Finanzspritze als PR-Kosmetik:BenQ-Manager verschwiegen Finanzprobleme

Der Handy-Hersteller BenQ Mobile hat vor der Insolvenz finanzielle Probleme offenbar wochenlang verschleiert. Aus internen Dokumenten geht hervor, dass sich das Management bereits Mitte August der dramatischen Lage bewusst war. Zudem erwies sich eine Finanzspritze aus Taiwan jetzt als reine PR-Kosmetik.

Markus Balser

Um große Worte war das Management selten verlegen. Noch sechs Wochen vor der Insolvenz verbreitete die Führung des taiwanischen BenQ-Konzerns und seiner deutschen Mobilfunktochter Zuversicht: "BenQ-Mobile ist und bleibt eine wichtige Säule unseres Unternehmens", beteuerte BenQ-Chef Kuen-Yao Lee am 24. August vor Journalisten in Taipeh.

Finanzspritze als PR-Kosmetik: BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos (l.) und der Aufsichtsratsvorsitzende der BenQ Mobile Business Group, Jerry Wang, in besseren Tagen.

BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos (l.) und der Aufsichtsratsvorsitzende der BenQ Mobile Business Group, Jerry Wang, in besseren Tagen.

(Foto: Foto: ddp)

"Erhebliche Fortschritte beim Unternehmensumbau" bescheinigte sich auch BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos. "Mit Blick auf das Produktportfolio geht BenQ Mobile optimistisch in das Weihnachtsgeschäft", hieß es in einer Mitteilung.

Dass die Sanierungsmaßnahmen nicht ausreichten und BenQ Mobile Ende September Insolvenzantrag stellen musste, traf das Management unvorbereitet, so die bisherige Darstellung der Konzernführung. "Die Geschäftsleitung ist geschockt. Das ist eine Entscheidung mit der wir nicht gerechnet haben", hieß es.

Interne Dokumente, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, belegen jedoch: Nicht nur hohe Verluste und Probleme mit der Modellpalette, sondern auch gravierenden Zahlungsschwierigkeiten waren dem Management der Sparte viel früher bekannt, als angenommen.

"Wir haben Null Budget mehr."

Schon am 14. August stellte BenQ-Mobile-Finanzchef David Wang in einem Schreiben an seine engsten Vertrauten klar: "Wir haben Null Budget mehr."

Bereits im ersten Halbjahr habe die Sparte an Finanzmitteln aufgebraucht, was der Konzern für das Gesamtjahr zur Verfügung gestellt habe, schrieb Wang an Spitzenmanager von BenQ und BenQ-Mobile, darunter BenQ-Mobile-Chef Clemens Joos und der zuständige Vorstand der taiwanischen Mutter BenQ, Jerry Wang.

Der Finanzchef machte unmissverständlich klar, dass er der Sparte kaum noch Chancen gibt. "Unsere Liquidität könnte bald erschöpft sein", urteilte auch Wang. BenQ habe erklärt, dass die Vorgaben nicht mehr verhandelbar seien. "Weitere Finanzmittel waren nicht zu erwarten, das Aus damit besiegelt", erklärt ein Spitzenmanager.

Pure PR-Kosmetik

Ein schlechtes Licht werfen die Dokumente auch auf die Bemühungen der Konzernmutter zum Erhalt des Geschäftsfeldes. Eine Ende August öffentlich angekündigte Finanzspritze von 400 Millionen Dollar aus Taiwan entlarvt eine weitere Email des Finanzchefs als pure PR-Kosmetik.

BenQ-Manager verschwiegen Finanzprobleme

"In den Nachrichten heißt es, BenQ habe uns 400 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Das ist nicht wahr." BenQ habe lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für solche Zahlungen angekündigt. Ob sie jemals fließen, sei völlig unklar.

Insolvenzverwalter Martin Prager und das BenQ-Mobile-Management lehnten am Montag einen Kommentar zu den Vorgängen ab. "Die Aufarbeitung der BenQ-Mobile-Vergangenheit stehe erst am Anfang, sagte Prager."

Unterdessen wurden am Montag neue Vorwürfe gegen den Siemens-Konzern bekannt. Beim Verkauf seiner Handysparte soll das Unternehmen keine vertragliche Standortsicherung mit BenQ vereinbart haben. Report Mainz berichtete von einem entsprechenden Schreiben des Siemens-Vorstandschefs Klaus Kleinfeld an Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer.

No comment

Ein Siemens-Sprecher sagte dazu: "Was Vertragsklauseln betrifft, legen wir nichts offen." In dem Schreiben heißt es dem Magazin zufolge, die Weiterführung des Standortes Kamp-Lintfort bis Juni 2006 habe BenQ durch die Übernahme des Ergänzungstarifvertrages mit der IG-Metall zugesichert.

In dem Schreiben sei jedoch keine Rede von einer vertraglichen Standortsicherung mit Konventionalstrafen zwischen Siemens und BenQ.

Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer drängt den Elektrokonzern Siemens indes zu weiteren finanziellen Zugeständnissen für die Beschäftigten des Handy-Herstellers. "Wenn es in den nächsten 14 Tagen zu keiner Lösung kommt, denke ich, muss auch darüber nachgedacht werden, den Rücktritt von Herrn Kleinfeld und Herrn von Pierer auf die Tagesordnung zu setzen", sagte Neugebauer.

Gesamtfinanzierung noch nicht gesichert

Von den rund 3000 betroffenen Beschäftigten in Deutschland haben 2000 ihre Jobs verloren. Vertreter aus Wirtschaft und Politik hatten sich auf zwei Auffanggesellschaften für die betroffenen Mitarbeiter in Bayern und Nordrhein-Westfalen geeinigt, deren Gesamtfinanzierung aber noch nicht gesichert ist.

Bisher gebe es rund 1000 Widersprüche von Beschäftigten gegen den Betriebsübergang an BenQ, sagte ein IG-Metall-Sprecher. Nach dem Gesetz sei ein solcher Widerspruch zwar einen Monat nach Eingang der entsprechenden Information einzulegen. Die Widersprechenden gingen aber davon aus, dass diese Frist nie angefangen habe, da sie von Siemens nicht umfassend über den Betriebsübergang informiert worden seien.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: