Ferrostaal:Neue Spur in der Korruptionsaffäre

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Nicht nur Ferrostaal, auch Giesecke & Devrient hat jetzt Besuch von Ermittlern bekommen. Es geht um Millionen.

M. Balser, H. Leyendecker u. K. Ott

Die Korruptionsaffäre bei Ferrostaal soll auch das Unternehmen Giesecke & Devrient betreffen, das den Euro und viele andere Banknoten druckt. Ferrostaal soll mit Schmiergeldzahlungen in Asien Aufträge für die in München ansässige Gelddruckerei besorgt haben.

Die Staatsanwaltschaft in München, die dem Korruptionsverdacht bei Ferrostaal nachgeht, hat in dieser Woche auch Giesecke & Devrient durchsucht. Die Staatsanwaltschaft teilte dazu mit, man habe bei dem Unternehmen nach Beweisen für mutmaßliche Gesetzesverstöße bei Ferrostaal gesucht. Ob auch gegen Manager von Giesecke & Devrient ermittelt wird, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Die Strafverfolgungsbehörde nannte keine Details.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gehen die Ermittler dem Verdacht nach, dass Ferrostaal Verantwortliche der staatlichen Banknotengesellschaft Perum Peruri in Indonesien jahrelang geschmiert hat, um Giesecke & Devrient Aufträge für die Lieferung von Maschinen zu besorgen.

Das soll über einen Unternehmensberater in Asien und mit Hilfe von Tarnfirmen und Scheinrechnungen erfolgt sein. Auf diese Weise soll Ferrostaal mehrere lukrative Aufträge für Giesecke & Devrient vermittelt haben. Ferrostaal äußerte sich dazu nicht.

Spur führt nach Indonesien

Giesecke & Devrient erklärte auf Anfrage, mit Ferrostaal habe man Handelsvertreterverträge für den indonesischen Markt. In Indonesien habe man sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt und "diese teilweise gewonnen, teilweise verloren".

Unregelmäßigkeiten bei den Geschäften in Indonesien seien dem Unternehmen nicht bekannt, so etwas sei bisher auch von niemandem behauptet worden, insbesondere nicht von Behörden. Die Staatsanwaltschaft habe im Rahmen des Verfahrens Ferrostaal bei Giesecke & Devrient "lediglich als unverdächtigem Dritten ermittelt", erklärte das Münchner Unternehmen.

Der in Essen ansässige Industriekonzern Ferrostaal betreut als Generalunternehmer internationale Großprojekte wie den Bau von Kraftwerken und verkauft weltweit von Gelddruckanlagen bis hin zu U-Booten allerlei Anlagen und Objekte, die von anderen Unternehmen hergestellt werden. Zu den Geschäftspartnern des Essener Konzerns zählen viele Unternehmen aus Deutschland, darunter Thyssen-Krupp und eben auch Giesecke & Devrient.

Das Münchner Unternehmen ist einer der größten Banknotendrucker und Chipkartenhersteller der Welt. Der 158 Jahre alte Traditionskonzern stellt für 100 Länder Banknotenpapier her und liefert an 60 fertiges Geld. Die Konzernsparte Anlagenbau vertreibt zudem weltweit Maschinen und ist vor wenigen Jahren auch in das Münzgeschäft eingestiegen. Jeder zweite 50-Euro-Schein kommt heute aus den Druckereien des verschwiegenen Milliardenkonzerns.

Zu den Auftraggebern zählen neben der Europäischen Zentralbank auch die Notenbanken von Indien, Kanada oder Thailand. Außerdem liefert G&D ganze Pass-Systeme sowie Chipkarten für Kreditkartenanbieter. Die Geschäfte des Konzerns mit 9000 Mitarbeitern florieren. Allein in den vergangenen fünf Jahren stieg der Umsatz um mehr als 50 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro.

In der Korruptionsaffäre bei Ferrostaal ist inzwischen Klaus Lesker verhaftet worden, Vorstandsmitglied des Essener Konzerns. Gegen ihn liegen schwere Anschuldigungen vor. Lesker soll nach Erkenntnissen, die den Ermittlern vorliegen, bei Ferrostaal für eine Tochtergesellschaft mit Sitz in London zuständig gewesen sein.

Tochterfirma für Schmiergeldzahlungen

Diese Tochterfirma soll speziell zu dem Zweck gegründet worden sein, Schmiergeldzahlungen über Großbritannien abzuwickeln und nicht von Deutschland aus. Dabei sei es unter anderem um ein geplantes Militärgeschäft mit Pakistan gegangen. Ferrostaal nahm dazu "wegen der laufenden Ermittlungen" nicht Stellung. Leskers Anwalt war nicht erreichbar.

Durch die Affäre gerät Ferrostaal-Vorstandschef Matthias Mitscherlich intern in Bedrängnis. Aus dem Umfeld des Aufsichtsrats heißt es, Mitscherlich müsse bei einer Sitzung des Kontrollgremiums am Freitag in Essen erklären, was an den Vorwürfen gegen das Unternehmen und gegen Lesker dran sei.

Mitscherlich soll wiederholt beteuert haben, Ferrostaal werde von der Korruptionsaffäre bei der früheren Muttergesellschaft MAN nicht erfasst. Man habe intern alles geprüft.

Die Münchner Staatsanwaltschaft war bei MAN auf ein internationales Korruptionssystem gestoßen, nun ist Ferrostaal an der Reihe. Aus dem Umfeld von Ferrostaal heißt es, Mitscherlich werde konsequent durchgreifen, sofern es zu Verfehlungen gekommen sei.

© SZ vom 26.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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