Gehältervergleich:Gleicher Job, acht Prozent weniger

Diskriminierung oder Bescheidenheit? Auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit verdienen Frauen weniger als Männer.

Dagmar Deckstein

Stuttgart - Dass Frauen in Deutschland notorisch weniger Lohn und Gehalt beziehen als Männer, ist fast schon eine Binsenweisheit. Seit Jahren liegt die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Einkommen bei 24 Prozent, wie die einschlägigen Untersuchungen des Statistischen Bundesamts immer wieder aufs Neue belegen. Auch die Gründe sind sattsam bekannt: Mehr Frauen als Männer arbeiten in weniger qualifizierten Tätigkeiten und schlechter bezahlten Berufen, sie nehmen der Kindererziehung zuliebe häufiger Karriereknicks und damit geringere Einkommenschancen in Kauf, und sie arbeiten häufiger in Teilzeitbeschäftigungen.

Aber die Statistiker gaben sich mit den immergleichen Erklärungsmustern nicht zufrieden, sondern forschten tiefer. Was, wenn Männer und Frauen bei gleicher Qualifikation im gleichen Job sozusagen auf Augenhöhe nebeneinander her arbeiten? Daran war auch das von Kristina Schröder (CDU) geleitete Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend interessiert, das das Projekt "Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen" förderte. Herauskam: Auch bei gleichwertiger Tätigkeit ist es mit der Gleichbezahlung nicht weit her. Auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit werden Mitarbeiterinnen schlechter bezahlt als Mitarbeiter. Genau genommen verdienen sie immerhin acht Prozent weniger. Im Statistiker-Neologismus gesprochen ist das "Gender Pay Gap" also auch bei augenscheinlich hergestellter Gleichberechtigung zu besichtigen. Jedenfalls auf Datengrundlage der Verdienststrukturerhebung von 2006 mit Angaben von 3,1 Millionen Beschäftigten. Ob Diskriminierung hinter dieser Geschlechter-Lohnlücke steckt, lässt sich aus der Warte der Statistiker allerdings nicht sagen. Es könnte auch eine Folge weiblicher Bescheidenheit sein. Immerhin hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) unlängst mit einer Studie aufgewartet, wonach Frauen generell mit weniger Geld zufrieden sind. Gefragt, was sie als gerechten Lohn für ihre Arbeit empfinden, gaben Frauen im Schnitt um rund ein Viertel geringere Summen an als Männer.

Ein überraschendes Ergebnis brachte der Ost-West-Vergleich. Bezogen auf sämtliche Einkommensbezieher verdienen Frauen in den neuen Bundesländern nur sechs Prozent weniger als die Männer. Bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation beträgt die Lücke aber statt der acht Prozent im Westen gleich zwölf Prozent im Osten. Interessant auch, dass Lohndiskriminierung offenbar mit dem Alter korreliert. Bei den Jungen, die weniger als ein Jahr im Unternehmen beschäftigt sind und von denen die Hälfte jünger als 30 Jahre alt ist, findet sich so gut wie kein "Gap". Hier spielen "geschlechtsspezifische Unterschiede in den Leistungsgruppen noch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle", heißt es.

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