Finanzmarkt:Der lange Weg bis zur Fusion

Deutsche Börse

Zentrale der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt: Die Fusion mit dem Rivalen aus London muss noch wichtige Hürden nehmen.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Deutsche Börse und die London Stock Exchange legen ihre Pläne vor. Aber noch gibt es viele Hindernisse: den möglichen Brexit, die Aufsichtsbehörden - und Kritik aus Deutschland.

Von Björn Finke und Meike Schreiber, Frankfurt/London

Es sind 110 eng bedruckte Seiten voller Finanzsprech, aber das Ergebnis der ganzen Übung lässt sich gut auf den Punkt bringen: Deutsche Börse und ihr britischer Rivale London Stock Exchange (LSE) wollen sich zu einer der größten Börsen der Welt zusammenschließen. Verhandelt darüber wurde schon seit Wochen, doch am Mittwoch präsentierte das Management beider Konzerne den detaillierten Plan für die Fusion. Diesem Angebot für einen "Merger of Equals" - einen Zusammenschluss auf Augenhöhe - müssen nun die Aktionäre der zwei Unternehmen zustimmen.

Finanzaufseher und Wettbewerbshüter müssen ebenfalls ihr Placet geben. Damit wird sich die Fusion noch bis kommendes Jahr hinziehen. Wenn sie denn überhaupt gelingt. So blockierte die EU-Kommission als Wettbewerbsbehörde 2012 den Zusammenschluss von Deutscher Börse mit dem New Yorker Konkurrenten Nyse Euronext.

Die Manager preisen den Nutzen des Geschäfts für Europa - sie üben schon einmal

Außerdem erwägt der amerikanische Rivale Intercontinental Exchange (ICE) ein Gegenangebot: Dann käme es zur Bieterschlacht. Sollten sich die Briten im Juni in ihrem Referendum für den Austritt aus der EU entscheiden, hätte das genauso Folgen für die Fusion - selbst wenn die Chefs der Konzerne, Carsten Kengeter und sein LSE-Kollege Xavier Rolet, wieder betonten, dass der Zusammenschluss auch beim sogenannten Brexit durchgezogen würde.

Die Einigung von Kengeter und Rolet auf die Details des Geschäfts ist also nicht das Ende des Wegs. Die Reise geht jetzt erst richtig los.

Und so nutzten die zwei Manager die Vorstellung des Fusionsangebots, um die gesellschaftlichen Vorteile ihrer Idee zu preisen und Bedenken zu zerstreuen. Das war sicher eine gute Übung für die schwierigen Gespräche, die den beiden mit Aufsehern und Kartellwächtern bevorstehen. Rolet warb etwa darum, bei den Folgen der Fusion für die Marktmacht nicht nur auf Europa zu schauen: "Wir haben weltweit einen gnadenlosen Wettbewerb", sagte er. Um mit Rivalen in Amerika und Asien mitzuhalten, sei Größe wichtig.

Kengeter - der Deutsche soll die verschmolzene Börse führen - versprach, dank der Fusion könnten Unternehmen in Europa einfacher Kapital bei Investoren einwerben. Und die Börsen könnten ihre Gebühren senken. Insgesamt sollen durch den Zusammenschluss die Kosten der beiden Konzerne um jährlich 450 Millionen Euro fallen. Um das zu erreichen, würden auch Jobs gestrichen, sagte Kengeter.

Bei der Fusion fließt kein Geld. Die Aktionäre der Deutschen Börse werden 54,4 Prozent am neuen Konzern halten, die LSE-Eigner 45,6 Prozent, womit ihnen eine Prämie gewährt wird. Sitz des Unternehmens wird London sein, der Handelsplatz Frankfurt bleibt jedoch. LSE-Chef Rolet soll nach dem Zusammenschluss abtreten, der Aufsichtsratschef der Londoner, Donald Brydon, soll das Kontrollgremium der verschmolzenen Firma führen.

Dass die neue Börse an der Themse sitzt, stößt in Deutschland auf Kritik: "Ich kann das betriebswirtschaftlich nachvollziehen", sagt etwa Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. "Ich kann mir aber schwerlich vorstellen, dass wir die Börse für den Euro-Raum nicht im Euro-Gebiet haben und im schlimmsten Fall nicht einmal in der Europäischen Union."

Damit spielt er auf die Volksabstimmung der Briten über den Austritt aus der EU an. Die Aktionäre der LSE werden über die Fusion vermutlich vor dem Referendum am 23. Juni abstimmen, die Anteilseigner der Deutschen Börse danach. Die Unternehmen haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die prüfen soll, welche Folgen ein Brexit für die Aufgabenverteilung im neuen Konzern hat.

Zunächst einmal ist jedoch spannend, ob die US-Börse ICE eine Gegenofferte vorlegt. Ursprünglich hatten die Amerikaner nur bis 29. März Zeit, so ein Angebot zu präsentieren, aber jetzt verlängert sich diese Frist. In Deutschland muss als erstes die Finanzaufsicht Bafin der Fusion zustimmen. Die Prüfung durch die Wettbewerbshüter in Brüssel wird voraussichtlich bis Jahresende dauern. Erst ganz am Schluss wird sich die hessische Börsenaufsicht das Vorhaben anschauen. Diese Behörde gehört zum Landes-Wirtschaftsministerium - sie wird die Folgen für den Finanzplatz Frankfurt sehr genau im Auge haben.

Kengeter steht ein langer Weg bevor.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: