Frankreich:Sarkozys grünes Mäntelchen

Frankreich führt eine CO2-Steuer ein. Das ist richtig - doch die Regierung hat fast alle Fehler gemacht, die in diesem Fall möglich waren.

Michael Kläsgen

Wenn ein Staat sich entschließt, konkrete Schritte einzuleiten, um dem Klimawandel zu begegnen, kann man das nur gutheißen. Deswegen ist zu begrüßen, wenn Frankreich vom kommenden Jahr an eine CO2-Steuer einführen will.

Es handelt sich dabei um eine echte Öko-Steuer ohne Wenn und Aber. Sie macht den Verbrauch von Kohle, Gas, Heizöl, Diesel und Benzin teurer. Das mag denjenigen missfallen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren oder mit Gas und Öl heizen müssen. Aber wer etwas für die Umwelt tun will, fängt am besten bei sich selber an. Den Atomstrom nicht zu besteuern ist ebenfalls vertretbar. Kernkraftwerke erzeugen Strom kohlendioxidneutral. Sie bergen freilich andere Risiken. Aber wer den Treibhaus-Effekt begrenzen will, kommt nicht umhin, den Kohlendioxid-Ausstoß zu drosseln.

Die Regierung in Paris hat also richtig gehandelt - und doch fast alle Fehler gemacht, die in diesem Fall möglich waren. Zu den größten Fehlentscheidungen gehört, die Steuer zu niedrig anzusetzen. Sie liegt nun bei 14 Euro je Tonne Kohlendioxid.

Bei 32 Euro fingen die Menschen an, sich umweltfreundlich zu verhalten, hatte Michel Rocard gesagt, der ehemalige sozialistische Premierminister. Nicolas Sarkozy hatte ihn an die Spitze einer Kommission berufen, die ein Konzept zur Kohlendioxid-Steuer ausarbeiten sollte. Doch am Ende überging der Staatspräsident den Vorschlag Rocards und veranschlagte die Steuer um mehr als die Hälfte niedriger.

Sie wird damit wirkungslos bleiben, argumentieren Umweltschützer. Vieles spricht dafür, dass sie richtig liegen. Wenn der Sprit im Januar um voraussichtlich sieben Cent teurer wird, sieht das zwar nach einer starken Erhöhung aus. Wie die Erfahrungen anderer Länder zeigten, hält dies aber viele Autofahrer nicht von Spritztouren ab.

So verfehlt die Steuer ihr Ziel, und Sarkozy bringt auch noch die Verbraucher gegen sich auf. Viele Franzosen haben den Eindruck, ihnen werde unter dem Vorwand des Klimaschutzes Geld aus der Tasche gezogen, um die rezessionsbedingt leere Staatskasse zu füllen.

Zwei Drittel der Franzosen lehnen Umfragen zufolge die CO2-Steuer ab, auch weil sie diese für sozial ungerecht halten, da für Unternehmen vielerlei Ausnahmen gelten. Zwar müssen die größten Luftverschmutzer über den Emissionshandel für den CO2-Ausstoß zahlen. Für sie hat die Regierung aber Wege gefunden, um bis 2013 die Rechnung zu schmälern. Den privaten Verbrauchern konnte Sarkozy hingegen bislang nicht erklären, warum sie zur Kasse gebeten werden sollen.

Im Wahlkampf hatte Sarkozy die Franzosen noch von der Abgabe überzeugt, indem er versprach, sie aufkommensneutral zu gestalten. Bald darauf, im Herbst 2007, inszenierte er einen pompösen Umweltgipfel und zog den populären Naturfreund Nicolas Hulot auf seine Seite, auf den die Forderung nach einer Kohlendioxid-Steuer zurückgeht.

Doch danach verebbte Sarkozys Elan. Bis heute weiß die Regierung nicht, wie sie die Steuer kompensieren will. Zuletzt hieß es, die Einkommensteuer solle im Gegenzug geringer ausfallen. Beschlossen ist nichts. Stattdessen sieht es so aus, als werde der Präsident wortbrüchig.

Besonders glaubwürdig trat Sarkozy als Umweltschützer nie auf. Erst seitdem die Grünen bei der Europawahl im Juni einen Überraschungserfolg erzielten und Daniel Cohn-Bendit auf den Titelseiten erschien, entdeckte der Präsident seine Liebe zur Natur wieder.

Es war nicht der beste Zeitpunkt. In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Kaufkraft kommt keine Steuer gut an, auch keine im grünen Deckmäntelchen. Sarkozys sonst reibungslos laufende Kommunikationsmaschine geriet ins Stottern. Minister widersprachen sich, und der Präsident überwarf sich kurzzeitig mit Premierminister François Fillon. Es herrscht also viel Aufregung wegen einer Steuer, die am Ende nur wenig bringt.

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