Frankfurt:Deutsche Bank: Hauptsache, die Story klingt gut

Deutsche Bank Shares Plummet

In der Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank hoffen sie, dass eine Einigung mit der US-Justiz auch die Spekulationen beendet.

(Foto: Hannelore Foerster/Getty Images)
  • Bekommt die Deutsche Bank Geld von den Scheichs aus Katar? Oder von Dax-Konzernen? Ein Gerücht jagt in diesen Tage das nächste.
  • Erst wenn sich Bank-Chef Cryan mit den Behörden in den USA einigt, wird sich die Lage wieder beruhigen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wenn sie in Berlin die Wähler nicht verstehen, ist in diesen Tagen häufig vom "postfaktischen Zeitalter" die Rede: Gefühle und Stimmungen dominieren alles, Tatsachen spielen keine Rolle mehr, weshalb Populisten leichtes Spiel haben.

In Frankfurt kennen sie diesen Zustand inzwischen auch, vor allem in den Zwillingstürmen der Deutschen Bank. Seit Tagen und Wochen verkommt das größte deutsche Geldhaus immer mehr zu einem Spielball der Gerüchte, am Freitag jagte eine Meldung die nächste: Von einer möglichen Stützungsaktion durch wichtige Dax-Konzerne war die Rede, von einem Börsengang der Vermögensverwaltung, von einer geplante Kapitalerhöhung und auch wieder davon, dass sich die Scheichs aus Katar die Möglichkeit offen hielten, dabei mitzuziehen.

"Im Moment können die Leute im Markt jedes Gerücht zur Deutschen Bank hochwerfen, und es landet irgendwo", sagt ein Investmentbanker einer US-Bank. Seit vor drei Wochen bekannt wurde, dass die US-Justiz im Extremfall 14 Milliarden Dollar für windige Immobiliengeschäfte aus der Zeit vor der Finanzkrise fordert, sind Anleger und Politik in Aufruhr.

Was passiert, falls die Bank diese Geldbuße wirklich zahlen muss, es ihr aber nicht gelingt, frisches Kapital einzusammeln? Das drückte den Aktienkurs zeitweise auf ein neues Tief, auch weil viele Hedgefonds auf einen weiteren Verfall wetteten. Manch einer befürchtete bereits eine Schieflage wie 2008 bei Lehman oder gar die bevorstehende Verstaatlichung.

Hilfe von Staatsfonds

Selbst dass Konzernchef John Cryan zeitgleich via Bild verkündete, die Bank benötige derzeit weder Rettungsmilliarden vom Staat noch frisches Geld vom Markt, ging zunächst ins Leere. Erst als Ende vergangener Woche die Nachricht die Runde machte, die Bank werde sich mit den US-Behörden auf eine Strafe von 5,4 Milliarden Dollar verständigen, stabilisierte sich zumindest der Aktienkurs wieder. Bis jetzt ist allerdings noch nichts entschieden, Cryan selbst wollte sich nun diesen Freitag mit Vertretern des US-Justizministeriums treffen. Die Gerüchte jedoch stoppte das nicht.

"Das wird so weitergehen, bis wir eine Einigung mit den US-Behörden haben", sagt ein Deutsch-Banker, der nicht genannt werden will. So vermeldete Der Spiegel am Freitag, die Scheichs aus Katar erwägten die Bank mit neuem Kapital zu unterstützen und gemeinsam mit anderen Investoren eine Sperrminorität von 25 Prozent zu erwerben.

Als Partner für einen solchen Schritt kämen vor allem Staatsfonds infrage, einige von ihnen sollten sogar bereit sein, langfristig Geld in den Konzern zu stecken. Bislang halten die Scheichs acht Prozent an der Deutschen Bank. Zwar hat ihnen der jüngste Kursverfall einen Buchverlust von gut eine Milliarde Euro beschert, das würde sie aber offenbar nicht abschrecken weiter nachzukaufen. Allerdings, so heißt es, wollten die Katarer nur dann weiter ins Risiko gehen, wenn sie bei der Bank durchgreifen könnten. Man sei zunehmend unglücklich mit dem Management um Cryan. Sollten die Katarer weiter aufstocken, würden sie wohl auch auf Veränderungen im Vorstand drängen.

"Wie sollten die Dax-Vorstände das den eigenen Aktionären erklären?"

Weniger forsch wären da wohl andere potenzielle Großaktionäre, die angeblich ebenfalls bereit sind, die Bank zu stützen: Das Handelsblatt hatte berichtet, Vorstände einiger der dreißig Dax-Konzerne hätten kürzlich Gespräche geführt, ob eine symbolische Kapitalbeteiligung der Bank helfen könnte. Namen wurden zwar nicht genannt, in der Diskussion sei jedoch ein niedriger einstelliger Milliardenbetrag.

Auch wenn einige Dax-Chefs zuvor der Bank und Aufsichtsratschef Paul Achleitner öffentlich den Rücken gestärkt hatten: Insider halten einen solchen Plan für wenig wahrscheinlich. "Wie sollten die Dax-Vorstände das den eigenen Aktionären erklären?", fragt ein Banker. Äußern will sich dazu niemand bei den Unternehmen - abgesehen von RWE-Chef Peter Terium, der am Freitag in Frankfurt die Tochter Innogy an die Börse brachte. Von einem Engagement bei der Deutschen Bank sei keine Rede gewesen, sagte er.

Für immerhin etwas wahrscheinlicher hielten Banker in Frankfurt Nachrichten, wonach das Institut allen Dementis zum Trotz nun doch eine Kapitalerhöhung vorbereite. Zunächst müsse aber erst einmal klar sein, wie viel das Institut noch für die weiteren großen Rechtsrisiken bezahlen muss. "Vorher kriegt man so eine Kapitalerhöhung nicht platziert", sagt ein Investmentbanker.

So oder so, das Geldhaus war eines der wichtigen Themen auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dessen Chefin Christine Lagarde sah sogar von der Gepflogenheit ab, sich nicht zu einzelnen Instituten zu äußern und empfahl Cryan die Überprüfung des Geschäftsmodells. Finanzminister Wolfgang Schäuble stichelte prompt zurück, Bankenaufsicht sei nicht Sache internationaler Institutionen. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem jedenfalls findet die Strafforderungen gegen die Bank überzogen, das schade der Finanzstabilität. Die Bank habe Probleme zu lösen, "aber ich glaube, sie wird damit fertig", sagte der Politiker. Der Umbau müsse weitergehen, Und wie ist die Lage bei der Deutschen Bank? Zumindest machte der Aktienkurs am Freitag keine allzu Sprünge. Am Abend lag das Plus bei mehr als einem Prozent.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: