Fast Casual Dining:Junges Gemüse

Gratitude Türkenstraße Pressefoto

Sie haben den Salat: Ketten wie "Dean & David" nehmen McDonald's und Co. die Kunden weg.

(Foto: Gratitude)

Das klassische Schnellrestaurant hat einen neuen Gegner: Vor allem Verbraucher zwischen 20 und 30 setzen auf "Fast Casual Dining" und wollen frisch zubereitete und gesunde Kost zum kleinen Preis.

Von Franz Kotteder

Ein besonders ausgefeilter Businessplan kann es nicht gewesen sein, der die Löwenbrauerei davon überzeugte, die Eckkneipe an zwei junge Münchner zu verpachten. Es war wohl eher so, dass man die beiden mal machen lassen wollte in dieser Bierwirtschaft in der Münchner Maxvorstadt, in der ohnehin immer nur dieselben Stammgäste hockten. Der BWL-Student Hermann Weiffenbach und der Koch Thomas Hirschberger hatten vor, den Laden umzukrempeln, so viel war klar, eine Crêperie sollte es werden. Damals, 1990, gab es in der Stadt nur eine, die beiden sahen also Potenzial.

Doch sechs Wochen vor der geplanten Eröffnung warfen sie alles um. Da hatten die ersten Mexikaner in der Stadt aufgemacht. "Die waren immer rappelvoll", erzählt Hermann Weiffenbach, "und da dachten wir uns: Das wollen wir auch!" Es wurde dann kurzfristig ein bisschen hektisch, aber schließlich konnten sie ihr neues Lokal doch noch rechtzeitig eröffnen: "Enchilada" hieß es, weil das so schön nach Texmex-Küche klang.

Das Ecklokal gibt es heute noch mit diesem Namen, aber Enchilada hat sich als Marke ganz schön ausgewachsen. Das Unternehmen macht inzwischen einen Jahresumsatz von 91,9 Millionen Euro, hat 109 Restaurants in ganz Deutschland und steht auf Platz 25 der größten Gastronomie-Firmen des Landes. Die wird immer noch von den Fast-Food-Konzernen McDonald's und Burger King angeführt, die pro Jahr 3,1 Milliarden Euro und 880 Millionen Euro umsetzen. Wobei die Zahlen nicht mehr großartig steigen, im Schnitt kam die Branche 2013 nur auf ein Umsatzwachstum von 2,1 Prozent, McDonald's musste gar Einbußen von 147 Millionen Euro hinnehmen. Enchilada entwickelte sich gegen den Trend und steigerte den Umsatz um 11,3 Prozent.

Die Klima-Diskussion hat den Fleischklops-Bratern das Leben schwergemacht

Das hat die Gruppe schon lange nicht mehr nur scharf gewürzter Hackfleischsauce, Chili und Teigfladen zu verdanken. Längst setzt sie auf das " Fast Casual Dining": Gerichte, die nach einem ähnlichen System wie klassisches Fast Food konzipiert und zubereitet werden, aber dem Wunsch des Verbrauchers nach frischerem und gesünderem Essen und individueller Zubereitung entgegenkommen. Die Fast-Food-Branche hat seit Jahren zu kämpfen mit der Tatsache, dass ihre Produkte in aller Regel zu viel Fett, Salz, Zucker enthalten, sprich: ungesund sind. Erfolgreiche Dokumentarfilme wie "Super Size Me" haben das thematisiert, und die Diskussion um den Klimawandel, an dem in nicht geringem Umfang die industrielle Nutztierproduktion schuld sein dürfte, hat den Fleischklops-bratern das Leben nicht leicht gemacht.

Während McDonald's, Burger King, und Kentucky Fried Chicken eher Rückzugsgefechte führen müssen und ihre Filialen mit Salatbars und regionalen Angeboten behutsam aus der ernährungsphysiologischen Schmuddelecke herausmanövrieren wollen, profitieren andere von dem positiven Image, das sie sich jenseits der Marktführer aufgebaut haben.

"Dean & David" zum Beispiel. Die Kette gibt es seit 2007, der junge Student David Baumgartner kam auf die Idee, Salate und Gemüsecurrys im Ambiente eines Fast-Food-Lokals anzubieten. Das Startkapital kam von Weiffenbach (Enchilada hält nach wie vor 51 Prozent der Kette), in ganz Deutschland und in der Schweiz gibt es mittlerweile 40 Filialen mit Tendenz in Richtung starkes Wachstum. Sie funktionieren alle nach dem klassischen Franchise-Verfahren. Die Zentrale entwickelt die Marke, gibt die Rezepturen für die Gerichte vor und bietet Dienstleistungen an, die sich zentral am kostengünstigsten erledigen lassen. Ein ausführlicher Katalog an Vorschriften und Abmachungen legt fest, was zum Kernbestand der Marke zählt, alles andere kann der Franchise-Nehmer mehr oder weniger frei bestimmen.

Erfolg der Edel-Burger-Lokale

Der Unterschied zum klassischen Fast-Food-Lokal ist bei den Schnellrestaurants des neuen Typs eigentlich gar nicht so groß. Man bestellt hier wie dort an einer Theke, die Bedienung am Tisch hält sich in engen Grenzen. Der größte Unterschied besteht in den Speisen selbst: Tiefkühlware ist in der Regel verpönt, die Zutaten sind meist frisch, die Liste der Zusatzstoffe ist deutlich kürzer als in der Fast-Food-Branche, vieles wird auch direkt vor dem Kunden frisch zubereitet, und der Gast kann zumindest einige Zutaten selbst auswählen.

Erfunden wurde "Fast Casual Dining" 1993 in den USA, in Denver, Colorado, von dem jungen College-Absolventen Steve Ells. Chipotle Mexican Grill nennt sich sein Unternehmen, das vor allem Burritos und Tacos verkauft und weltweit knapp 1600 Filialen besitzt - seit einem Jahr auch eine deutsche im Frankfurter Skyline Plaza. Zwischenzeitlich war McDonald's Mehrheitseigner, 2006 aber stieß der Fast-Food-Konzern seine Anteile wieder ab. Das werden die Manager heute bedauern, denn Chipotle verzeichnet Jahr für Jahr sagenhafte Zuwachsraten von bis zu 20 Prozent beim Umsatz. Der Kundschaft scheint offenbar zu gefallen, dass die Gerichte vor ihren Augen zubereitet werden und dass sie mitbestimmen darf, was ins Essen kommt. Chipotle wirbt in den Vereinigten Staaten auch damit, dass es nur Fleisch von Tieren verwendet, die auf natürliche Weise und möglichst ohne antibiotische und hormonelle Behandlung aufgezogen wurden, was in den USA eine Ausnahme darstellt. Das gemäßigte Öko-Image war bei der weiteren Entwicklung jedenfalls sehr hilfreich.

Die Kunden haben nichts gegen Burger und Pommes - diese sollten nur besser schmecken

Überhaupt scheint das neue Konzept des "Fast Casual Dining" als Mittelding zwischen Schnellrestaurant und Speiselokal eine wachsende Schicht von ernährungsbewussten Essern diesseits und jenseits des Atlantiks anzusprechen. Man will offenbar den Vorteil des Fast-Food-Gedankens haben, seine Mahlzeit ohne lange Wartezeit und nicht allzu teuer zu bekommen. Andererseits soll sie aber auch so frisch wie möglich, so gesund wie möglich und obendrein noch ökologisch einwandfrei sein - ein Spagat, der nicht ganz leicht zu leisten ist.

Immerhin ist der ernährungsbewusste Fast-Food-Esser offenbar bereit, für die Erfüllung seiner Ansprüche auch mehr zu bezahlen. In den USA sogar das Doppelte im Vergleich zum Essen im herkömmlichen Schnellrestaurant. Auch in Deutschland dürfen die Preise um einiges höher sein, wenn auch nicht ganz im selben Ausmaß.

Auffallend ist auch, dass die neuen Lokale kulinarisch entweder ein radikales Kontrastprogramm zum klassischen Fast Food bieten oder dieses nur mit einer deutlich höheren Qualität ergänzen. Bernd Ungewitter, Gründer der Kaimug-Kette mit thailändischen Schnellgerichten, kam im Urlaub auf die Idee zur Unternehmensgründung. Auch David Baumgartner war als Rucksacktourist unterwegs, als ihm einfiel, dass die leckeren Gemüsecurrys aus asiatischen Garküchen auch zu Hause ankommen müssten.

Auf der anderen Seite hält sich die Experimentierlust des eiligen Essers natürlich in Grenzen. Deshalb hat er prinzipiell nichts gegen Burger, Pommes und Döner - es wäre ihm nur lieber, wenn die einfach besser schmeckten. Deshalb schießen die Edel-Burger-Lokale in den Großstädten derzeit förmlich aus dem Boden: ohne hocherhitzte Tiefkühl-Fleischlappen in matten Wattesemmeln, dafür mit frischen Rinderhack-, wahlweise Grünkern-Steaks, knackigem Gemüse, aber zu saftigen Preisen. Damit feiert seit einiger Zeit Thomas Hirschberger mit seiner Kette"Hans im Glück" bundesweit Erfolge mit 23 Filialen zwischen Flensburg und München. Er hatte sich vor gut 20 Jahren von seinem Geschäftspartner Weiffenbach getrennt, weil er den Weg hin zur Systemgastronomie nicht mitgehen wollte. Kurz darauf gründete er allerdings die Texmex-Kette "Sausalitos", zu der auch "Hans im Glück" gehört. Klassisches "Fast Casual Dining" also. Der Umsatz beträgt inzwischen auch schon mehr als 40 Millionen Euro.

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