Flüchtlinge:Ein Zuschussgeschäft

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Ifo-Chef Fuest warnt vor finanziellen Belastungen. Das Gros niedrigqualifizierter Zuwanderer wird aus Sicht des Staates immer ein Zuschussgeschäft bleiben.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der ideale Flüchtlinge ist 25 Jahre alt und gut ausgebildet. Er verdient überdurchschnittlich gut und wandert mit 65 Jahren in seine Heimat zurück. "Aber ich denke, wir sind uns einig, dass es davon nicht viele gibt." Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, meinte es durchaus ernst, als er am Montag in Berlin auf die Folgen des Flüchtlingszustroms für die Staatsfinanzen zu sprechen kam. Das Bundesfinanzministerium hatte zur Konferenz "Demografie als Herausforderung für die öffentlichen Finanzen" gerufen und den Ifo-Chef als Redner engagiert.

Fuest gab die gewünschten Impulse. Beispielsweise den, dass die Zuwanderung für die öffentlichen Finanzen "nur dann ein Geschäft ist, wenn der Zuwanderer, der kommt, mehr verdient als der Durchschnitt, weil das Geld immer von oben nach unten verteilt wird". Oder, anders gesagt, niedrigqualifizierte Zuwanderer würden aus Sicht des Staates immer ein Zuschussgeschäft bleiben.

Die Daten, die Fuest präsentierte, legen nahe, dass es genau so kommt. Mehr als sechzig Prozent der 8-Klässler, die aus Syrien eingewandert sein, hätten keine adäquaten Kenntnisse in Schreiben, Rechnen und lesen. Nur wenig besser stünden die jugendlichen aus Albanien und Mazendonien da. Dennoch sei es wichtig, alle Zuwanderer zu integrieren, je schneller, desto besser. Für jedes Jahr, das es schneller gehe, spare der Staat rund zehn Milliarden Euro jährlich. Fuest bezifferte die staatlichen Startkosten je Flüchtling im Jahr 2015 auf rund 20 000 Euro. Sein Fazit fiel ernüchternd aus. Die Zuwanderung könne die fiskalischen Probleme des demografischen Wandels in Deutschland nicht entschärfen. Im Gegenteil: Einmalig entstünden dem Staat zusätzliche Haushaltskosten in Höhe von 150 bis 240 Milliarden Euro.

Fuest wies zudem darauf hin, dass die alternde Gesellschaft in Deutschland das Wachstum verlangsamen könnte. Studien zufolge dürfte etwa ein Prozentpunkt verloren gehen. Die Alterung reduziere die Innovationsfähigkeit, es würden weniger Unternehmen gegründet und weniger ins Risiko gegangen. Zudem besäßen alternde Menschen zuerst vermehrte, später jedoch deutlich verringerte Ersparnisse. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Mehrheit an alternden Wählern auch politische Zugeständnisse wie zusätzliche staatliche Leistungen durchsetzen werde.

Der Vortrag des Ökonomen, der auf Zahlen und Daten basierte, endete dennoch mit einer politischen Handlungsaufforderung. "Es dürfen keine Reformen zurückgenommen werden", forderte Fuest. Die derzeit gültige Rentenformel sorge für einen Ausgleich zwischen steigenden Beiträgen und sinkendem Rentenniveau. Die Regelaltersgrenze müsse um mindestens ein Jahr erhöht werden, wenn die Lebenserwartung um zwei Jahre steige. Zudem müsse die kapitalgedeckte Altersvorsorge beibehalten werden.

© SZ vom 31.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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