Finanzinstitute:Neue Gerüchte setzen der Deutschen Bank schwer zu

European Central Bank President Mario Draghi Unveils New Twenty Euro Note

In den Doppeltürmen der Deutschen Bank herrscht Nervosität. Noch nie waren die Anteile so wenig wert wie am Montag.

(Foto: Martin Leissl/Bloomberg)
  • Binnen eines Jahres hat die Aktie der Deutschen Bank mehr als 60 Prozent verloren.
  • Es ist ein Absturz, der es der Bank zunehmend unmöglich macht, frisches Kapital aufzunehmen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Nicht immer hat die Börse recht, aber die Stimmung bildet sie ganz gut ab. Bei der Deutschen Bank etwa gleicht die Stimmung derzeit einer Achterbahnfahrt, allerdings einer, bei der es nach kurzen Pausen immer noch weiter bergab geht. Am Montag markierten die Aktien der Deutschen Bank sogar ein neues Allzeittief: Zuletzt kosteten die Papiere am Montag nur noch 10,55 Euro. Vor gut einem Jahr, zum Amtsantritt von Deutsche-Bank-Chef John Cryan war die Aktie immerhin noch 28 Euro und vor Ausbruch der Finanzkrise gut 100 Euro.

Es ist ein fast beispielloser Absturz, der nicht nur die tiefe Krise des Geldhauses widerspiegelt. Es ist ein Absturz, der es der Bank auch zunehmend unmöglich macht, frisches Kapital aufzunehmen. Und es ist einer, der das Vertrauen der Kunden auf die Probe stellt, just zu einer Zeit, da die Bank dringend auf Erträge angewiesen ist.

Nur noch 14,6 Milliarden Euro ist die Deutsche Bank an der Börse wert, das ist weniger als ein Zehntel der US-Großbank JP Morgan und nicht mal mehr ein Drittel dessen, was sie an Eigenkapital in ihrer Bilanz ausweist. Auf einer Liste der nach Marktkapitalisierung größten Banken weltweit belegt sie sogar nur noch Rang 78, in Nachbarschaft der Public Bank aus Malaysia und einem Geldhaus namens Itausa Investimentos aus Brasilien.

Den jüngsten Kursrutsch - am Montag war es ein Minus von siebeneinhalb Prozent - hatten die nicht enden wollenden Sorgen um die Kapitalrücklagen des Instituts ausgelöst. Das Magazin Focus hatte spekuliert, der Bund sei im Ernstfall nicht bereit, das Institut zu stützen. Zwar ist die Deutsche Bank von so einem Szenario sicherlich weit entfernt, zumal sie nicht nur die Kapitalanforderungen der Aufseher voll erfüllt, sondern im Ernstfall auch Unternehmensteile verkaufen könnte. Bei den leidgeprüften Aktionären verfingen die Meldungen trotzdem. Schließlich hat sich die Politik nach der Finanzkrise ja tatsächlich geschworen, keine Banken mehr mit Steuergeldern zu retten.

"Zu wichtig für die deutsche Wirtschaft"

Dass der Bund die Deutsche Bank im Ernstfall wirklich fallen lassen würde, wird freilich von vielen Experten bezweifelt. Die Bank mag an der Börse ein Schnäppchen sein, systemrelevant ist sie nach wie vor. Andreas Utermann, Anlagechef von Allianz Global Investors sagte am Montag, die Bank sei "zu wichtig für die deutsche Wirtschaft", als dass der Bund nicht im Ernstfall einspringen würde. Die Aussage ist bemerkenswert, denn normalerweise hält sich die Fondstochter des Versicherungskonzerns Allianz - die auch Aktien an der Deutschen Bank hält - strikt mit öffentlichen Äußerungen zu einzelnen Unternehmen zurück.

Auch die Bundesregierung sah sich am Montag zu einem Statement genötigt. "Es gibt keinen Anlass für solche Spekulationen, wie sie da angestellt werden, und die Bundesregierung beteiligt sich auch an solchen Spekulationen nicht", sagte ein Sprecher. Bei der Deutschen Bank hieß es kämpferisch, man sei "fest entschlossen, die Herausforderungen allein zu lösen".

Das gelte auch für die Verhandlungen mit der US-Justiz, die wohl größte Herausforderung, vor der die Bank derzeit steht. Auch dafür habe man die Kanzlerin nicht um Hilfe gebeten. Vor gut einer Woche war bekannt geworden, dass das US-Justizministerium dem Institut eine Strafe von 14 Milliarden Dollar angedroht hat.

Es geht um windige Geschäfte mit Immobilienkrediten aus der Zeit kurz vor der Finanzkrise. Auch andere Großbanken wurden oder werden dafür zur Kasse gebeten. Seither aber fragen sich die Anleger, was passiert, wenn es der Deutschen Bank nicht gelingt, diese Summe deutlich zu drücken.

"John Cryan steckt in einer schwierigen Lage"

Nur 5,5 Milliarden Euro hat das Institut für Rechtsrisiken zurückgestellt, und zwar für alle zusammen - und das sind außer den US-Hypotheken-Geschäften noch drei weitere große Fälle. "John Cryan steckt in einer schwierigen Lage. Er kann sich nur befreien, indem er möglichst bald einen guten Vergleich mit der US-Justiz liefert", sagte Ingo Frommen, Analyst für Bank-Aktien bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Dazu sei Cryan auch aus einem anderen Grund gezwungen: Da die Bank vergangene Woche per Pflichtmitteilung vermeldet habe, sie sei nicht bereit, sich "auch nur annähernd" auf die genannte Zahl von 14 Milliarden Dollar zu vergleichen, könnten sich Anleger womöglich darauf berufen. "Gelingt das der Bank nicht, könnten Investoren klagen", sagt Analyst Frommen.

In der Frankfurter Bank-Zentrale geht nun die Sorge um, dass die Aktie des einst stolzen Instituts in Kürze auch noch die Marke von zehn Euro reißt, was zumindest symbolisch ein herber Schlag wäre. Denn allen Statements zum Trotz: Der Aktienkurs erholte sich am Montag vorerst nicht von dem jüngsten Einbruch. Da halfen auch die Beteuerung eines Sprechers der Deutschen Bank gegenüber dem Sender CNBC wenig. Die Bank erfülle nicht nur alle Vorgaben der Regulierer, sondern habe auch ein solides Liquiditätspolster.

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