Frankreich:Lactalis ruft Babymilch zurück

Der französische Skandal-Konzern gerät immer tiefer in die Krise: 12 Millionen Packungen müssen aus 83 Ländern zurückgeholt werden.

Von Leo Klimm, Paris

Manche in Frankreich hielten Emmanuel Besnier schon für ein Phantom. So scheu ist der Eigner des weltweit größten, aber sehr verschwiegenen Molkereikonzerns Lactalis. Doch jetzt wird der Druck auf Besnier, Herr über Käsemarken wie Président und Galbani, zu groß: Ein Skandal um Salmonellen-verseuchtes Babymilchpulver erschüttert Lactalis, Besnier muss an die Öffentlichkeit. "Es gab nie die Absicht, irgendetwas zu verschleiern", beteuert er im Journal du Dimanche.

Dabei warnten französische Behörden schon vor sechs Wochen vor bestimmten Babymilch-Erzeugnissen von Lactalis. Weil das Unternehmen die Sache nicht in den Griff bekam, zitierte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Besnier vergangene Woche herbei und zwang ihn, die gesamte Milchpulver-Produktion einer Fabrik in Westfrankreich zurückzurufen. Das wird teuer: Zwölf Millionen Packungen müssen aus 83 Ländern zurückgeholt werden. Deutschland ist nicht betroffen, weil Lactalis hier keine Babynahrung vertreibt.

Lactalis sei "ein versagendes Unternehmen", so Le Maire. Das will Besnier nicht auf sich sitzen lassen. Er möge nach außen wenig kommunizieren, räumt der Lactalis-Chef ein. Sein Konzern habe aber zumindest alle Auflagen eingehalten, die bei bakteriellen Verunreinigungen vorgeschrieben seien. Es gebe "keine Verfehlungen". Zugleich verspricht Besnier, alle Familien zu entschädigen, deren Babys nun an Salmonellen-Vergiftung litten. Bisher sind etwa 40 Erkrankungsfälle bekannt, die meisten in Frankreich. Die Fabrik, aus der die verseuchte Ware stammt, bleibt Besnier zufolge mehrere Monate geschlossen.

Nicht nur Mängel in der Lactalis-Kommunikation verschlimmern die Krise. Französische Supermarktketten wie Carrefour mussten zuletzt einräumen, sie hätten einen ersten Rückruf missachtet. Die Justiz ermittelt wegen Gesundheitsgefährdung und Täuschung der Verbraucher. Lactalis erlöst 17 Milliarden Euro im Jahr und gehört seit der Übernahme des italienischen Rivalen Parmalat 2011 zu Europas großen Lebensmittelherstellern. In Frankreich steht das Unternehmen regelmäßig als Preisdrücker gegenüber Milchbauern in der Kritik.

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