Formel-1-Boss erneut der Bestechung beschuldigt:Ecclestone droht Gefahr in Hockenheim

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Es ist eine riskante Reise: Formel-1-Chef Ecclestone will zum Rennen am Hockenheimring kommen. Obwohl der Brite ein deutsches Gerichtsverfahren fürchtet - er könnte wegen Bestechung verurteilt werden. Müsste die Staatsanwaltschaft nicht zugreifen, wenn er schon mal im Land ist?

Klaus Ott

Bernie will kommen, das hat er selbst so erklärt. Der Brite hat auch schon einige Termine vereinbart im "Mobilhome", seinem rollenden Büro, Wohnzimmer und Schlafgemach, mit dem er von Rennstrecke zu Rennstrecke reist. An diesem Wochenende gastiert die Formel 1 auf dem Hockenheimring in Deutschland. Und wenn Bernie Ecclestone, der Chef des Motorsport-Spektakels, dort wie gewohnt Hof hält, dann könnte er sogar Weltmeister Sebastian Vettel aus den Schlagzeilen verdrängen.

Formel-1-Chef-Ecclestone fürchtet die deutsche Justiz. Trotzdem will er zum Rennen am Hockenheimring kommen. (Foto: dpa)

Denn hinter Bernie, wie ihn die meisten einfach nennen, sind ja nicht nur viele Geschäftsleute her, die an der Formel 1 mitverdienen wollen. Sondern auch Münchner Staatsanwälte, die ein ganz anderes Ziel haben. Sie möchten Mr. "Ekkelst'n", so sprechen sie seinen Namen aus, offenbar vor Gericht bringen.

Was derzeit bei den Ermittlungen gegen Ecclestone geschieht, das soll mindestens genauso heiß sein wie Vettels Reifen nach ein paar Rennrunden mit Tempo 300. Insider berichten, die Münchner Staatsanwaltschaft treibe ihre Untersuchungen in diesem Fall "mit Hochdruck" voran. Mehrere Zeugen seien vernommen worden. Der wichtigste Belastungszeuge, der frühere Spitzenbanker Gerhard Gribkowsky, hat auch schon ausgesagt.

Gribkowsky bekräftigt Vorwürfe gegen Ecclestone

Gribkowsky soll bei der Staatsanwaltschaft wiederholt haben, was er vor einigen Wochen als Angeklagter in seinem eigenen Prozess am Landgericht gestanden hat: dass er von Ecclestone mit 44 Millionen Dollar geschmiert worden sei. Gribkowsky hatte mal viel mitzureden in der Formel 1. Ecclestone soll ihn bestochen haben, um seine Position als Renn-Chef zu sichern.

Der frühere Banker ist wegen Bestechlichkeit und weiteren Delikten zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nun braucht ihn die Staatsanwaltschaft als Belastungszeugen, um Ecclestone den Prozess machen zu können. Dass Gribkowsky da offenkundig mitspielt, ist für die Ermittler ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einer Anklage gegen den Formel-1-Chef.

Der wiederum lässt über seine deutschen Anwälte Sven Thomas und Norbert Scharf nichts unversucht, um ein Gerichtsverfahren doch noch abzuwehren. Thomas und Scharf tragen der Staatsanwaltschaft vor, die 44 Millionen Dollar seien kein Schmiergeld, sondern Schweigegeld gewesen. Ihr Mandant sei von Gribkowsky erpresst worden.

Weder Ecclestones Verteidiger noch die Staatsanwaltschaft äußern sich zum Stand der Dinge. Der sieht angeblich so aus, dass auch darüber diskutiert wird, ob sich der britische Formel-1-Chef einem Prozess in Deutschland stellen würde. Die Kernfrage laute: "Kommt Ecclestone zu einem Gerichtsverfahren in München?"

Das sagt ein Jurist, der Einblick hat in das Geschehen. Der Fall ist kompliziert. Deutsches und britisches Recht sind nicht deckungsgleich. Und ob die Behörden in London ihren eigenen Staatsbürger ausliefern würden, sei dahingestellt.

Ecclestone hat über seine Anwälte wiederholt versichert, er komme jederzeit, wenn die deutsche Justiz ihn sprechen wolle. Allerdings war das bislang immer mit der Forderung nach freiem Geleit verbunden. So hat es Anwalt Thomas im Oktober 2011 in einem Brief an die Münchner Staatsanwaltschaft notiert, bevor sein Mandant im Prozess gegen Gribkowsky als Zeuge aussagte.

"Keinerlei Maßnahmen" gegen Ecclestone?

Er gehe davon aus, dass die Ermittlungsbehörde "keinerlei Maßnahmen" gegen Ecclestone ergreife, wenn dessen Darstellung mit der Sichtweise der Strafverfolger kollidiere. Der Renn-Boss durfte München wieder verlassen.

Käme es zum Prozess gegen den Formel-1-Chef, dann könnte die Justiz natürlich nicht mehr zusichern, den Briten hinterher wieder gehen zu lassen. Man stelle sich vor, Ecclestone würde zu Gefängnis verurteilt und ihm wäre vorher freies Geleit versprochen worden. Unmöglich.

Was aber ist, wenn der Brite nicht zusagt, sich einem Verfahren in München zu stellen und jetzt zum Hockenheimring kommt, um dort seine Geschäfte zu machen? Müsste die Staatsanwaltschaft dann nicht zugreifen, um ihn erst einmal zu haben? Das befürchtet Ecclestone offenbar nicht. Er will kommen.

© SZ vom 20.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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