Finanzierung:Kapital bei Vertrauen

Welche Rolle das Auftreten bei der Kreditvergabe spielt und wann Fremdkapital als Finanzierungsinstrument besser ist als Eigenkapital, erklärt Bernd Papenstein, Partner vom Wirtschaftsprüfer Pricewaterhouse Coopers (PwC) im Gespräch.

Interview von Marcel Grzanna

Bernd Papenstein, Partner vom Wirtschaftsprüfer Pricewaterhouse Coopers (PwC), erklärt, wie der Zugang zu Kapital gelingen kann.

SZ: Wann ist die Finanzierung mit Eigenkapital besser als mit Fremdkapital?

Bernd Papenstein: Ein Start-up ist immer mit besonderen Risiken verbunden und braucht eher eine Eigenkapitalfinanzierung. Für ein relativ stabiles Geschäftsmodell dagegen ist Fremdkapitalfinanzierung weniger riskant. Doch auch dort sollten sich Unternehmen fragen, was sie finanzieren wollen und wie der Rückfluss daraus ist. Dann kann man sich das passende Instrument suchen. Wenn ich eine Maschine benötige, die sich in zehn Jahren amortisiert, ist es betriebswirtschaftlich unklug, sie deutlich kurzfristiger zu finanzieren, beispielsweise über die Kontokorrentlinie.

Ist bei einem Bankkredit das größtmögliche Volumen immer am sinnvollsten?

Nein, insbesondere wenn die Eigenkapitalsituation schwach ist, sollte man versuchen, über die Aufnahme von mehr Eigenkapital den Kreditbedarf zu reduzieren. Das Eigenkapital ist zwar teurer, aber in Summe können die Kosten günstiger sein, weil aufgrund der verbesserten Bonität niedrigere Zinsen für das verbleibende Fremdkapital zu zahlen sind. Zu beachten ist, dass der günstigste Kredit sich nicht nur am Zinssatz entscheidet, sondern auch an Zinsbindungsperioden und Wohlverhaltensregeln, den Covenants, die man mit der Bank vereinbart. Auch empfiehlt es sich, mit mindestens zwei Instituten zu sprechen.

Wie relevant ist dabei das Auftreten?

In der Start-up-Szene kann Authentizität wertvoll sein, wenn man Eigenkapital akquirieren will. Bei einer Bank kann zu viel Authentizität auch schon mal eine Tür zuschlagen. Ich muss ein Grundvertrauen schaffen bei meinem Gegenüber. Ein Banker will auch ein Gefühl dafür kriegen, wie ich ihn für mein Produkt gewinne. Das sind Signale, wie ich mich auch im Geschäftsleben verkaufe.

Wie finden Firmen die Investoren?

Ansprechpartner können Handelskammern oder die Hausbank sein. Es gibt Angebote bei regionalen Förderbanken, aber auch die Seedfonds rund um viele Universitäten, wo Finanzierungen bis zu einer halben Million Euro möglich sind, oder den Hightech-Gründerfond. Bei entsprechender Wachstumskurve kommen auch Venturefonds ins Spiel. Interessant für Start-ups sind Kontakte zu Business Angels, also Leuten, die Geld mit ihren Firmen verdient haben und noch unternehmerisch tätig sein wollen.

Wollen die nicht Mitspracherechte?

Das ist Verhandlungssache. Üblich ist das Recht, bei der nächsten Finanzierungsrunde dabei sein zu dürfen. Es können auch Investitionshürden festgelegt werden oder Mitspracherechte bei Personalfragen. Ein gewisses Maß an Mitsprache muss ich zugestehen. Private Investoren wollen im Zweifelsfall auch Einfluss nehmen. Wenn ich mich abschotte, ist das keine gute Basis. Ich brauche Offenheit, muss informations- und diskussionsbereit sein und nicht beratungsresistent. Abschottung ist der falsche Weg.

Gibt es sonst noch Möglichkeiten, an Geld zu kommen?

Da gibt es eine Handvoll neue interessante Möglichkeiten mit extremen Wachstumsraten wie etwa Kreditplattformen, die bis zu 250 000 Euro finanzieren können. Im Kommen ist zudem die Crowd-Finanzierung, bei der sehr viele Geldgeber mit kleinen Summen aushelfen. Immer beliebter wird auch das Supply Chain Finance, die Finanzierung einzelner Transaktionen eines Geschäftsmodells von speziellen Anbietern über das Netz. Das ist heute schon bei geringem Bedarf wie 50 000 Euro möglich.

Und was ist mit Mittelstandsanleihen?

Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Finanzierungskosten erst ab einem Volumen von 100 Millionen Euro rechnen.

Ist es ratsam, einen Kredit aufzunehmen, wenn die Rücklagen reichen?

Wenn es eine sinnvolle Verwendung für die Rücklagen gibt, ja. Die Digitalisierung eines Geschäftsmodells lässt sich schwieriger finanzieren als der Bau einer Fabrik. Also sollte ich die Fabrik mit fremder Hilfe aufbauen und die Rücklagen für die Digitalisierung verwenden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: