Geldhäuser mit nachhaltigem Geschäftsmodell:Vom guten Banker

Für die Waffenindustrie, Atomenergie oder Gentechnik gibt es hier keine Kredite: Zur Gründung von Alternativbanken kam es, weil Menschen ihr Geld nachhaltig verwaltet sehen wollten. Trotz der Finanzkrise besetzen diese Banken immer noch eine Nische, doch ihr Potential ist groß.

Caspar Dohmen

Über die Schattenseiten des Finanzgeschäfts hat man seit dem Ausbruch der Finanz- und Staatsschuldenkrise viel erfahren können. Bislang gibt es jedoch nur sehr wenige Banken, die sich durch ein nachhaltiges Geschäftsmodell deutlich abheben von privaten Geschäftsbanken und gewöhnlichen Sparkassen oder Genossenschaftsbanken.

Ethikbanken in Deutschland

Die Umweltbank gehört zu jenen Geldhäusern in Deutschland, die sich in ihrem Geschäftsmodell deutlich von Groß- und Investmentbanken unterscheiden.

(Foto: dpa)

In Deutschland ist es das Quartett aus GLS Bank, Triodos, der Umwelt- und der Ethikbank. Ähnlich agieren noch einige Kirchen- und Sozialbanken wie die Steyler Missionsbank oder die Pax Bank. Als sozial-ökologische Banken investieren sie Kundengelder nur in Vorhaben, die sozialen, ökologischen oder kulturellen Mehrwert schaffen. Ausgeschlossen ist die Förderung der Waffenindustrie, Atomenergie oder Gentechnik.

So unterschiedlich die Entstehungsgeschichte dieser kleinen Geldhäuser ist: Zur Gründung kam es, weil Menschen verhindern wollten, dass mit ihrem Geld in ihren Augen unverantwortliche Dinge angestellt werden. Die älteste alternative Universalbank in Europa ist die GLS Bank. Ein Kreis von Anthroposophen um den Rechtsanwalt Wilhelm-Ernst Barkhoff gründete die Bank 1974 in Bochum. Zunächst finanzierte sie Waldorfschulen und soziale Einrichtungen, später dann die ersten Windräder in Deutschland.

Sozialer, nicht monetärer Gewinn

Die Gründer wollten Menschen bei der Umsetzung von Ideen helfen, sie sprachen von einen sozialen, nicht von einem monetären Gewinn; zudem strebten sie eine bewusstere Art des Bankgeschäfts an: "Die Kunden sollten die Verantwortung für ihr Geld selbst übernehmen und nicht an Spezialisten abschieben", sagt Bankmitgründer Rolf Kerler. Deswegen gestaltete die Bank die Abläufe transparent: Bis heute erfährt jeder Kunde, wer in welcher Höhe einen gewerblichen Kredit zu welchem Zweck erhalten hat.

Außerdem kann jeder Interessierte im Internet nachlesen, wie die Bank ihre eigenen Gelder gerade angelegt hat. Spekulation auf eigene Rechnung gibt es bei keiner Alternativbank. Vielmehr beschränkt sich das Quartett auf das klassische Bankgeschäft, also das Einlagen- und Kreditgeschäft. Darin unterscheiden sich die Akteure gravierend von Groß- und Investmentbanken, von denen einige mit riskanten, aber legalen Geschäften die weltweite Finanzkrise ausgelöst haben, die jetzt bereits in das fünfte Jahre geht.

Seitdem haben sich konventionelle Bankhäuser wenig verändert. Erst jüngst hat die auf Nachhaltigkeitsfragen spezialisierte Ratingagentur Oekom ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Die Branche stelle sich nach wie vor "nicht ausreichend" ihrer Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt, heißt es in einem Branchenreport. Drei Viertel der untersuchten 294 Banken aus knapp 40 Ländern hätten nicht einmal die Mindestvoraussetzungen für eine genauere Untersuchung erfüllt.

Banken stehen nicht nur wegen der Finanzierung einzelner strittiger Projekt wie Staudämmen im Amazonasgebiet, Abholzungen oder neuen Palmölplantagen in der Kritik, sondern auch wegen verantwortungsloser Verkaufsmethoden und der Überschuldung von Kreditkunden. Der Anteil des nachhaltigen Geschäfts bei diesen Banken liegt laut der Untersuchung nur im einstelligen Prozentbereich.

"Kein Randphänomen für eine Handvoll Weltverbesserer"

Die Idee der GLS Bank hat sich fortgepflanzt, es entstanden über die Jahre ähnliche Institute wie die BCL Gemeinschaftsbank (Schweiz), La Nef (Frankreich), Merkur (Dänemark) oder die niederländische Triodos, die heute auch in Deutschland aktiv ist. Noch agieren sie allerdings in einer Nische. Dabei ist "Social Banking kein Randphänomen für eine Handvoll Weltverbesserer", heißt es in einer Studie der auf Banken spezialisierten Unternehmensberatung ZEB. Nach dem Ausbruch der Krise hatten die Berater konventionellen Häusern empfohlen, sich die nachhaltigen Institute genau anzuschauen, beispielsweise in puncto Transparenz. Bemerkbar gemacht hat sich dies bislang nicht. Allerdings fehlt auch der Druck durch die Kunden. Schließlich gibt es eine große Lücke zwischen der regelmäßig in Umfragen geäußerten Sympathie von Menschen für ein alternatives Bankgeschäft und ihrem tatsächlichen Wechselverhalten.

Auf mindestens drei Millionen Menschen schätzen Experten den Kreis potenzieller Kunden. Tatsächlich kommt das Quartett, trotz Wachstumsraten bei der Kundschaft von gut 30 Prozent in den beiden vergangenen Jahren, gerade einmal auf rund 250.000 Kunden und auf eine Bilanzsumme von vier Milliarden Euro. Zum Vergleich: Alleine die Kreissparkasse Köln hat vier mal mehr Kunden und eine sechs Mal höhere Bilanzsumme. Andere Länder sind schon weiter: So beträgt der Marktanteil der nachhaltigen Institute im benachbarten Holland bereits sieben Prozent.

Die Finanzkrise traf auch alternative Anleger

Dass die alternativen Banken in Deutschland bislang nicht mehr Kunden gewonnen haben, liegt auch an ihrer geringen Bekanntheit. Nicht einmal jeder vierte Bundesbürger weiß, dass es solche Kreditinstitute überhaupt gibt. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Nürnberger Marktforschungsinstituts Puls. Und auch wer von den Banken hört, kümmert sich selten um mehr Informationen. Ihre Zurückhaltung begründen Kunden am häufigsten damit, zu wenig über mögliche Vorteile zu wissen.

Die Finanzkrise hat jedoch auch den Spielraum für die alternativen Anbieter eingeengt: An die strengeren Regeln müssen sie sich genauso halten wie jede konventionelle Geschäftsbank. Jüngstes Beispiel ist die Entwicklung bei der GLS Bank. Sie verzichtet aufgrund der künftigen Eigenkapitalregeln auf ein Stück ihrer Identität: zinslose Genossenschaftsanteile. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung votierten die Mitglieder im Dezember 2011 für die Einführung einer Dividende von zwei bis vier Prozent. Nur so glaubt man, genügend Kapital einsammeln zu können, um die künftigen Vorgaben der Bankenaufsicht erfüllen zu können. Zinsverzicht klingt gut, gleichwohl waren nicht ausreichend Menschen bereit, der Bank zu einer Nullverzinsung Geld zu leihen.

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