Formel 1:Letzte Runde

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Bernie Ecclestone galt jahrzehntelang als unangefochten in der Formel 1, jetzt ist er plötzlich weg. Der neue Eigentümer John Malone hat sich brutal durchgesetzt, er will einen Neuanfang ohne den Patriarchen.

Von Caspar Busse, München

Er lebt am Fuße der Rocky Mountains, auf einer riesigen Ranch in der Nähe von Denver, und er liebt rustikale karierte Holzfällerhemden. Oft ist er auch mit einem überdimensionierten Wohnmobil unterwegs. Seine Frau Leslie züchtet Pferde. John Malone, 75, dessen Vermögen auf sieben Milliarden Dollar taxiert wird, lebt zurückgezogen und scheut die Öffentlichkeit. Aber der größte Fehler wäre, diesen Mann zu unterschätzen.

Malone hat in den vergangenen Jahrzehnten einen der größten Kabelfernseh-, Unterhaltungs- und Medienkonzerne der Welt aufgebaut. Liberty Media mischt inzwischen überall dort mit, wo es um viel Geld geht. Zum Konzern gehören unter anderem auch große Teile des Fernsehkonzerns Discovery. Das Unternehmen betreibt beispielsweise Eurosport und hat sich zuletzt spektakulär die Fernsehrechte an den Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 gesichert. Malone selbst besitzt auch Anteile am Baseballteam Atlanta Braves. Im Herbst vergangenen Jahres dann stieg Liberty bei der Formel 1 ein. Vier Milliarden Euro zahlte Malone und übernahm Schulden in einer ähnlichen Größenordnung. Schrittweise erwarb er die Mehrheit vom Finanzinvestor CVC.

Malone wirkt auf den ersten Blick wie ein harmloser amerikanischer Rentner. Aber dass er keine halben Sachen macht, dafür ist er bekannt. Auch bei der Formel 1 greift er jetzt schnell durch und setzt den 86-jährigen Patriarchen Bernie Ecclestone einfach vor die Tür. Malone ist als aggressiv und kompromisslos bekannt. Der frühere US-Vizepräsident Al Gore gab dem Mann aus Colorado deshalb den Spitznamen "Darth Vader". "Es ist ein bisschen wie in der Schlacht", sagte Malone mal zu seinen Geschäftsbeziehungen. Er befinde sich in "einer Art Krieg" gegen die anderen Konzerne. Für ein freundliches Miteinander ist da kein Platz. Das erfuhr jetzt auch Ecclestone, nach 40 Jahren.

"Ich wurde heute abgesetzt. Bin einfach weg", sagte der überraschte Bernie Ecclestone nach seiner plötzlichen Entlassung. (Foto: Phil Noble/AFP)

Sein Handwerk hat Chase Carey einst beim Medienunternehmer Rupert Murdoch gelernt

Der Manager, der das alles für Malone organisiert und jetzt der neue Mister Formel 1 ist, heißt Chase Carey, 62. Der Mann mit dem imposanten Schnauzer, der zusammen mit zwei weiteren Managern das Unternehmen Formel 1 führen wird, hat einen Ruf als knallharter Geschäftsmann. Er könne "Alphatiere zum Frühstück verspeisen", heißt es von ihm. Bei der Formel 1 hatte er von Anfang an klargemacht, wer der Chef ist. Er sei zu alt, um nur ein Lehrling zu sein, scherzte er bei einem der ersten Auftritte. Es war eine Frage der Zeit, bis Ecclestone offiziell ersetzt wurde.

Carey absolvierte die Eliteuniversität Harvard und ist ein Sport- und Baseballfan, insbesondere der New York Yankees. Angeblich hat er in seinem Büro gebrauchte Stühle aus dem alten Yankee-Stadion stehen. Während des Studiums spielte er Rugby. Sein Handwerk lernte Carey dann bei dem Medienunternehmer Rupert Murdoch, einem harten Rivalen von Malone. Dort baute er unter anderem den Fernsehsender Fox auf. Zuletzt war er Chef der Murdoch-Firma 21st Century, zu der auch die Bezahlsender der Sky-Gruppe gehören. Schon dort galt er als die treibende Kraft hinter dem Sportengagement.

Das neue Duo, das sich gegen Ecclestone durchgesetzt hat

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(Foto: AP)

John Malone, der am Fuß der Rocky Mountains lebt und als einer der reichsten Amerikaner gilt.

Das neue Duo, das sich gegen Ecclestone durchgesetzt hat

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(Foto: AP)

Und der Medienmanager Chase Carey mit seinem auffälligen Schnurrbart, der künftig die Formel 1 als Nachfolger Ecclestones führen wird. Fotos: AP

Nun soll Carey also für Malone die Formel 1 fit machen. Das dürfte ein langer und harter Weg werden. Denn das Milliardengeschäft mit den im Kreis fahrenden Boliden, das noch immer als eines der lukrativsten Sportereignisse überhaupt gilt, war zwar immer erfolgreich, hat aber auch den Anschluss an die Zukunft verloren. In den USA ist die Präsenz der Rennserie gering. Auch im Internet oder in den sozialen Netzwerken könnte deutlich mehr getan werden, heißt es. Genaue Zahlen zur Formel 1 gibt es nicht, aber die Umsätze sollen zuletzt stagniert haben. Die Zahl der Fernsehzuschauer ist weltweit rückläufig - in Deutschland ist das Spektakel bei RTL und bei Sky zu sehen. Ecclestone hatte selbstherrlich regiert, vor allem kurzfristige Geschäftsmaximierung betrieben und fragwürdige Deals abgeschlossen.

Was genau Liberty nun vorhat, ist unbekannt. Offenbar soll ein jüngeres und internetaffines Publikum begeistert werden. Zudem sollen die Fernseheinnahmen steigen, damit kennt sich Carey aus. Auch ist geplant, dass sich Rennteams an der Formel 1 beteiligen können, das war unter Ecclestone ausgeschlossen. Ein späterer Börsengang der Veranstaltung ist denkbar.

"Die Formel 1 hat ein großes Potenzial mit zahlreichen ungenutzten Möglichkeiten", sagte Carey am Dienstag: "Wir sehen überall Möglichkeiten für Wachstum." Und weiter: "Bernie ist ein Ein-Mann-Team", das passe nicht mehr in die heutige Welt, meinte Carey in der BBC. Ecclestone wurde entmachtet, weil der Sport einen Neuanfang brauche. Schon oft wurde in der Vergangenheit über einen Verkauf der Formel 1 spekuliert, auch der Medienunternehmer Thomas Haffa stieg mal mit Milliarden ein, musste die Beteiligung dann an Leo Kirch weitergeben. Das Paket landete schließlich bei der kreditgebenden Bayern-LB, die es an CVC verkaufte. Aus einem Neuanfang wurde nie was, Ecclestone stand immer als Gewinner da - bis jetzt Malone und Carey kamen.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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