Freihandelsabkommen:Südkorea handelt mit den großen Drei

APEC 2014 Summit in Beijing, China

Chinas Präsident Xi Jinping (rechts) und die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye

(Foto: dpa)
  • Südkorea wird zum ersten Industrieland ohne Handelsbarrieren mit den drei großen Blöcken: die EU, den USA und China.
  • Viele koreanische Firmen warten darauf, nach China zu expandieren. Im Laufe der nächsten zehn Jahre sollen die Zölle für mehr als 90 Prozent der gehandelten Güter abgeschafft werden.
  • Südkoreanische Bauern wehren sich gegen das Handelsabkommen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Freier Handel mit der EU, den USA und künftig auch mit China: Südkorea wird zum ersten Industrieland ohne Handelsbarrieren mit den drei großen Blöcken der Weltwirtschaft. Denn nun ist auch das Freihandelsabkommen zwischen Südkorea und China ausgehandelt. Das haben die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye und Chinas Präsident Xi Jinping am Rande des Apec-Gipfels in Peking bekannt gegeben. Xi nannte das Abkommen, das noch dieses Jahr unterzeichnet werden soll, "einen Schritt zur regionalen Integration". Park sprach von einem "Feiertag für China und Korea".

Sie wolle das Abkommen nach Möglichkeit in den ersten Monaten des Jahres 2015 umsetzen. China ist bereits heute Südkoreas wichtigster Wirtschaftspartner für Importe und Exporte. 2014 betrug das Handelsvolumen 274 Milliarden Dollar, 2015 sollen es mehr als 300 Milliarden werden. Umgekehrt ist das kleine Südkorea Chinas drittgrößter Handelspartner.

In Seoul betont man, es gehe nicht primär um den zollfreien Export der Produkte koreanischer Konzerne wie Samsung und LG für die wachsende chinesische Mittelklasse. Das Abkommen sei eher auf kleine und mittlere koreanische Betriebe zugeschnitten, so ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums in Seoul. Mode aus Korea und Kosmetik sind in China enorm populär. Für K-Pop und südkoreanische Filme ist China der wichtigste Exportmarkt. Voriges Jahr sollen 4,3 Millionen chinesische Touristen für mehr als 500 Millionen Dollar Waren in ihrem Gepäck zurück nach China geschleppt haben. Manche tun dies professionell - dieses graue Geschäft wird durch das Freihandelsabkommen überflüssig.

Was sich koreanische Firmen erhoffen

Viele koreanische Firmen warten nur darauf, nach China zu expandieren. Im Laufe der nächsten zehn Jahre sollen die Zölle für mehr als 90 Prozent der gehandelten Güter abgeschafft werden. Ebenso wichtig sei der Freihandel für die Integration der Industrie, so Yeo Han Koo, ein Freihandelsexperte der Regierung in Seoul, etwa für die Herstellung von Komponenten über die Grenze hinweg. Seoul rechnet überdies mit chinesischen Investitionen in südkoreanischen Unternehmen. Korea will zudem Tourismuszentren für Chinesen bauen - und lässt vor allem auf der Ferieninsel Jeju den Immobilienkauf für Chinesen zu.

Im Oktober hatte das Finanzministerium in Seoul eine Clearing-Bank geschaffen, die den Handel zwischen dem südkoreanischen Won und dem chinesischen Renminbi abwickelt. Von Dezember an sollen zehn Geschäftsbanken Won-Renminbi-Transfers anbieten. Bisher werden 95 Prozent des südkoreanisch-chinesischen Handels in Dollar abgewickelt.

Im Herbst hat Peking mit einem Startkapital von 50 Milliarden Dollar eine eigene internationale Entwicklungsbank geschaffen, die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB), die der von Japan geführten Asian Development Bank (ADB) und der Weltbank Konkurrenz machen will. 21 Nationen, unter ihnen Indien, sind dabei. Südkorea war auch vorgesehen, sagte seine Unterschrift aber plötzlich ab, nachdem Washington massiv Druck auf Seoul ausgeübt hatte. Die US-Regierung fürchtet Finanzgeflechte, die nicht vom Dollar abhängig sind. Allerdings verspüren die Südkoreaner nun auch Druck aus Peking, doch noch einzusteigen.

Wie sich Seoul positionieren will

Die aggressive Freihandelspolitik Südkoreas geht auf Präsident Roh Moo Hyun zurück, der erkannt hatte, dass sein Land sich am besten als wirtschaftlicher Knotenpunkt Nordostasiens anbieten soll, wenn es zwischen den wirtschaftlichen Großmächten Japan und China bestehen will. Dieses Ziel verfolgt die südkoreanische Politik seither konsequent.

Seoul will nicht mehr nur ein Handels- und Produktionsknotenpunkt sein, sondern versucht auch, zum bevorzugten Forschungs-, Design- und sogar Finanz-Standort Ostasiens zu werden. Das belgische Chemie-Unternehmen Solvay hat kürzlich auf dem Campus der Frauen-Universität Ewha in Seoul ein Forschungszentrum eingeweiht. Ex-Konzern-Chef Christian Jourquin: "Man kommt nicht mehr wegen niedriger Löhne nach Südkorea, sondern wegen des hohen Bildungsniveaus."

Wer sich gegen das Handelsabkommen wehrt

Nicht alle Südkoreaner begrüßen den Freihandel mit China. Park wird im Parlament für seine Ratifizierung kämpfen müssen. Die Bauern wehren sich, obwohl die Präsidentin beim Reis einen Rückzieher machen ließ. Erst hieß es, die Reiszölle würden ebenfalls abgeschafft, jetzt will Seoul sie sogar anheben. Im September war von einem Tarif von 513 Prozent die Rede. Während Südkorea zuletzt einen Handelsbilanzüberschuss mit China von 63 Milliarden Dollar registrierte, ist seine Bilanz bei den Agrarprodukten negativ. Aber Reis wird von allen asiatischen Wirtschaften als Sonderfall gesehen.

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