Produktion von Eiern:Legehennen geht es mies - egal, wie sie gehalten werden

Legehennen in Niedersachsen

Fast paradiesische Zustände auf dem Hühnerhof. Doch das Bild täuscht, so viel Auslauf wie hier haben nur wenige Legehennen in Deutschland.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Egal ob Käfig-, Boden-, Freiland- oder Biohaltung: Keine dieser Formen garantiert eine tiergerechte Haltung. Das zeigt eine Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch.
  • Zwar kaufen Verbraucher trotz höherer Preise vermehrt Eier aus Freiland- oder Biohaltung, der Konsum an Käfigeiern ist dennoch weiterhin hoch.
  • Denn für bereits verarbeitete Eier wie etwa in Süßwaren, Kuchen, Nudeln oder Fertigprodukten gibt es keine Kennzeichnungspflicht. Etwa die Hälfte aller verzehrten Eier gehen auf das Konto dieses versteckten Konsums.

Analyse von Silvia Liebrich

Als die Comedian Harmonists neidvoll das glückliche Hühnerleben besangen, konnten sie nicht ahnen, wie wenig davon gut achtzig Jahre später übrig bleiben würde. In modernen durchrationalisierten Ställen ist kein Platz mehr für ein beschauliches Leben, schon gar nicht für Legehennen. So gesehen klingt die Textzeile "ich wollt' ich wär ein Huhn und hätt' nicht viel zu tun" inzwischen mehr wie eine Drohung. Ein Dasein als Huhn würde sich heute sicher kein Mensch wünschen.

Legehennen leben in den meisten großen Ställen mehr schlecht als recht, und das gilt nicht nur für die umstrittene Käfighaltung. Egal ob Käfig-, Boden-, Freiland- oder Biohaltung: keine dieser Formen garantiert eine tiergerechte Haltung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch. Eklatante Missstände gibt es demnach in allen Bereichen. "Die Verbraucher können anhand der Kennzeichnung zwar zwischen verschiedenen Haltungsformen wählen, aber nicht gezielt Eier von gesunden Hennen kaufen", kritisiert Luise Molling, Tierschutzexpertin von Foodwatch.

Käfigeier sind verpönt, doch der Verbrauch ist hoch

Selbst in der Biohaltung sind die Hennen laut Studie nicht zwangsläufig gesünder, auch wenn sie mehr Platz haben als die meisten ihrer Artgenossen. Weit verbreitet in allen Haltungsformen sei Federpicken und Kannibalismus, heißt es weiter. Diese Verhaltensstörungen treten auf, wenn Tiere nicht artgerecht gehalten werden. Usus ist es auch ausnahmslos, männliche Küken zu töten. In allen Haltungsformen werden Turbohennen eingesetzt, die seit Jahrzehnten auf Hochleistung getrimmt werden und bis zu 300 Eier pro Jahr legen - üblich sind bei normalen Rassen 20 bis 180 Eier pro Jahr. Der Stress und die Überzüchtung machen Hybrid-Hennen, die aus verschiedenen Inzuchtlinien entstanden sind, besonders krankheitsanfällig. Bio-Halter und konventionelle Halter kaufen Küken meist bei den gleichen Anbietern ein. Eine große Wahl bleibt ihnen nicht. Nur fünf große Züchter haben den Markt in Deutschland laut Studie unter sich aufgeteilt.

Foodwatch fordert strenge Vorgaben vom Gesetzgeber. "Er muss die bestmögliche Haltungsform als Mindeststandards vorschreiben", meint Molling. Hier sei Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) in der Pflicht. Er müsse sich in Brüssel dafür einsetzen. "Die EU ist politisch für die Verbesserung des Tierschutzes zuständig und sogar rechtlich dazu verpflichtet", bestätigt der Völkerrechtler Professor Tobias Stoll in einem Gutachten für Foodwatch. Die Verbraucherschützer wollen nun mit einer Unterschriftenaktion Druck machen.

Keine Kennzeichnung für verarbeitete Eier

Für viele Konsumenten dürften die Ergebnisse der Studie frustrierend sein. Haben sie doch in den vergangenen Jahren ihr Einkaufsverhalten verändert, in dem Glauben, dass sie damit einen Beitrag zum Tierwohl leisten. Eier aus der besonders umstrittenen Käfighaltung lassen die meisten Verbraucher inzwischen im Regal liegen, obwohl sie am billigsten sind. Bei dieser Form haben die Tiere am wenigsten Platz. Erlaubt sind 13 Hennen pro Quadratmeter - zum Vergleich: in der Biohaltung sind nur sechs Hennen zulässig. Zwar ist die Käfighaltung in Legebatterien seit 2009 in Deutschland verboten. Eine Käfighaltung in Kleingruppe mit 40 bis 60 Tieren ist aber vermutlich erst ab 2025 nicht mehr erlaubt. Trotz der höheren Preise sind viele Käufer auf Eier aus Boden-, Freiland- oder Biohaltung umgestiegen, entgegen den Prognosen der Geflügelindustrie. Der Wandel ist deutlich. Lag der Anteil von Käfigeiern im Handel 2008 laut Statistik noch bei 39 Prozent der Verkäufe, so sind es heute nur noch gut zwei Prozent. Mehr als verdoppelt hat sich der Anteil von Eiern aus Bodenhaltung auf 62 Prozent. Nur leicht zugelegt hat dagegen der Absatz von Bio- und Freilandeiern. Die Wahl beim Einkauf haben Verbraucher aber nur, weil vor gut zehn Jahren eine Kennzeichnung für unterschiedliche Haltungsformen eingeführt wurde.

Trotzdem ist der Konsum an Käfigeiern nach wie vor viel höher als den meisten Konsumenten bewusst sein dürfte. Dies liegt daran, dass die Kennzeichnungspflicht lückenhaft ist. Im Schnitt verzehrt jeder Bundesbürger pro Jahr 218 Eier, mehr als die Hälfte davon ist jedoch versteckter Konsum. Dabei geht es um die Eier, die in Süßwaren, Kuchen, Nudeln oder anderen Fertigprodukten landen. Woher sie stammen, muss in dem Fall nicht ausgewiesen werden. Das gilt gleichwohl für die Haltungsform und den Herkunftsort. So wird auch verschleiert, dass ein Teil der in der Lebensmittelproduktion verwendeten Eier aus dem Ausland kommt. Ein Drittel ist nach EU-Angaben Importware, und die ist meist billiger als deutsche. Die Haltungsvorschriften innerhalb der EU sind höchst unterschiedlich. Über eine Kennzeichnung für verarbeitete Eier wird in Brüssel schon länger debattiert. Vorstöße sind bisher jedoch am Widerstand der Lobby gescheitert.

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