Geldinstitut:Aktienanteil der Kataris an der Deutschen Bank kleiner als bekannt

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Der Konzern hatte Erfreuliches über den wichtigsten Großaktionär mitgeteilt. Doch an der Darstellung gibt es Zweifel.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Stresstest, Ertragseinbruch, Aktie auf Rekordtief: Der Abstieg der Deutschen Bank scheint unaufhaltsam zu sein. Umso größer muss die Sehnsucht nach guten Nachrichten in den Frankfurter Doppeltürmen sein. War das der Grund, warum man sich unlängst geradezu schwindelerregend weit aus dem Fenster lehnte, nur weil es etwas Erfreuliches zu erzählen gab? Am 15. Juli nämlich meldete die Deutsche Bank nicht nur, dass sie ein neues Aufsichtsratsmitglied gefunden habe, sondern auch, dass ihr wichtigster Großaktionär seinen Anteil aufgestockt habe.

Es ging um die Scheichs aus Katar, die über ihre Gesellschaften Paramount Services und Supreme Universal bereits seit zwei Jahren mit jeweils 3,05 Prozent an der Bank beteiligt sind. Paramount wird von Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani, Katars langjährigem Regierungschef kontrolliert; die andere Gesellschaft von einem seiner Verwandten. Sie, so teilte die Bank mit, hätten ihren Anteil aufgestockt.

Aufgestockt wurde nicht auf knapp zehn, sondern auf acht Prozent

Wörtlich hieß es, die beiden Aktionäre hätten "der Deutschen Bank mitgeteilt, dass sie ihre Anteile auf jeweils fast fünf Prozent aufgestockt" hätten, in der Summe nun also knapp zehn Prozent der Bank kontrollierten. Die neuen Großinvestoren hätten auch den neuen Aufsichtsrat, den Rechtsanwalt Stefan Simon, vorgeschlagen. Eine Jubelmeldung für die Bank, schließlich ist die große, ungelöste Frage, mit der sich das Institut seit Monaten herumschlägt, wie es an frisches Kapital herankommen soll. Das war zwar hier nicht der Fall, letztlich wechselten ja nur Aktien den Besitzer. Als Zeichen für die angeblich wachsende Zuversicht in die Strategie der Deutschen Bank passte die Meldung aber gut ins Konzept. "Wir freuen uns, dass unsere katarischen Investoren mit ihrem langfristigen Engagement auf den Erfolg der Deutschen Bank setzen", ließ sich Aufsichtsratschef Paul Achleitner zitieren.

Während es gut laufende Unternehmen - jenseits der gesetzlichen Pflichten - in der Regel diskret verschweigen, sobald Aktionäre aufstocken, posaunte die Bank die Nachricht jedoch regelrecht hinaus. Bloß: Die Rechnung geht nicht auf, und das nicht nur, weil der Aktienkurs seither weiter nachgegeben hat. Sondern vor allem, weil die beiden Investoren ausweislich eines Bank-Dokuments von Ende Juli, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ihre Beteiligung offenbar nicht auf knapp zehn, sondern nur auf acht Prozent aufgestockt hatten.

Was harmlos klingt, hat es in sich: Bei einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Euro Mitte Juli geht es dabei immerhin um eine Differenz von rund 360 Millionen Euro. Zudem könnte sich der Markt in die Irre geführt fühlen. Die Bank sagt dazu: "Wir haben uns auf das gestützt, was uns unsere Aktionäre mitgeteilt haben, und es gibt keinen Anlass, daran zu zweifeln. In welcher Form Aktionäre ihre Beteiligung halten und kontrollieren, ist allein deren Angelegenheit. Unabhängig davon müssen die Aktionäre nur dann öffentlich über ihre Anteile informieren, wenn sie bestimmte Schwellen überschritten haben".

Die Beziehung der Bank zu ihrem katarischen Investor ist unklar

Wie sich die Differenz erklären lässt, teilt die Bank nicht mit. Theoretisch wäre es möglich, dass die Kataris kurz darauf ihren Anteil von knapp zehn auf acht Prozent reduziert haben. Das ist jedoch unwahrscheinlich, schließlich streicht auch Achleitner in der Mitteilung deren "langfristiges Engagement" heraus. Möglich wäre daher auch, dass die Kataris lediglich die Option zum Erwerb weiterer Anteile erworben haben. Die Kataris waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bei anderen Investoren der Bank löste der Umstand Verwunderung aus. Ohnehin fragen sich viele, welche Beziehung die Deutsche Bank zu ihrem Investor aus Katar eigentlich hat. Jüngst hatten sie Achleitner öffentlich den Rücken gestärkt.

Katars Herrscherfamilie Al-Thani ist auch an zahlreichen anderen europäischen Firmen beteiligt. Während der Finanzkrise retteten katarische Investoren, darunter auch die Al-Thanis, zum Beispiel die britischen Bank Barclays mit einer Kapitalerhöhung. Später erhärtete sich jedoch der Verdacht, dass sie dafür zusätzlich zu ihren Aktien "ansehnliche Gebühren" sowie "Gratis-Optionsscheine" von Barclays bekommen haben, wie es die Financial Times am 15. April 2016 schrieb. Der Deal wird von den britischen Aufsehern untersucht. In der FT wird Hamad bin Jassim bin Jaber Al-Thani mit den Worten zitiert, der Staatsfonds Qatar Investment Authority QIA habe bei der Kapitalerhöhung "rechtlich alles richtig gemacht". Bei der Deutschen Bank gibt es keinerlei Hinweis auf Nebenabreden. Die Bank weist ausdrücklich von sich, dass es Verabredungen gegeben haben könnte: "Sonderabsprachen mit einzelnen Aktionären würden einen Verstoß gegen das Aktiengesetz bedeuten".

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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