Frankreich:Zurück in die alte Währung

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Maßgeschneidert: Kleid aus imitierten Euro-Noten. Sollte Frankreich aus der Euro-Zone austreten, würde das Land wieder Francs einführen. (Foto: Regis Duvignau/Reuters)

Das Land dürfte nach einem Euro-Austritt seine Staatsschulden mit schwachen Franc begleichen. Das könnte zu Turbulenzen führen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Marine Le Pen, die französische Präsidentschaftskandidatin für die rechtspopulistische Partei Front National, will im Fall ihres Wahlsieges alles tun, damit Frankreich die Euro-Zone verlässt. Sie hat auch schon einen konkreten Plan: Französische Staatsschulden im Wert von rund 1700 Milliarden Euro sollen dann statt in Euro in französischen Franc zurückbezahlt werden. An den Finanzmärkten ist die Sorge groß. Die Kurse für französische Schuldscheine sind seit Anfang Januar um 3,4 Prozent gefallen.

Man möchte kaum glauben, dass es möglich sein könnte, so hopplahopp die Auszahlungswährung eines Kredits zu verändern. Doch tatsächlich spricht rein rechtlich wenig dagegen. "Alle Staatsanleihen, die in Europa nach nationalem Recht begeben wurden, können nach einem Austritt aus der Währungsunion in der nationalen Währung zurückbezahlt werden", sagt Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ-Bank. Andere Fachleute sehen das auch so. "Die Euro-Staaten haben das Recht, per Gesetz zurück in die alte Währung zu wechseln", sagt Andrew Bosomworth, Experte der Fondsgesellschaft Pimco, einem der weltweit größten Anleiheinvestoren. "Wenn also etwa die deutsche, französische oder italienische Regierung dies täte, würden alle Anleihen, die nach nationalem Recht begeben wurden, statt in Euro dann in Deutscher Mark, Franc oder Lira notieren", so Bosomworth. Der Pimco-Experte geht davon aus, dass man in diesem Fall die Schlusswechselkurse von Dezember 1998 zugrunde legen würde. Ein Euro wurde damals bei 6,56 französischen Francs fixiert. Die Meinungsumfragen deuten derzeit nicht darauf hin, dass Le Pen die Präsidentenwahl gewinnen wird. Doch sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten und Le Pen ihren Plan umsetzen, drohen schlimme Turbulenzen an den Finanzmärkten. Die Kreditgeber Frankreichs würden hohe Verluste machen.

Davon betroffen wären auch das Eurosystem und die Europäische Zentralbank, die französische Staatsanleihen im Wert von 255 Milliarden Euro besitzen. "Aus einer französischen Anleihe im Wert von zehn Milliarden Euro würde über Nacht eine Anleihe im Wert von 65,6 Milliarden Franc", sagt Bielmeier. Die Finanzmärkte schätzen, dass die französische Währung im internationalen Devisenhandel gegen den Euro sofort 25 Prozent abwerten könnte. Deutsche Gläubiger, die französische Anleihen besitzen, würden also einen Verlust von 25 Prozent verbuchen.

Gleichzeitig wären französische Unternehmensanleihen, die in Euro bedient werden müssen, stark ausfallgefährdet, weil den Unternehmen das dafür nötige Geld fehlen würde. All diese Ereignisse könnten im schlimmsten Fall die Ouvertüre zu einer globalen Finanzkrise sein. "Dadurch haben finanzschwache Euro-Länder in den aktuellen Verhandlungen mit der EU auch ein Druckmittel", sagt Bielmeier. Schließlich würden für die EZB und alle anderen, die Staatsanleihen dieser Länder besitzen, enorme Verluste anfallen.

Grundsätzlich können Regierungen ihre Staatsanleihen auf Basis des nationalen und internationalen Rechts begeben. "Doch nur erstere können ohne breite Zustimmung der Gläubiger von Euro in eine nationale Währung zurückgeführt werden", sagt Bosomworth. In Frankreich sind Schätzungen zufolge rund 80 Prozent der Schuldscheine auf Basis nationaler Gesetze gestrickt worden. Seit 2013 gilt eine EU-Regel, die eine Änderung der Auszahlungswährung davon abhängig macht, dass 75 Prozent der Gläubiger zustimmen. Ganz anders sieht es aus, wenn Anleihen nach internationalem, etwa britischem oder amerikanischem Recht begeben wurden: Diese Schuldscheine müssten die Regierungen auch nach einem Austritt aus der Währungsunion weiter in Euro bedienen.

Die Rating-Agenturen sagen, sie würden es als Zahlungsausfall Frankreichs werten, wenn das Land per Gesetz die Auszahlungsbedingungen seiner Anleihen änderte. Frankreich hätte in der Folge mit diesem Makel große Probleme, im Ausland neue Kredite aufzunehmen. Doch all das ist doch noch sehr hypothetisch.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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