Forderung nach Trennbanken:Bankenlobby knickt vor Politik ein

Links die Zocker, rechts die langweiligen Geschäftskunden: Bisher nahmen die Geldhäuser die Pläne der EU nicht ernst, Handels- und Kundengeschäft zu trennen. Doch nun ahnt die Bankenlobby, dass sich ihre Branche verändern muss.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Lange Zeit winkten die Banker ab, wenn das Wort "Trennbankensystem" fiel. So eine radikale Spinnerei werde doch niemals umgesetzt, sagten sie, landauf, landab. Denn schließlich ist die Idee, Geldhäuser in zwei Teile zu teilen - in das Kundengeschäft und in das Handelsgeschäft - ein Frontalangriff auf das Geschäftsmodell vieler Häuser in Europa.

Niemand in der Branche konnte sich vorstellen, dass die Politik so weit gehen würde, einen solchen Vorschlag in Erwägung zu ziehen. Doch der Wind hat sich gedreht.

Das ist jetzt auch den Bankern klar geworden. "Man wird von dem Trip nicht mehr herunterkommen. Da wird irgendwas ins Schaufenster gestellt werden", sagte Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), am Freitag in Frankfurt. Er vertritt mit der Deutschen Bank und der Commerzbank zwei Banken, die von dem Vorschlag betroffen wären.

Kemmer reagierte damit auf eine Reihe von Äußerungen in der Politik in den vergangenen Wochen. Zuletzt hatte sich der deutsch-französische Ministerrat in dieser Woche für die Umsetzung eines Trennbanken-Systems nach dem Modell einer Kommission um den finnischen Notenbankchef Erkki Liikanen ausgesprochen.

Die hochkarätig besetzte Expertengruppe hatte im Auftrag der EU-Kommission im Herbst 2012 den Vorschlag präsentiert, das Handelsgeschäft vom Rest der Bank abzutrennen. Es soll jedoch nicht völlig herausgelöst werden, sondern in einer rechtlich selbständigen Einheit unter einem Holding-Dach verbleiben können.

Seitdem das Papier vorgelegt wurde, trauten sich immer mehr Befürworter aus der Deckung. Dass es die SPD begrüßte, war nicht überraschend, da sich Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schon zuvor für eine wesentlich radikalere Variante eines Trennbankenmodells ausgesprochen hatte. Aber dass sich im Januar sogar die Unions-Fraktion dafür aussprach, den Liikanen-Vorschlag ernst zu nehmen, machte die Strahlkraft des Papiers deutlich.

"Die Banken haben das Thema lange völlig unterschätzt", heißt es in Aufsichtskreisen. Inzwischen hätten sie aber gemerkt, dass die Debatte für sie erhebliche Konsequenzen haben könnte.

Diese Pläne sind in der Diskussion

Dazu trägt auch die Aufsicht selbst bei: Die Bafin hat sich jüngst zwei Banken herausgepickt und lässt exemplarisch berechnen, was passieren würde, wenn sie Liikanen anwenden müsste. Bafin-Präsidentin Elke König gehört zu den Befürwortern von Liikanen - wenn auch mit einer leisen Zurückhaltung: Eine strukturelle Trennung allein reiche nicht, um systemische Risiken aus der Welt zu schaffen, hatte König zu Beginn der Woche gesagt.

In diese Richtung argumentiert auch BdB-Chef Kemmer: "Wir dürfen die Diskussion nicht auf die letzte Finanzkrise verengen. Wenn man sich ansieht, was in früheren Krisen Banken zum Fallen brachte, so waren das ganz simple Kredite." Eine Trennung unter dem Holding-Dach könnte das Gleichgewicht der Bankenstruktur zerstören, fürchtet Kemmer.

Welche Variante des Trennbankensystems die Politik bevorzugen wird, ist noch völlig offen. Schließlich sind international auch andere Modelle im Gespräch: So etwa wollen die Briten das Privatkundengeschäft mit Schutzwällen umziehen, die Amerikaner wollen aus der Investmentbank lediglich den Eigenhandel ausklammern, also Geschäfte ohne Kundenauftrag.

Der Frankfurter Bankenprofessor Jan Pieter Krahnen, der als einziger Deutscher der Liikanen-Kommission angehörte, fürchtet, dass die Vorschläge verwässert werden: "Was vorbereitet wird, ist eine Art 'Liikanen light'." Es werde wohl auf eine Abtrennung des reinen Eigenhandels hinauslaufen, so wie es in den USA passiert. Doch angesichts der Erfahrungen dort habe sich die Kommission bewusst gegen diese Lösung entschieden. "Das ist etwas, wovon wir abgeraten haben. Das macht viel Aufwand und bringt wenig Nutzen", sagte Krahnen.

Kemmer rechnet damit, dass ein erster Vorstoß in Berlin noch vor der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs kommen wird. "Da wird kein Vierteljahr mehr ins Land gehen", so der Lobbyist.

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