Finanzaufsicht in der Euro-Zone:EZB will bedürftige Banken härter angehen

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Geld nur noch gegen strengere Auflagen: Die Europäische Zentralbank will die Kreditbedingungen für die kränkelnden nationalen Banken verschärfen - und erhofft sich vom EU-Gipfel stärkere Durchgriffsrechte.

Markus Zydra, Frankfurt

In der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Überlegungen, die Geldzufuhr an bedürftige Banken in der Euro-Zone stärker an Bedingungen zu knüpfen. Bei der Notenbank wächst der Unmut darüber, dass einige Institute am Tropf der EZB hängen und dennoch ihre Restrukturierungsbemühungen - die zügige Rekapitalisierung und Neudefinition des Kerngeschäfts - nicht energisch genug vorantreiben. Deshalb soll die Liquiditätszufuhr in diesen Fällen an Auflagen geknüpft werden - bislang erhalten Banken gegen Sicherheiten so viel Geld, wie sie wünschen.

In der EZB gibt es Bedenken, ob die nationalen Finanzaufseher bei der Lösung der heimischen Bankenkrise immer die europäische Brille aufhaben. (Foto: dpa)

Die diskutierte härtere Gangart der EZB folgt dem Masterplan für Europa, der am Donnerstag von der EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in Brüssel beschlossen werden soll. EZB-Präsident Mario Draghi hat diesen Plan für eine verstärkte Integration der Euro-Zone mit vorangetrieben.

Vor allem der Aufbau einer Bankenunion mit einer zentralisierten Bankenaufsicht steht ganz oben auf der Agenda. Es ist jedoch noch offen, ob sich die Finanzaufsicht auf europäischer Ebene so schnell zentralisieren lässt. Dazu müssten wohl einige Gesetze geändert werden, und das erfordert Zeit. Um die aktuellen Probleme zu lösen, muss nach Ansicht der EZB umgehend reagiert werden.

Die Frankfurter Währungshüter wollen deshalb das Signal des EU-Gipfels - nämlich das Bekenntnis zur Politischen Union in Europa - aufgreifen und daraus stärkere Informations- und Durchgriffsrechte bei den kränkelnden nationalen Banken in der Euro-Zone ableiten.

Bislang erhält die EZB nur dann detaillierte Informationen über eine angeschlagene Bank, wenn das betreffende Land offiziell Hilfen des Euro-Rettungsschirms EFSF beantragt hat, wie zuletzt Spanien und Zypern, oder am Notprogramm der nationalen Zentralbanken (ELA) teilnimmt.

In der EZB gibt es Bedenken, ob die nationalen Finanzaufseher bei der Lösung der heimischen Bankenkrise immer die europäische Brille aufhaben. Direkte Zugriffe der EZB auf nationale Kreditinstitute dürften deshalb für Streit im EZB-Rat sorgen, weil nationale Notenbanken, die als Bankenaufseher fungieren, dadurch an Macht verlieren.

Die Frankfurter Währungshüter haben vergangene Woche die Anforderungen für Sicherheiten, die kreditnehmende Banken bei der Notenbank hinterlegen müssen, weiter abgesenkt. So dürfen nun auch riskante Verbriefungen mit Immobilien- und Verbraucherkrediten als Pfand eingereicht werden.

Dies sollte vor allem spanischen Banken helfen, denen die verfügbaren Pfänder ausgegangen sind. Aber auch andere Banken aus der Euro-Zone dürfen diese Papiere bei der EZB versilbern. Bei notorisch klammen Banken, die lange am Tropf der EZB hängen, wollen die Zentralbanker deshalb mehr Druck machen - und zur Not auch darauf drängen, Institute zu schließen und abzuwickeln.

Die EZB hatte zuletzt eine Billion Euro Kredit an Europas Banken vergeben - mit einer Laufzeit von drei Jahren und einem Zinssatz von einem Prozent. Diese großzügige Geldspritze sollte die Verspannungen am Interbankenmarkt auflösen.

Euro-Zone steckt im Nord-Süd-Dilemma

Geholfen hat es allerdings nicht viel, die Euro-Zone steckt im Nord-Süd-Dilemma. Spanier und Italiener überweisen ihre Ersparnisse auf deutsche Banken. Die südeuropäischen Kreditinstitute sind deshalb klamm, weil Nord-Banken keinen Kredit geben. Die EZB ist die letzte Institution, die noch Geld bereitstellt, um die Unwucht des Systems zu stabilisieren.

Aus Spanien und Italien kommt auch immer wieder die Aufforderung, die EZB solle ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen wieder anlaufen lassen, seit drei Monaten ruht das Programm allerdings, und es gilt mehrheitlich als unpopulär.

Hilfe der Notenbank könnte es aber über die Zinsschiene geben. "Es gibt keine Doktrin, dass der Leitzins nicht unter einem Prozent liegen kann", sagte EZB-Chefökonom Peter Praet in einem Interview mit der Financial Times Deutschland. Viele Fachleute erwarten, dass die EZB am Donnerstag kommender Woche ihren Leitzins erstmals unter diese Marke senken wird.

© SZ vom 28.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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