Fluggesellschaften:Jets ohne Triebwerke

Flugzeug

Es wird immer mehr geflogen - doch die Piloten fehlen.

(Foto: dpa)
  • Weltweit wird immer mehr geflogen, deshalb sind ausgebildete Piloten Mangelware.
  • Auch bei den Flugzeugen gibt es Engpässe: Lufthansa wartet auf neue Airbus-Modelle, Eurowings auf die Air-Berlin-Flieger.

Von Jens Flottau

Wetter, Flugsicherung, schlechte Flughafen-Infrastruktur - vor allem damit begründen die Airlines die großen Probleme. Es stimmt zwar, dass in diesem Frühjahr ungewöhnlich viele heftige Gewitter den Flugbetrieb erschwerten und Lotsenstreiks Chaos hervorriefen. Allein Easyjet musste im Juni deswegen rund 1300 Flüge streichen, fünfmal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn auch intern herrscht bei Lufthansa, ihrem Billigableger Eurowings und vielen anderen Anbietern wie Condor derzeit großer Mangel - an Flugzeugen und Piloten.

Lufthansa selbst ist stark betroffen von den Lieferverzögerungen beim Airbus A 320neo. Die Fluggesellschaft hat 67 der mit neuen, deutlich sparsameren Motoren ausgestatteten Jets bestellt. Derzeit fliegt Lufthansa zehn der Maschinen, sechs weniger als geplant. Bis Jahresende fällt die Airline voraussichtlich auf zehn Flugzeuge hinter den Plan zurück, sie fliegt dann nur 16 statt 26. Der Grund: Vor den Airbus-Werken in Toulouse und Hamburg stehen derzeit etwa hundert nahezu fertige Maschinen am Boden und warten auf Triebwerke. Die Hersteller CFM International und Pratt & Whitney kommen mit der Produktion nicht hinterher. Pratt musste die Motoren wegen technischer Schwierigkeiten umrüsten und konnte die eigenen Lieferversprechen nicht mehr einhalten. Laut Lufthansa sind Lieferverzögerungen, fehlende Ersatzteile, immer wieder neu angeordnete Inspektionen und Modifikationen verantwortlich. Das Unternehmen ist "besorgt", dass die Neo-Jets "immer noch nicht stabil" laufen. Der Engpass sei deutlich zu spüren. Lufthansa sah sich sogar gezwungen, ältere Versionen der A 320-Familie nachzukaufen. Bezahlt hat sie für die Jets vermutlich kaum etwas, sie kann den Kaufpreis mit den fälligen Entschädigungen verrechnen.

Auch bei Eurowings fehlen Flugzeuge. Der Konzernableger sollte nach der Pleite von Air Berlin im November 2017 etwa 70 ehemalige Air-Berlin-Jets übernehmen. Doch das dauert. Eurowings beklagt, dass sie Wartungsarbeiten nachholen musste, die bei Air Berlin bis zum letzten erlaubten Moment hinausgezögert wurden, um Geld zu sparen. Und dann schlägt die geplatzte Übernahme der österreichischen Linie Niki sowie die abgesagte Allianz mit ihrer Nachfolgegesellschaft Laudamotion voll durch. Plötzlich fehlten acht Flugzeuge, die für den Sommer eingeplant waren.

Bei den Piloten ist die Lage ebenfalls schwierig. Weltweit herrscht wegen des starken Wachstums im Luftverkehr ein Mangel an Kapitänen, der zu einem Dominoeffekt führt: Erste Offiziere werden schneller befördert und müssen dann in ihren bisherigen Jobs ersetzt werden. Lufthansa hat das Spezialproblem, dass sie während des langjährigen Tarifkonflikts mit der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) überhaupt keine neuen Piloten eingestellt hat. Mittlerweile herrscht Mangel - die Bestandspiloten fliegen so viel wie nie zuvor und warten auf den Nachwuchs, der gar nicht so schnell geschult werden kann, wie er benötigt würde.

Bei Eurowings laufen die Schulungen ebenfalls auf Hochtouren. Anfangs zögerten zahlreiche ehemalige Air-Berlin-Piloten zu wechseln, mittlerweile haben viele die neuen Arbeitsverträge doch unterschrieben, weil sie einen Job in Deutschland haben wollten. Eurowings steht dennoch mit vielen Airlines im Wettbewerb um Nachwuchs. Gerade in Asien locken einige Linien mit Traumgehältern, die ein europäischer Billig-Carrier nicht bieten kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: