Geldanlage:Der Erste packt aus

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Im Betrugsprozess der Firma S&K räumt erstmals ein Angeklagter seine Schuld ein. "Ich bin ein Verdrängungskünstler, und ich brauchte das Geld", sagt er.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Ein Geständnis kann einen Menschen erleichtern, und der Angeklagte Thomas G. machte tatsächlich den Eindruck, als ob es ihm gut täte, über seine Schuld zu reden. "Es gab Investitionen, die nichts mehr mit dem Immobilienhandel zu tun hatten", sagte der 50-jährige am Freitag vor dem Landgericht Frankfurt. "Es wurden Gelder zweckwidrig verwendet", doch er habe nichts gesagt. "Ich bin ein Verdrängungskünstler, und ich brauchte das Geld."

Das erste Geständnis im S&K-Betrugsprozess könnte dem Verfahren eine neue Richtung geben. Bislang hatten alle sechs Angeklagten eine Schuld zurückgewiesen. Thomas G., der sich zu Anfang des Verfahrens im September 2015 bei den Anlegern entschuldigt hatte, gab nun zu, dass er Ungereimtheiten bei der Entwicklung von Fonds "ignorierte, nicht nachfragte und einfach weiterlaufen ließ". Durch sein "pflichtwidriges Desinteresse" an den Fonds habe er es ermöglicht, dass eingezahlte Gelder der Anleger zweckwidrig verwendet wurden. "Ich habe aber nicht nur tatenlos zugesehen, sondern auch aktiv mitgewirkt."

Das Geständnis kam für alle Beteiligten überraschend. Es gab sofort Streit, weil das Gericht für das Schuldeingeständnis die Aussage des Mitangeklagten Jonas Köller unterbrach. Die Anwälte haben daraufhin einen Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt, über den eine andere Kammer entscheiden wird. Sie wittern Ungleichbehandlung und Voreingenommenheit, weil eine "geständige Aussage bevorteilt" werde. Tatsächlich hatte Köller in den vorhergehenden sechs Verhandlungstagen seine Unschuld zu beweisen versucht. Er war mit seinen Ausführungen noch nicht am Ende, als ihm am Dienstag das Wort entzogen wurde. Das Gericht rechtfertigte die Entscheidung mit Fürsorgepflicht, weil ein Geständnis vielleicht dazu führen könne, dass Thomas G. aus der Untersuchungshaft entlassen wird.

Alle sechs Angeklagten sitzen seit über drei Jahren in Haft. Sie sollen zwischen 2008 und 2013 ein Schneeballsystem aufgebaut haben. Etwa 11 000 Anleger hätten dadurch insgesamt 240 Millionen Euro verloren. Ihnen droht wegen schweren bandenmäßigen Betrugs und Untreue eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren. Es ist einer der größten Wirtschaftsstrafprozesse, die in Deutschland je geführt wurden.

Der Hauptangeklagte Köller hatte das ganze Verfahren als "Konstrukt" der Staatsanwaltschaft beteiligt. "Mit der Großrazzia gegen uns ist der ,Point of no return' überschritten gewesen", sagte Köller. Am 19. Februar 2013 hatten 1300 Polizisten in ganz Deutschland S&K-Firmen durchsucht und Verdächtige festgenommen. Die Ermittler hätten danach daran festhalten müssen, dass es sich um Betrug handle, so Köller. Der Angeklagte Hauke Bruhn hatte in seiner Stellungnahme behauptet, die Staatsanwaltschaft habe ihn 2013 nach der Verhaftung psychisch unter Druck gesetzt, um Dinge einzuräumen, die er gar nicht getan habe.

Thomas G. war mit Bruhn Geschäftsführer der Fondsgesellschaft United Investors, die für S&K Fonds konzipierte. "Wir waren anfangs alle vom S&K-Geschäftsmodell begeistert", sagte G. Ab 2011 seien Zweifel aufgekommen. "In den ersten Vernehmungen habe ich mir noch eingeredet, dass alles nicht so schlimm ist", so G. am Freitag. Er habe daher "beschönigende Aussagen gemacht".

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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