Fukushima-Investment der Deutschen Bank:Ackermann und das Atom

Mehr als eine Milliarde für Nuklearunternehmen und das in nur in einem Jahr. Umweltorganisationen werfen der Deutschen Bank vor, dass sie auch nach der Katastrophe von Fukushima kräftig in die Atomenergie investiert hat. Doch aus Sicht des Unternehmens sei das kaum anders machbar.

Harald Freiberger, Frankfurt

Ein Thema wird Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bis zum letzten Arbeitstag verfolgen: Seit Jahren muss er sich auf der Hauptversammlung kritische Fragen zum Engagement seines Instituts in der Nuklearbranche anhören. Vor genau einem Jahr, zwei Monate nach dem Reaktorunglück von Fukushima, waren diese Fragen besonders drängend. Ackermann antwortete damals, man werde die Umstände des Unfalls genau analysieren und bis dahin keine neuen Atomprojekte finanzieren. Grundsätzlich aber sei es so, dass die Deutsche Bank "in dieser Frage ihr Fähnlein nicht nach dem Wind dreht", sagte er.

Fukushima-Investment der Deutschen Bank: Ärger zum Abschied: Bei seiner letzten Hauptversammlung muss sich Josef Ackermann - wieder einmal - kritische Nachfragen anhören, weil sein Insitut angeblich Atomprojekte unterstützt.

Ärger zum Abschied: Bei seiner letzten Hauptversammlung muss sich Josef Ackermann - wieder einmal - kritische Nachfragen anhören, weil sein Insitut angeblich Atomprojekte unterstützt. 

(Foto: Stephan Rumpf)

An diesem Donnerstag, auf seiner letzten Hauptversammlung, ist es wieder soweit: Öko-Initiativen werden die Aussagen Ackermanns auf den Prüfstand stellen. Sie haben in den vergangenen Wochen recherchiert und kommen zu dem Ergebnis, dass sich nicht viel geändert hat. "Fukushima war kein Wendepunkt für die Deutsche Bank", sagt Heffa Schücking von der Organisation "urgewald". "Für das Institut gilt im Atombereich nach wie vor: Alles ist möglich und jeder noch so strahlende Kunde willkommen."

So habe die Deutsche Bank seit März 2011 Nuklearunternehmen mit 878 Millionen Euro finanziert. Zudem halte sie Aktienanteile und Anleihen von Nuklearfirmen im Wert von 300 Millionen Euro. Außerdem biete sie, meist über ihre Fondstochter DWS, etwa 96 Aktien- und Anleihenfonds an, die Nuklearfirmen enthielten.

Reaktoren auf dem Stand der 1970er Jahre

"Spätestens Fukushima hat gezeigt, dass diese Technologie nicht beherrschbar ist", sagt Schücking. Wenn etwas schieflaufe, seien große Gebiete über Generationen kontaminiert. Die Anwendung und Finanzierung von Atomkraft werde deshalb gerade in Deutschland von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Die Deutsche Bank nehme darauf aber wenig Rücksicht.

Die Studie von "urgewald" ergab, dass das Institut 30 von 46 untersuchten Nuklearfirmen unterstützt. So hat sie Kredite vergeben oder Anleihen emittiert für Unternehmen wie Areva, Electricité de France, Korea Hydro & Nuclear Power, Rosatom, Southern Company, TVO, Urenco oder United States Enrichment Corporation. Besonders kritikwürdig findet die Organisation die Unterstützung des italienischen Atomkonzerns Enel, der mit Mochovce 3 und 4 in Slowakien zwei Reaktoren fertigstelle, die dem Sicherheitsstandard der 1970er Jahre entsprächen. "Es gibt nicht einmal eine Schutzhülle, schon der Absturz eines Kleinflugzeuges kann hier zu einer Katastrophe führen", sagt Schücking.

Die Deutsche Bank betont, sie gehöre weltweit zu den wichtigsten Finanzdienstleistern für den Aufbau erneuerbarer Energieformen wie Sonnenkraftwerke. "Aber es ist noch nicht möglich, damit den gesamten Energiebedarf der Welt zu decken", sagte ein Sprecher. Deshalb unterstütze man "eine große Bandbreite für ein ausgewogenes Energiekonzept, das Wirtschaft und Umwelt berücksichtigt und zukunftsweisend ist".

Vorbild Streubomben

Häufig argumentieren Banken auch, dass sie keine Atomreaktoren in Planung oder Bau finanzierten. Umweltorganisationen halten diese Formulierung allerdings für weich, da es im Atomsektor kaum direkte Projektfinanzierungen gebe. Die meisten Atomprojekte würden durch Kredite und Anleihen finanziert. "Eine Bank, die Kredite und Anleihen an Nuklearkonzerne gibt, unterstützt damit natürlich auch den Bau neuer Atomkraftwerke", sagt Schücking.

Die Organisation fordert von Ackermann eine ähnliche Zusage, wie er sie beim Thema Streubomben machte. Schon im Jahr 2008 brach die Deutsche Bank die Geschäftsbeziehungen zu reinen Herstellern der geächteten Waffenart ab. 2011 dehnte sie dies auch auf Konzerne aus, die Streubomben neben vielen anderen Produkten im Angebot haben. Im Energiesektor würde dies aber bedeuten, dass die Deutsche Bank die Geschäfte mit fast allen großen Energiekonzernen auf der Welt einstellen müsste, da sie zumindest zum Teil auf Atomenergie setzen. So weit will Ackermann dann doch nicht gehen.

Für den scheidenden Chef der Deutschen Bank bleibt nur ein Trost: Im nächsten Jahr muss er sich solchen Fragen nicht mehr stellen. Dann sind seine Nachfolger Anshu Jain und Jürgen Fitschen dafür zuständig.

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