Fed-Zinspolitik:Deutet die Signale

US-Finanzexperten sind sich uneins über die Zinspolitik der Fed. Höhere Zinsen sind zwar gewünscht, doch die Wirtschaft scheint dafür noch nicht reif zu sein.

Von Kathrin Werner, New York

Die erste Frage ist immer dieselbe. Welche Daten zur Konjunktur auch gerade veröffentlicht werden, ob zur Arbeitslosigkeit, zum Verbrauchervertrauen oder zur Lage des verarbeitenden Gewerbes in den USA, zuallererst fragen amerikanische Finanzexperten: Was wird die US-Notenbank Federal Reserve nun tun? Wird sie nun die Zinsen erhöhen? Erst danach fragen die Analysten, Anleger und Banker nach dem Arbeitsmarkt, der Stimmung der Konsumenten oder dem verarbeitenden Gewerbe. Seit die Fed im Dezember den Leitzins erhöht hatte, zum ersten Mal seit der Finanzkrise und gerade mal von nahe null auf eine Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent, gibt es die gleichen Debatten über die Pläne der Notenbank.

Oft deutet sich an, dass es Zeit sei für eine Zinserhöhung, und dann passiert doch wieder nichts. Die Menschen, die Finanzmärkte bewegen, sind verunsichert. Und die Fed steckt im Dilemma: Zwar halten es die Notenbanker für dringend notwendig, die Leitzinsen weiter zu erhöhen. Schließlich brauchen sie die Möglichkeit einer Zinssenkung, um die Wirtschaft anzukurbeln, wenn es zu einer neuen größeren Krise kommt. Aber die Fed hält die US-Wirtschaft noch immer nicht für stabil genug, um bei nächster Gelegenheit weiterzumachen mit der Zinserhöhung.

Das liegt unter anderem daran, dass die Arbeitslosigkeit zwar offiziell niedrig ist, was aber vor allem daran liegt, dass sich viele Leute gar nicht mehr als arbeitssuchend melden, weil sie aufgegeben haben. Die Inflation ist noch immer niedrig. Und das billige Geld, das die Fed den Unternehmen geliefert hat, nutzen diese nicht für neue Fabriken und neue Arbeitsplätze, sondern zu einem großen Teil für Aktienrückkaufprogramme. Als die Fed das Protokoll ihrer jüngsten Sitzung veröffentlichte, hatten Beobachter wie immer auf konkretere Hinweise zu den Zinsen gehofft, blieben aber ratlos zurück. Die Mitglieder des wichtigen Offenmarktausschusses, dem geldpolitischen Führungsgremium der US-Notenbank, sind sich nicht einig. Zwar können sich im Prinzip alle vorstellen, die Leitzinsen zu erhöhen, aber über den richtigen Zeitpunkt für die nächsten Schritte gibt es noch immer Diskussionen.

Kaum jemand rechnet noch damit, dass die Fed bereits bei ihrer nächsten Sitzung im September handelt. Inzwischen werden die Marktbeobachter sogar skeptisch, ob es in diesem Jahr noch eine Erhöhung geben wird. "Unsere Ökonomen rechnen nicht mehr damit", schreibt die Bank Société Générale in einer aktuellen Analyse, die die Unsicherheit verdeutlicht. "Aber eine Erhöhung Ende 2016 lässt sich auch nicht ausschließen." Zumindest ein bisschen mehr Klarheit erhofft sich die Finanzwelt vom alljährlichen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole. Das Ferienörtchen in Wyoming am Fuße der Rocky Mountains wird jedes Jahr zum Mittelpunkt der Weltwirtschaft, dieses Jahr geht es um "Die Entwicklung belastbarer Rahmenbedingungen für die Geldpolitik der Zukunft" - also vor allem um die Frage, wie die Notenbanken trotz der weltweiten Niedrigzinspolitik handlungsfähig bleiben. Fed-Chefin Janet Yellen, die der recht legeren Zusammenkunft im vergangenen Jahr ferngeblieben war, wird am Freitag eine Rede halten. Sie wird der nächsten Sitzung des Fed-Ausschusses nicht vorgreifen, aber Anleger erhoffen sich davon zumindest Hinweise, wie Yellen sich die kommenden Monate vorstellt.

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