Geldanlage:Umschichten

Sparern könnte eine längere Zeit bevorstehen, in der ihnen nach Abzug der Inflation weniger Ertrag übrig bleibt. Experten raten deswegen dazu, die Anlagestrategie zu überdenken. Manchmal rentiert es sich auch, in den Urlaub zu investieren.

Von Valentin Dornis

Das Sparbuch ist in der Theorie eine bequeme Möglichkeit, Geld zu verdienen. Man zahlt sein Erspartes ein, lässt es dort verweilen, und am Ende des Jahres kassiert man die Zinsen. Doch in der Praxis ist das ist so eine Sache: Seit die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen auf null gesenkt hat, kann sich der klassische Sparer nicht mehr auf den Zinsertrag verlassen. Bisher war immerhin die Inflation noch niedrig, doch das ändert sich gerade.

Sparer sollten diese Entwicklung genau beobachten: Wenn die Inflationsrate - wie in den Prognosen der Bundesbank und der EZB - in den kommenden Jahren spürbar steigt und die Zinsen trotzdem niedrig bleiben, könnte ihr konservativ angelegtes Geld real kontinuierlich an Wert verlieren. Dieses Szenario ist nicht unwahrscheinlich.

"Den lehrbuchmäßigen Markt gibt es nicht", warnt ein Finanzprofessor

Zwar würden die Banken in der Theorie ihre Zinsen anpassen, wenn die Inflation steigt, weil die Kunden dann bessere Angebote verlangen und ihr Geld sonst bei einer anderen Bank anlegen. Doch in der echten Welt funktioniert das nicht immer so einfach: "Den lehrbuchmäßigen Markt gibt es nicht", sagt der Bamberger Finanzprofessor Andreas Oehler. Zu viele Unsicherheiten spielten eine Rolle: Kunden hätten oft nicht die nötige Verhandlungsmacht, es herrsche nicht genug Wettbewerb unter den Banken - und oft sei der Markt auch nicht transparent genug. "Es wird den Anlegern schwer gemacht, sich gut zu informieren und die passenden Produkte zu finden", sagt Oehler.

Experten raten deshalb dazu, sich früh genug mit anderen Anlagemöglichkeiten zu beschäftigen. Dabei geht es gar nicht darum, gleich sein gesamtes Geld in Aktien zu stecken. "Wichtig sind der Zeithorizont und die persönliche Risikobereitschaft", sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW. Sparer sollten sich also im Klaren darüber sein, ob sie zu einem bestimmten Zeitpunkt über ihr Geld verfügen müssen - zum Beispiel, weil sie ein Auto kaufen wollen. Außerdem sollten sie entscheiden, wie viel Risiko sie bereit sind einzugehen. Davon hängt auch ab, ob sie 30, 40 oder gar 60 Prozent ihres Geldes alternativ anlegen. Ein Beispiel dafür können Indexfonds auf breit gestreute Marktindizes sein, die unter Umständen mehr Rendite einbringen als Sparbücher oder Tagesgeldkonten, vor allem in einer Phase mit niedrigen Zinsen und hoher Inflation.

Lässt man sich beraten, etwa von seiner Hausbank, sollte man genau hinhören: "Im Gespräch sollte man darauf achten, ob es wirklich um die eigene Situation und die persönlichen Ziele geht - oder nur um ein Produkt, das einem verkauft werden soll", sagt Verbraucherschützer Scherfling. Und: "Wer nicht viel Geld zur Verfügung hat, sollte zumindest an einen Teil seines Geldes schnell herankommen können." Eine Notreserve von etwa ein bis zwei Monatsgehältern sei sinnvoll.

Wer dies befolgt und immer noch nicht weiß, was er in Zeiten der Inflation mit seinem Geld anstellen soll, für den hat Finanzprofessor Oehler noch einen Rat: "Manchmal ist es rentierlicher, 1000 Euro in den Urlaub zu investieren, statt sich stundenlang mit Anlagemöglichkeiten zu beschäftigen. Der Urlaub ist immerhin erholsam, man könnte sagen: Er dient der Erhaltung des Humankapitals."

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