Finanzkrise:Kommando: zurück!

Was ist aus all den Milliardenhilfen für die Banken geworden? Manche Staaten verdienten damit sogar Geld - und nun bringt auch die Bundesregierung die Reste der HRE an die Börse.

Von Stephan Radomsky

In der kommenden Woche will Deutschland eine Altlast aus der Finanzkrise losschlagen - und wenn alles glattgeht, sogar mit Gewinn: Der Bund bringt den überlebensfähigen Rest der Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) an die Börse, er firmiert mittlerweile unter dem Namen Deutschen Pfandbriefbank (PBB). Bis zu 80 Prozent der Aktien will der Bund im ersten Schritt loswerden, und sollten die Papiere am oberen Ende der Preisspanne von 10,75 bis 12,75 Euro weggehen, könnte der Staat sogar etwas mehr einnehmen, als er einst in das Institut gesteckt hatte.

Damit könnte das dunkelste Kapitel der Finanzkrise in Deutschland, die Pleite der Hypo Real Estate, doch noch ein bescheidenes Happy End finden. Die HRE stand als Symbol für all die Fehler, die Bank-Manager vor und während der Krise gemacht haben; sie stand für zwei beispiellose Rettungsaktionen innerhalb von zwei Wochen. Als die HRE im Herbst 2008 das zweite Mal binnen kürzester Zeit in Not geriet, sahen sich Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück sogar gezwungen, den Deutschen die Sicherheit ihrer Spareinlagen zu garantieren.

Finanzkrise: Illustration: Stefan Dimitrov

Illustration: Stefan Dimitrov

Wenige Tage richtete die Bundesregierung dann im Eilverfahren den Bankenrettungsfonds Soffin ein - auch um die HRE aufzufangen, bevor sie unkontrolliert zusammenbricht. Und nun: der Börsengang; die Rückkehr des "guten" HRE-Rests an den Markt.

Ob dieser Schritt gelingt, ist noch offen. Zu unsicher ist die Situation an den Börsen: Das Griechenland-Drama, der Kursrutsch in China, die drohende Zinswende in den USA - zu viel kann sich hier in kürzester Zeit ändern. Einige Börsenkandidaten hatten ihren Start daher zuletzt verschoben. Die PBB und ihr Eigentümer, der staatliche Bankenrettungsfonds Soffin, hielten dagegen am Zeitplan fest.

Die Märkte hätten sich trotz der jüngsten Verwerfungen und Unruhe als "ausgesprochen stabil und resistent erwiesen", begründete PBB-Co-Chef Andreas Arndt am Mittwoch diese Entscheidung. Sowohl in Deutschland als auch an den Finanzplätzen in London und New York sei das Interesse am Börsenneuling groß gewesen. Zudem sei die PBB auf ein "hohes Maß an Investoren mit einem langfristigen Horizont" getroffen. Ganz freiwillig ist der Zeitpunkt für den Börsengang dennoch nicht gewählt. Bis spätestens Ende dieses Jahres muss die PBB wieder privatisiert sein. So lautete die Vorgabe der EU-Kommission, als sie die Hilfen genehmigte. Hätte der Bund nun gezögert, hätte es nach der Sommerpause zeitlich vielleicht eng werden können. Als Vorbereitung auf den nun für den 16. Juli angesetzten Börsengang hatte die PBB am Montag eine Milliarde Euro an stiller Einlage an den Soffin zurückgezahlt. Doch selbst danach ist der Soffin noch mit 15,8 Milliarden Euro bei mehreren Banken engagiert, allein mit 1,3 Milliarden bei der PBB. Mit dem möglichen Erlös von bis zu knapp 1,4 Milliarden Euro kommende Woche wäre das zwar unter dem Strich getilgt.

Dass aus der Bankenrettung insgesamt noch ein Gewinn-Geschäft wird, ist aber ausgeschlossen - dafür ist die PBB viel zu klein. Allein der Soffin pumpte in der Spitze 29,4 Milliarden Euro an Kapital in angeschlagene Kreditinstitute wie den West-LB-Nachfolger Portigon oder die Commerzbank - und mehr als die Hälfte davon befinden sich eben noch immer dort, Rückkehr ungewiss.

So stecken beispielsweise allein in der Commerzbank noch 5,1 Milliarden Euro Kapital vom Soffin, dafür hält der Fonds noch 15,6 Prozent an der zweitgrößten deutschen Bank. Das Aktienpaket war zum Börsenschluss am Dienstag allerdings nur rund 2,1 Milliarden Euro wert. Steigt der Kurs der Commerzbank in Zukunft also nicht deutlich, drohen weitere Verluste. Und bei den anderen Überbleibseln der HRE, jenseits der PBB, geht es ohnehin nur darum, die Schäden zu begrenzen. Dauerhaft soll einzig die Pfandbriefbank überleben. Die anderen aus der Zerschlagung entstandenen Teile, allen voran die Bad Bank FMS Wertmanagement und die in Irland registrierte Depfa Bank, werden dagegen gemeinsam abgewickelt. Das dürfte sich allerdings noch Jahrzehnte hinziehen und könnte teuer werden. Zwar schrieb die FMS Wertmanagement zuletzt schwarze Zahlen, insgesamt musste der Soffin hier aber bereits 9,3 Milliarden Euro an Verlusten ausgleichen. Entstanden waren sie vor allem durch den Schuldenschnitt für Griechenland 2012. Dieses Geld ist weg.

Daneben verteilten nicht nur der Bund, sondern auch die Länder Steuergeld an Banken, vornehmlich an ihre eigenen: Insgesamt gewährten sie den Landesbanken bisher 70 Milliarden Euro an Kapitalmaßnahmen, wie eine Schätzung der EU-Kommission im vergangenen Herbst ergab. Hinzu kamen demnach Liquiditätsstützen von zwischen 30 und 60 Milliarden Euro.

Insgesamt steckten die europäischen Staaten 671 Milliarden Euro an Steuergeldern in ihre Finanzinstitute, hat die EU-Kommission errechnet. Weil es sich dabei um Beihilfen handelte, musste sie die Brüsseler Behörde prüfen und genehmigen. In diesem Zusammenhang ordnete sie bis Ende 2014 den Umbau oder die Abwicklung von 112 Bankhäusern an.

Tatsächlich ein gutes Geschäft waren für den Soffin allerdings die zwischenzeitlich an mehrere Bankengruppen ausgegeben Garantien. In der Spitze erreichten sie ein Volumen von 168 Milliarden Euro - fällig wurde keine von ihnen. Umsonst waren sie trotzdem nicht: Der Soffin nahm mit ihnen insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro an Gebühren ein.

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