Finanzminister drängt zu Reformen:Schäuble droht Griechenland

Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück: Gerade noch hatte Finanzminister Schäuble betont, er rechne nicht mit einem Staatsbankrott Griechenlands. Doch kurz vor dem EU-Gipfel gibt er sich unerbittlich: Wenn Griechenland seine Versprechen nicht einlöse, würde es eben kein Geld mehr bekommen. Der deutsche Druck kommt in Athen gar nicht gut an.

Es geht um 130 Milliarden Euro. Mindestens. So viel Geld soll Griechenland im Rahmen des zweiten Hilfspakets von der Europäischen Union bekommen. Fest steht das allerdings nicht, denn dieses Paket ist an Bedingungen geknüpft. Geld gibt es nur dann, wenn Athen mit den Reformen vorankommt. Auf dem EU-Gipfel an diesem Montag soll erörtert werden, ob das der Fall ist.

German Finance Minister Schaeuble attends Bundestag debate about proposed financial sector stabilisation laws in Berlin

Ohne die Umsetzung von Reformen seien Finanzhilfen sinnlos, sagt Schäuble. "Dann gibt es gar keine Summe Geld, die das Problem lösen kann."

(Foto: Reuters)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte in einem Interview mit dem Wall Street Journal davor, dass Griechenland möglicherweise keine weiteren Finanzhilfen von der Eurozone bekomme und damit zahlungsunfähig werden könnte, wenn es seine Reformversprechen nicht einlöst.

"Die Entscheidung muss Griechenland treffen", habe Schäuble auf die Frage geantwortet, ob die Euro-Zone das zweite Hilfspaket mit einem voraussichtlichen Volumen von mehr als 130 Milliarden Euro auszahlen oder zurückhalten sollte.

Die Europäer seien bereit, Griechenland auf diesem Weg mit allem, was dafür notwendig ist, beizustehen. Allerdings müsse Griechenland diese Maßnahmen auch umsetzen. Dazu benötige das Land sehr viel mehr Zeit als vor zwei Jahren noch angenommen. Ohne die Umsetzung von Reformen seien die Finanzhilfen sinnlos. "Dann gibt es gar keine Summe Geld, die das Problem lösen kann", sagte der CDU-Politiker.

Auf dem Wirtschaftsgipfel in Davos hatte Schäuble noch gesagt, die Verschuldung Athens solle bis im Jahr 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandproduktes gedrückt werden. Er sei zuversichtlich, dass das geschafft werden könne. Nun hört sich das alles ein wenig an, wie Lenin in seinem inzwischen mehr als 100 Jahre alten Werk "Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück".

Denn bislang gelingt Griechenland zumindest dem Anschein nach nur wenig. Seit Wochen verhandelt Athen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt, der ebenfalls Voraussetzung für das neue Hilfspaket ist. Die Verhandlungen über einen Schuldenerlass der Privatgläubiger von 50 Prozent der Forderungen stocken jedoch.

Auch der Bericht der Experten von EU-Kommission, IWF und EZB, also der sogenannten Troika, droht offenbar ungünstig auszufallen. Der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte jedenfalls in der vergangenen Woche, das griechische Programm sei "aus der Spur" geraten.

Steinbrück: Plan B notwendig

Schäubles Vorgänger, der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezweifelt denn auch, dass Griechenland überhaupt zu retten ist. "Als deutscher Finanzminister würde ich mich auf einen Plan B vorbereiten", sagte er der Passauer Neuen Presse. Man dürfe die Insolvenz und das Ausscheiden aus der Euro-Zone nicht herbeireden. "Aber man muss auch diesen Fall einkalkulieren", sagte Steinbrück.

Er warnte: "Es dürfte sehr schwierig werden, die Konsolidierungsziele in Griechenland zu erreichen. Die Europäer werden die vereinbarten Voraussetzungen zurechtbiegen müssen, um den nächsten 130-Milliarden-Euro-Schirm zu bewilligen."

Für Griechenland sei nun die letzte Möglichkeit, "bei der Umsetzung der Konsolidierung zu liefern". "Einem dritten Rettungspaket werden viele europäische Länder nicht mehr zustimmen", sagte Steinbrück.

Der Druck aus Europa stößt freilich in Griechenland auf wenig Gegenliebe. Nun erboste viele die Idee, ein Sparkommissar könnte im Auftrag Europas in dem Land nach dem Rechten schauen. Er solle den Haushalt überwachen und mit Hilfe eines Vetorechts die Reformen in Griechenland mit durchsetzen.

Selbst seriöse Blätter wie die Athener Zeitung To Vima reagierten scharf: Sie nennt den Plan ein "Dokument der Schande" und titelte: "Merkel fordert die bedingungslose Kapitulation der griechischen Finanzen." Der griechische Abgeordnete Evangelos Antonaros sagte im Deutschlandradio, "dass Politiker in Berlin Worte benutzen, die zurzeit unangebracht sind". Kommentatoren im griechischen Fernsehen sprachen gar von einem "Gauleiter", den Berlin in Griechenland einsetzen wolle.

Allerdings ist in der Euro-Zone nach Darstellung der Bundesregierung noch gar keine Entscheidung über eine stärkere Kontrolle des griechischen Sanierungsprogramms bis hin zur Einsetzung eines Sparkommissars gefallen.

Zurzeit würden eine Reihe von Vorschlägen besprochen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus. Darunter sei auch die Idee, die mit der Überprüfung der griechischen Sparfortschritte beauftragte Troika-Mission aus EU, IWF und EZB mit Befugnissen auszustatten. Denkbar sei auch eine Regelung, die dem Schuldenabbau in Griechenland absolute Priorität einräume.

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