Geldanlage:Ramsch ist gefragt

Investoren reißen sich um riskante Hochzinsanleihen - aus Mangel an Alternativen. Vereinzelt werden aber bereits Stimmen laut, die vor einer Spekulationsblase warnen. Experten halten einen so starken Zufluss in diesem Bereich für ziemlich ungewöhnlich.

Von Patricia Uhlig/Reuters, Frankfurt

Anleihen von Unternehmen, deren Kreditwürdigkeit schlecht benotet wird, finden derzeit reißenden Absatz. Anleger, die vor Jahren noch einen großen Bogen um sogenannte Junk-Bonds gemacht haben, legen sich nun verstärkt Anleihen von Firmen mit einer höheren Ausfallgefahr in ihre Depots. Aus Mangel an Alternativen kämen Anleger an Hochzinsanleihen nicht vorbei, meint Union-Investment-Fondsmanager Marco Salcoacci. "Investoren müssen mit mehr Risiko arbeiten, um ihre Renditeniveaus halten zu können."

Weil die Notenbanken in den Industriestaaten die Leitzinsen in den vergangenen Jahren immer weiter gesenkt haben, lässt sich mit als relativ sicher geltenden Staatsanleihen kaum noch etwas verdienen. Vermögensverwalter, Versicherungen und Pensionskassen haben es daher immer schwerer, auskömmliche Zinsen zu erwirtschaften. Daher sind sie gezwungen, in immer riskantere Anlageformen wie Ramschanleihen mit niedriger Bonität zu investieren. Vereinzelt werden aber bereits Stimmen laut, die vor einer Spekulationsblase warnen.

"Das Wichtigste ist, Rendite einzufangen, wo immer es geht."

"Ein so starker Zufluss im Hochzinsbereich wie derzeit ist außergewöhnlich", sagt Anleihespezialist Thomas Klee von der LBBW. Rechne man die Finanzbranche heraus, habe sich das Volumen der von Firmen ausgegebenen Euro-Anleihen, denen das Gütesiegel "Investment Grade" der großen Ratingagenturen fehlt, in den vergangenen fünf Jahren auf 240 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Während Unternehmens-Anleihen mit guter Kreditwürdigkeit im Durchschnitt nur noch einen Zins von einem halben Prozent abwerfen, liegt der Zinssatz bei Ramschpapieren in Europa bei durchschnittlich 3,5 Prozent. Zum Vergleich: Für die als risikolos geltenden zehnjährigen Bundesanleihen müssen Investoren sogar noch Geld mitbringen.

Institutionelle Investoren fahren deshalb ihre Anlagen im Hochzins-Bereich nach oben. Peter Palfrey vom Vermögensverwalter Loomis Sayles stockte den Anteil von elf auf 17 Prozent auf. "Das Wichtigste ist, Rendite einzufangen, wo immer es geht", sagt der Manager des sechs Milliarden Euro schweren Core Plus Bond Fonds. Die Anlagesparte der Münchener Rück, Meag, hat im Hochzins-Bereich neue Produkte und Anlagestrategien eingeführt. "Wir haben unser Engagement in diesem Bereich wegen des Niedrigzinsumfelds in den letzten Jahren verstärkt", so Portfoliomanager Erik Rüttinger.

Den Status "Ramsch" haben Unternehmen, die von den Ratingagenturen eine schlechte Bonitätsnote bekommen. Darunter sind Konzerne wie Thyssen-Krupp, Heidelberg Cement oder Hapag Lloyd, aber auch Mittelständler wie Phoenix Pharma. Die Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor's stufen alle Firmen, die unterhalb der Bewertung "BBB-" liegen, als Ramsch ein. Die Einstufungen reichen von der Spitzennote "AAA" bis "D" wie default, also Komplettausfall. Generell gilt: Je schlechter das Rating, desto höher der Zins.

Das Risiko eines Totalverlustes durch eine Firmenpleite ist bei Hochzinsanleihen aber relativ gering. Aktuell liegt die Quote mit zwei Prozent nahe ihren historischen Tiefständen. Vor einigen Jahren waren vier bis fünf Prozent Ausfälle die Regel, während der Finanzkrise schossen die Quoten noch weiter nach oben. Inzwischen hätten viele Firmen ihre Hausaufgaben gemacht, sagt Bond-Experte Martin Hasse von M.M. Warburg. Schulden seien gesenkt worden, und vor allem in den USA laufe die Konjunktur rund. Die europäische Wirtschaft komme auch langsam in Fahrt. Dies führt dazu, dass Renditen für Ramschanleihen fallen. Zu Jahresbeginn erhielten Anleger noch durchschnittlich 5,5 Prozent, also zwei Prozentpunkte mehr als derzeit. In den USA gingen die Renditen im Schnitt um ein Drittel auf rund 6,5 Prozent nach unten. Gleichzeitig steigen aber die Kurse.

Problematisch für Investoren ist, dass das Angebot nicht im selben Maß wie die Nachfrage steigt. Wegen der niedrigen Zinsen nehmen Firmen wieder mehr Kredite bei Banken auf - oder ihr Bedarf an Fremdkapital ist gedeckt. Laut Ratingagentur Fitch wird das Volumen der Euro-Neuemissionen in diesem Jahr um 30 bis 40 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres liegen. Für die wenigen Bonds stehen Investoren Schlange. Michael Hünseler vom Vermögensverwalter Assenagon warnt davor, dass Anleger sich deshalb nicht mehr genau anschauen, welche Risiken sie sich ins Depot holen. "Es wird undifferenzierter gekauft."

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