Fusion der Werbefirmen Omnicom und Publicis:Werben für die Konkurrenz

Lesezeit: 3 min

Gegner vereint: Eine fusionierte Publicis Omnicom Group würde für die Konkurrenten Coca-Cola und Pepsi werben.  (Foto: Bloomberg)

Omnicom und Publicis wollen fusionieren und künftig das führende Werbeunternehmen werden. Der neue Konzern hätte aber ein Problem: Bislang arbeitet die eine Agentur-Gruppe für Coca-Cola, die andere für Pepsi. Bald würden sie dann für beide Konkurrenten werben. Ob das gutgeht?

Von Angelika Slavik

Martin Sorrell war höflich, und man kann ohne Übertreibung sagen, dass das sonst nicht seine Art ist. Sorrell, 68, ist üblicherweise laut und rüpelhaft, er ist ein Mann, der seinen Hund "Barbar" genannt hat und sich selbst gerne mit Napoleon vergleicht. Und Martin Sorrell ist der Chef des größten Werbekonzerns der Welt - vielmehr: er war der Chef des größten Werbekonzerns der Welt. Denn an diesem Wochenende kündigten Omnicom und Publicis ihren Zusammenschluss an. Die Nummer zwei und die Nummer drei des Marktes wollen fusionieren.

Wenn das klappt, ist Sorrells Unternehmen WPP den Spitzenplatz los. Napoleon ist dann nicht mehr der wichtigste Typ der Werbewelt. "Es ist ein kühner, mutiger, überraschender Zug", sagte Sorrell also. Und dass er den Verantwortlichen dazu gratuliere.

So schlimm?

Die Omnicom-Gruppe mit Sitz in New York machte zuletzt umgerechnet 10,7 Milliarden Euro Jahresumsatz, lag damit knapp hinter der britischen WPP mit umgerechnet zwölf Milliarden Euro Umsatz. Die Nummer drei, die französische Publicis, verbuchte 6,6 Milliarden Euro. Nach der Fusion hätte die neue Publicis Omnicom Group weltweit gut 130.000 Mitarbeiter - und eine Menge Luft zwischen sich und die Konkurrenz gebracht.

Es sei eine "Fusion unter Gleichen" betonten Publicis-Chef Maurice Lévy, 71, und John Wren, 58, bei der Bekanntgabe ihrer Pläne. Die Aktionäre bekommen für zwei alte Publicis- oder Omnicom-Papiere einen Anteilschein der neuen Gruppe. Das neue Unternehmen soll zunächst für zweieinhalb Jahre von Lévy und Wren gemeinsam geleitet werden, danach soll Wren alleine die Führung übernehmen.

Anders als bei ihrem exzentrischen Kollegen Sorrell sind weder von Wren noch von Lévy größere emotionale Ausbrüche bekannt. Wren gilt als nüchtern, Lévy gar als Mann alter Schule, so einer, der noch einen Füllfederhalter besitzt und ihn benutzt. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass diese beiden 30 Monate geteilter Macht tatsächlich zusammen überstehen könnten.

Ob es so weit kommt, steht freilich noch nicht fest, auch wenn Lévy und Wren schon davon sprechen, dass die Fusion Ende dieses, spätestens Anfang des nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. Erst müssen die Kartellbehörden ihre Zustimmung geben - und die ist längst nicht garantiert.

Zur Publicis-Holding gehören neben den namensgebenden Unternehmen unter anderem Werbeagenturen wie Saatchi & Saatchi und Leo Burnett, außerdem die Mediaagentur Zenith-Optimedia, die Unternehmen bei der Streuung ihrer Werbeaktivitäten auf verschiedene Medien berät - also maßgeblich beeinflusst, in welchen Zeitungen, Zeitschriften, auf welchen Fernsehsendern oder Internetseiten wie viel Werbung gebucht wird.

Zu Omnicom gehören neben anderen die Werbeagenturen DDB, TBWA und BBDO, die PR-Agenturen Ketchum-Pleon und Fleishman-Hillard und die Mediaagentur OMD.

Wirtschaft kann auch Kunst
:Endlich ehrliche Werbung

Wenn Marken aufrichtig wären, würden wir bei "McDiabetes" Burger kaufen und danach eine "Moneywaste" rauchen, sagt der Künstler Viktor Hertz. Er hat sich weltweit bekannte Markenlogos vorgeknöpft - und präsentiert Vorschläge, wie Konzerne eigentlich werben sollten.

Bildern.

Wenn sich nun also diese Beiden zusammentun, haben sie großen Einfluss auf den Markt. Umstritten ist, ob dieser Einfluss groß genug wäre, um die Preise für Werbeplätze noch weiter unter Druck zu setzen. Dazu kommt die Frage, welche Folgen die Fusion für die Mitarbeiter hätte. Es seien keine Entlassungen geplant, sagten Wren und Lévy einhellig, gleichzeitig war die Rede von 500 Millionen Dollar, die man durch den Zusammenschluss einsparen werde - ob da wirklich keine Personalkosten miteingerechnet sind? Details blieb man zunächst schuldig, es war eher schwammig von Vorteilen bei der Erschließung neuer Märkte die Rede.

Aber nicht nur Behörden und Mitarbeiter werden die Fusionspläne genau unter die Lupe nehmen, auch viele große Kunden beider Unternehmen werden genau hinschauen. Hauptproblem: Pepsi und Coca-Cola. Die beiden Getränkehersteller liefern sich seit Jahrzehnten einen erbitterten Kampf - und der wird auch mit millionenteuren Werbekampagnen bestritten.

Da werden Superstars engagiert: Beyoncé, David Beckham, Britney Spears und sogar der tote Michael Jackson - dessen Erben verhökerten das Konterfei des verblichenen Popstars an Pepsi. Und es werden Superstars gefeuert: Wie der brasilianische Fußballer Ronaldinho, der von Coca-Cola verstoßen wurde, nachdem er bei einer Pressekonferenz von der dort bereitgestellten Pepsi getrunken hatte.

Bei Pepsi gegen Coca-Cola gibt es keinen Mittelweg, da gilt: Du kannst nur für uns sein oder gegen uns. Die neue Publicis Omnicom Group aber muss für beide sein - denn bislang arbeitet Publicis für Coca-Cola und Omnicom für Pepsi. Ob das gutgeht? Wenn einer von beiden abspringt, sieht die wirtschaftliche Bilanz der Fusion gleich anders aus. Turbulenzen könnte es auch bei den Kunden aus der Telekommunikations-Branche geben: Die amerikanischen Anbieter AT&T, Verizon und Sprint kämpfen ebenfalls um den gleichen Markt.

Und Martin Sorrell, der Entthronte? Analysten spekulieren schon, Sorrell könnte nun ebenfalls über einen Deal nachdenken - mit dem viertgrößten Akteur am Markt, der Interpublic Group (IPG). Napoleon als Nummer zwei, daran wird sich Sorrell jedenfalls nur schwer gewöhnen können.

© SZ vom 30.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: