Am schlimmsten ist wahrscheinlich die eigene Hilflosigkeit, sagt Iris Baumgärtner. Bei Temperaturen von oft 40 Grad Celsius beginnt der Asphalt zu schmelzen, aus den Tiertransporten dringt ein grauenerregender Gestank. Sichtlich bewegt erzählt sie von ihren Eindrücken, die sie an der bulgarisch-türkischen Grenze gesammelt hat. "Die Tiere stehen tagelang in ihren Transportern, in brütender Hitze. Sie dürfen nicht raus, sie bekommen oft nichts zu trinken."
Baumgärtner empfängt die SZ-Reporter in ihrem Büro im rheinland-pfälzischen Langenlonsheim, südwestlich von Mainz. Im Garten springen Hunde umher, ein Dutzend Hühner scharrt in einem Verschlag. Von hier aus kämpfen Baumgärtner und die Aktivisten der Tierschutzorganisationen Animal Welfare Foundation sowie Eyes on Animals gegen Verstöße bei Tiertransporten.
Für Exporteure ist der Handel mit Schlacht- und Zuchttieren ein gutes Geschäft. 2015 importierte die Türkei lebende Rinder im Wert von etwa 300 Millionen Euro aus der EU. Für die Tiere dagegen werden die Transporte oft zur Tortur. Das zeigt eine Untersuchung der Tierschützer, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Die Aktivisten beobachteten an der türkischen Grenze zwischen 2010 und 2015 fast 500 Transporte aus 13 EU-Mitgliedsstaaten und kontrollierten 352 davon. Dabei stellten sie in 70 Prozent der Fälle Verstöße gegen geltendes EU-Recht fest, die meisten davon gravierend.
Manche Szenen haben sich der Tierschützerin Iris Baumgärtner eingebrannt, etwa die aus dem Inneren eines polnischen Transporters. In bestialisch stinkendem Matsch aus Stroh, Kot und Urin finden sie und ihre Kollegen völlig erschöpfte Jungbullen. Die Fahrer haben die Tiere aus Lettland abgeholt und sollen sie bis in den Irak fahren. Tausende Kilometer Strecke, die einige Tiere nicht lebend überstehen werden.