Flughafen-Privatisierungen in Osteuropa:Goldgruben zu verkaufen

Auf Osteuropas Flughäfen rollt eine Privatisierungswelle zu. Die großen Betreibergesellschaften stehen schon Schlange - denn der Markt verspricht hier Renditen wie nirgendwo sonst.

Konrad Fischer

Der Kampf um den Einstieg beim mazedonischen Flughafen Skopje wird ein harter, glaubt Peter Rothmann. Der Analyst der Unternehmensberatung A.T. Kearney beobachtet den osteuropäischen Flughafenmarkt seit Jahren und ist sich sicher: "Hier wird es noch viel Bewegung geben." Der bevorstehende Bieterkampf um die 300 Millionen Euro schwere Beteiligung am Flughafen in der mazedonischen Hauptstadt steht stellvertretend für einen Wachstumsmarkt, der Begehrlichkeiten weckt wie kaum ein anderer.

Flughafen-Privatisierungen in Osteuropa: Direktflug Richtung Rendite: Osteuropäische Flughäfen sind bei Investoren beliebt.

Direktflug Richtung Rendite: Osteuropäische Flughäfen sind bei Investoren beliebt.

(Foto: Foto: dpa)

Nachdem es vor einigen Jahren die ersten Privatisierungen in Russland, Ungarn und Albanien gegeben hatte, rollt jetzt die zweite Welle - und die könnte die ganze Region mitreißen.

Als nächstes steht mit dem Prager Flughafen ein echtes Schwergewicht auf dem Einkaufszettel der Investoren. Den zweitgrößten Flughafen in Ostmitteleuropa will die tschechische Regierung in der zweiten Hälfte des Jahres losschlagen. Geschätzter Preis: Gut drei Milliarden Euro. Danach folgen lukrative Privatisierungen in Bukarest und Pristina.

Und die werden ähnlich umkämpft sein wie die Anteile in Skopje. So legten die Passagierzahlen am Flughafen Bukarest im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent auf 4,9 Millionen zu, für die kommenden Jahre rechnet Flughafen-Chef Gabriel Tara immer noch mit einem Wachstum zwischen 20 und 25 Prozent. "Wir werden weiter wachsen, auch wenn die Einmaleffekte durch den Beitritt zur EU wegfallen."

Erfolgsmodell Domodedowo

Auch die russische Regierung denkt über die Privatisierung einzelner Flughäfen nach. In mehreren Reden hat der scheidende Präsident Wladimir Putin private Investoren zu finanziellem Engagement aufgefordert. Aus gutem Grund - denn bisher hat man damit in Russland gute Erfahrungen gemacht. Der 2004 privatisierte Flughafen in der Schwarzmeerstadt Sotschi verzeichnet seit Jahren steigende Passagierzahlen, der 1998 in ruinösem Zustand verpachtete Flughafen Domodedowo in Moskau ist heute der größte der drei Hauptstadt-Airports.

"In Russland liegt ein riesiges Potential", glaubt Rothmann, "von den 145 Flughäfen des Landes könnten 20 bis 30 mittelfristig hohe Passagierzahlen erreichen." Mit Ausnahme der Airports in den Metropolen Moskau und Sankt Petersburg werden die Flughäfen für den Passagierverkehr bisher jedoch kaum genutzt.

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Goldgruben zu verkaufen

"Alle setzen auf Wachstum"

"Auch Beteiligungen an Flughäfen, die nicht in potentiellen Urlaubsregionen oder wirtschaftlichen Zentren liegen, können interessant sein", sagt Donatella Gasser vom Finanzinvestor Hochtief Airport (HTA), einer Tochter des Essener Baukonzerns Hochtief, die zuletzt mit Engagements in Budapest und der albanischen Hauptstadt Tirana gute Erfahrungen gemacht hat. So waren es vor allem wohlhabende Exil-Albaner, die dem Flughafen Tirana im vergangenen Jahr ein Passagierwachstum von gut 16 Prozent bescherten. Ganz zur Freude des Betreibers HTA, der sich auch in der Zukunft in Osteuropa in einer "aktiven Position" sieht.

Damit steht HTA nicht alleine da. "Alle großen Spieler setzen auf Wachstum", sagt Berater Rothmann. Schließlich befindet sich der Großteil der Flughäfen in Osteuropa noch in staatlicher Hand, Wer später im Wettbewerb nicht untergehen will, muss sich schon jetzt bei der Privatisierung die wertvollen Anteile sichern.

Flughäfen profitieren vom Wirtschaftsboom

"In vielen osteuropäischen Ländern kommt eine ganze Reihe positiver Faktoren zusammen", sagt Rothmann. Die Fluggastzahlen steigen seit Jahren auf überdurchschnittlichem Niveau, viele Flughäfen liegen noch weit hinter ihrem Potential, glaubt der Experte.

So legten die Fluggastzahlen im vergangenen Jahr in Ost- und Südosteuropa um knapp sechs Prozent zu, weltweit waren es nur gut vier Prozent. Auch das jährliche Passagieraufkommen pro Einwohner - eine in der Branche wichtige Kennzahl - liegt in den meisten osteuropäischen Ländern noch unter 1,0, im EU-Durchschnitt beträgt sie 2,65. "Wenn die Wirtschaft in Osteuropa weiter wächst, werden die osteuropäischen Länder langfristig ebenfalls dieses Niveau erreichen", ist sich Rothmann sicher.

Hinzu kommt, dass Osteuropas Flughäfen nur einen minimalen Teil ihres Umsatzes im sogenannten Non-Aviation-Bereich machen. Damit werden Umsätze bezeichnet, die durch die Vermietung von Ladenflächen in den Terminals entstehen. Während sich große internationale Flughäfen inzwischen auch zu bedeutenden Einkaufszentren entwickelt haben, beschränken sich viele osteuropäische Flughäfen noch auf die Passagierabfertigung.

"Da bekommt man zwar einen Kaffee und die Stange Zigaretten, das war es dann aber auch", weiß Rothmann aus eigener leidvoller Erfahrung. Dabei wird gerade dieser Markt für die Umsätze von Flughäfen immer wichtiger. So macht der Non-Aviation-Bereich an den Flughäfen Oslo und Kopenhagen knapp 50 Prozent des Gesamtumsatzes aus, in München sind es bereits 45 Prozent. Pro Passagier liegt der Umsatz in Oslo bei gut 10 Euro, der russischen Vorzeigeairport Domodedowo kommt gerademal auf 2,50 Euro. Rothmann: "In diesem Bereich ist ein immenses Wachstum zu erwarten."

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