Flüchtlinge in Deutschland:Der schwierige Weg zum eigenen Konto

Banken Flüchtlinge Geldautomat

Manche Banken planen eigene Kontomodelle für Flüchtlinge, die keine Ausweisdokumente mitnehmen konnten.

(Foto: Marc Müller/dpa)
  • Die Banken-Aufsicht hat die Lockerung einiger Bedingungen veranlasst, damit Flüchtlinge in Deutschland leichter ein Konto eröffnen können.
  • Die neuen Regeln sind jedoch freiwillig.
  • Die Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen setzen die Vorgaben um, einige Privatbanken entscheiden weiterhin "im Einzelfall".

Von Felicitas Wilke

Zur Zeit ist in den Passauer Sparkassen-Filialen mehr los als sonst. Denn neben den bestehenden Kunden reihen sich auch viele Flüchtlinge in die Schlange am Schalter ein, um ein Konto zu eröffnen. Ein Konto, das sie brauchen, um ihre staatlichen Hilfen zu erhalten oder eine Überweisung an den Sportverein zu veranlassen.

"Wir nehmen wahr, dass die meisten Flüchtlinge zu uns kommen", sagt ein Sprecher der Sparkasse Passau. 750 Konten für Flüchtlinge hat das Institut in diesem Jahr bereits eröffnet.

In den vergangenen Monaten standen Asylbewerber immer wieder vor Problemen, wenn es darum ging, ein Bankkonto zu erhalten. Mal wurden sie wegen der Sprachbarriere von den Geldhäusern abgewiesen, mal waren fehlende Ausweisdokumente der Grund.

Viele Flüchtlinge besitzen keine Dokumente

Um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zu vermeiden, müssen die Banken ihre Kunden eigentlich gut kennen; sie sollen sich mit einem Ausweis oder Pass identifizieren können. Viele Flüchtlinge besitzen aber keines dieser Dokumente. Das Bundesfinanzministerium reagierte auf dieses Dilemma im Juni und teilt den Banken mit, dass auch Papiere akzeptabel sein, die allein auf den Angaben der Flüchtlinge beruhen.

Vor einem guten Monat wandte sich auch die für die Bankenaufsicht zuständige Behörde Bafin mit einem Schreiben an die Banken. Seitdem dürfen Institute Duldungspapiere akzeptieren, die den Briefkopf und das Siegel des zuständigen Amts tragen und unterschrieben sind. Eine Beanstandung von Seiten der Behörde haben sie nicht zu befürchten.

Gesagt, getan? Nicht ganz.

Während die Dachverbände der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen ihren Mitgliedern unmittelbar nach dem Bafin-Schreiben empfohlen hatten, die Regelung umzusetzen, reagierten die Privatbanken zurückhaltender. Ein Grund: Einige von ihnen sind weltweit tätig, sie unterliegen nicht nur dem deutschen Recht, sondern auch ausländischen Geldwäschegesetzen.

Privatbanken berufen sich auf internationales Recht

"Das Schreiben der Bafin kann das internationale Recht nicht aushebeln", sagt eine Sprecherin des privaten Bankenverbands BdB. Die Institute hätten keine Garantie dafür, dass Strafverfolgungsbehörden im Ausland die deutsche Regelung anerkennen würden. So erklärt ein Sprecher der Deutschen Bank, dass das Unternehmen "stets im Einzelfall" entscheide, ob ein Flüchtling ein Konto erhält. Ein Dokument der Ausländerbehörde oder ein anderes staatliches Schriftstück werde akzeptiert, ein auf eigenen Angaben basierendes Dokument nicht.

Bei der Hypo-Vereinsbank können Flüchtlinge "im Rahmen der internen und externen Regeln" ein Konto eröffnen, wie ein Sprecher mitteilt. Wie diese Regeln genau aussehen, lässt die Bank offen, "die erleichterten Bedingungen" von Seiten der Bafin akzeptiere das Institut aber. Die Commerzbank teilt mit, die auf eigenen Angaben beruhenden Papiere anzunehmen. Auch arbeite die Bank daran, die gelockerten Bafin-Regelungen umzusetzen - eine Risikoeinschätzung treffe das Institut aber weiterhin in jedem Fall, "unabhängig von der Herkunft", wie der Sprecher betont.

Konten auf Guthabenbasis

Die Postbank wolle nun auch die Bafin-Empfehlung umsetzen, sagt ein Sprecher. Sie plane, "relativ zügig" ein Kontomodell für Flüchtlinge zu schaffen. Im Gespräch sei ein Konto auf Guthabenbasis.

Für wie viele Flüchtlinge sie bislang ein Konto eröffnet haben, darüber schweigen die Banken. Einzelne Sparkassen sind auskunftsfreudiger, allein die Berliner Sparkasse gibt an, es in diesem Jahr bereits für 5000 Flüchtlinge ermöglicht zu haben. "Wir haben als Sparkassen einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, den wir auch annehmen", sagt ein Sprecher des deutschen Sparkassenverbands.

Kritik auch an den Sparkassen

Doch auch bei den Sparkassen gab es in letzter Zeit immer wieder Fälle von Flüchtlingen, die abgewiesen wurden. Darauf hatten unter anderem die Beratungsstellen der Diakonien hingewiesen. Dem Sprecher ist das bekannt, es habe sich aber um "absolute Einzelfälle" gehandelt, die gleich geklärt worden seien. Mittlerweile könne man erkennen, dass das Bafin-Schreiben zumindest teilweise nachhaltig wirke, heißt es beim Bundesverband der Diakonie.

Momentan ist es den Banken noch freigestellt, ob sie die gelockerten Bafin-Standards umsetzen. Voraussichtlich vom kommenden Frühjahr an erhalten Asylsuchende mit dem neuen Zahlungskontengesetz einen Rechtsanspruch auf ein Bankkonto.

Der Bankenverband spricht zwar davon, sich auch künftig auf internationale Geldwäschegesetze berufen zu wollen, der Bafin zufolge wird das aber nicht möglich sein: Eine in Deutschland tätige Niederlassung unterliege den hiesigen Gesetzen. Vom kommenden Jahr an könnte in der Passauer Sparkasse also wieder Normalbetrieb herrschen.

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