Geldscheine:Das Ende eines Duells

DEBUT OF NEW TEN DOLLAR BILL; DEBUT OF NEW TEN DOLLAR BILL

Alexander Hamilton darf auch weiterhin die Zehn-Dollar-Note zieren.

(Foto: Reuters)

Alexander Hamilton, der vor gut 200 Jahren als Finanzminister die USA sanierte, sollte vom Zehn-Dollar-Schein verschwinden - zugunsten einer Frau. Nun hat sein Nachnachfolger entschieden: Er darf bleiben.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Ein Wäldchen im kleinen Ort Weehawken, nur ein paar Kilometer weiter ergießen sich die Wassermassen des mächtigen Hudson-Stroms in die New Yorker Bucht. Auf einer Lichtung haben zwei Herren in Frack und Kniebundhosen Aufstellung genommen, um ihren seit Jahren andauernden politischen Streit ein für allemal zu beenden - auf die harte Tour. Es sind Aaron Burr, der Vizepräsident der Vereinigten Staaten, und Alexander Hamilton, der Ex-Finanzminister der jungen Republik. Erst unlängst hat Hamilton sein Gegenüber als "unfähigsten und gefährlichsten Mann" des Landes bezeichnet.

Im Morgengrauen jenes 11. Juli 1804 zerreißen zwei Schüsse die Stille New Jerseys, Sekunden später bricht Hamilton zusammen. Einige Zeugen sagen, der frühere Minister habe in die Luft geschossen, so sehr habe er Burr verachtet. Dieser hingegen hat genau gezielt: Am Tag darauf stirbt Hamilton in einem New Yorker Krankenhaus.

Den Sieger des Duells kennt heute niemand mehr. Wie populär dagegen sein unterlegener Gegner immer noch ist, zeigte sich, als dessen Nachnachfolger Jacob Lew in diesem Sommer ankündigte, dass künftig erstmals das Gesicht einer Frau einen US-Geldschein zieren soll. So groß der Beifall prinzipiell war, so lautstark war der Protest, dass der Finanzminister ausgerechnet die Zehn-Dollar-Note umgestalten will - jenen Schein, den seit 1929 Hamiltons Konterfei schmückt. Jetzt hat Lew seine Pläne vorerst auf Eis gelegt: Man brauche mehr Zeit, um die Flut an Vorschlägen, Eingaben und Anregungen auszuwerten, so die offizielle Begründung des Schatzamts.

Trotz seines unrühmlichen Endes zählt Hamilton zweifellos zu den großen Köpfen der US-Geschichte. Im Unabhängigkeitskrieg der Jahre 1775 bis 1783 dient er, obwohl erst Mitte 20, als Berater des obersten Befehlshabers George Washington. Später arbeitet er als Anwalt und schreibt maßgeblich an den berühmten "Federalist Papers" mit, einer Essay-Reihe, die die Bundesstaaten überzeugen soll, die erste US-Verfassung anzunehmen. Anders als der Titel vermuten lässt, plädiert Hamilton für eine starke Zentralregierung, in der er den einzigen Garanten für eine dauerhafte Unabhängigkeit von der britischen Krone sieht.

Als Washington 1789 sein Amt als erster Präsident der Vereinigten Staaten antritt, beruft er seinen einstigen Adjutanten als Finanzminister. Hamilton, das uneheliche Kind einer bettelarmen Mutter, macht sich umgehend daran, die vom Krieg zerrütteten Staatsfinanzen zu ordnen. Er führt Zölle und Verbrauchsteuern ein und zahlt mit den Einnahmen die Kriegsschulden zurück, die er als "Preis der Freiheit" bezeichnet. Vor allem aber ringt er mit Außenminister Thomas Jefferson um Macht und Einfluss. Die herausragende Stellung, die das Finanzministerium bis heute innerhalb der US-Regierung und bei der Wirtschaftsförderung einnimmt, geht maßgeblich auf Hamilton zurück. So sehr er sich allerdings um die Staatsfinanzen und die Reputation der jungen Republik verdient macht, so wenig kommt der Ex-Anwalt mit seinen 3500 Dollar Jahresgehalt aus: 1795 tritt er von seinem Amt zurück.

Womöglich wird sich Hamilton die Vorderseite des Zehn-Dollar-Scheins bald mit einer Frau teilen, mit Ex-Präsidentschaftsgattin Eleanor Roosevelt etwa, der Bürgerrechtlerin Harriet Tubman oder der Menschenrechtlerin Rosa Parks. Vielleicht aber behält er den Platz auch ganz für sich alleine - dann nämlich, wenn sich Lew dazu entschließen sollte, statt der Zehn- die 20-Dollar-Note neu zu gestalten. Sie zeigt Andrew Jackson, den siebten US-Präsidenten - einen Indianermörder, Populisten und wirtschaftlichen Ignoranten, der nach Ansicht vieler Amerikaner schon längst aus den Portemonnaies des Landes verbannt gehört hätte.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: