäftigten in der Londoner Zentrale und einer Niederlassung in Krakau, vor allem auf Einwanderer aus Schwellenländern ab, die von Europa aus ihre Familien unterstützen. In Afrika, Südamerika oder Asien haben viele Bürger kein Konto, oder die nächste Bankfiliale ist weit weg.

Kein teures Filialnetz und modernste Software - deshalb sind die Gebühren niedriger

Die Gebühren für den Transfer liegen Krupinska zufolge im Durchschnitt bei zwei Prozent. Eine halbe Million Kunden sind bei dem Unternehmen angemeldet; Finanzinvestoren steckten insgesamt 31 Millionen Dollar in das Start-up. Azimo gehört zu den sogenannten Fintechs: So werden junge Technologie-Firmen bezeichnet, die übers Internet oder Handy Geldgeschäfte anbieten, bequemer und häufig billiger als klassische Banken. Kein teures Filialnetz, kleine Zentralen, modernste Software - auf diese Weise unterbieten die Herausforderer die etablierten Konzerne. Azimo ist nicht das einzige Fintech-Unternehmen, das sich auf Transfers ins Ausland spezialisiert. Ebenfalls in London sitzen die Rivalen Transferwise und Worldremit, in Dublin residiert Currencyfair. Der Markt für Überweisungen von Einwanderern in die alte Heimat ist riesig. Die Weltbank schätzt, dass solche Transfers in diesem Jahr global 601 Milliarden Dollar ausmachen werden.

Für Azimo ist Deutschland der zweitwichtigste Staat nach Großbritannien. Kunden überweisen von hier das meiste Geld nach Nigeria, gefolgt von den Philippinen, Thailand, Bangladesch und Russland. Ein Teil der Investoren stammt gleichfalls aus Deutschland. So steckten etwa E-Ventures, die Beteiligungsgesellschaft des Otto-Konzerns, und der Finanzinvestor KRW Schindler Geld in Azimo. Hinter KRW Schindler steht der deutsche Google-Manager Philipp Schindler.

Auf dem SZ-Finanztag in Frankfurt stellte Krupinska ihr Unternehmen nun vor. Die Londonerin sagt, es habe wohl nie eine bessere Zeit gegeben als jetzt, um Internet-firmen zu gründen: "Die Märkte sind noch nicht gesättigt, und die Kunden sind sehr neugierig auf neue Produkte." Zugleich könnten Internet-Anwendungen die Kosten für Verbraucher in vielen Bereichen deutlich senken.

Schön für die Kunden, schlecht für die etablierten Anbieter.

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