Familienunternehmen:Warum Schaeffler sparen will

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  • Dem Zulieferkonzern Schaeffler geht es ziemlich gut, die Geschäfte laufen hervorragend. Im ersten Halbjahr konnte das fränkische Familienunternehmen Umsatz und Gewinn enorm steigern.
  • Dennoch steht in Teilen ein tiefgreifender Umbau an. Die schwächelnde Industriesparte soll profitabler werden. 500 Jobs fallen dabei weg, die meisten davon in Deutschland.

Von Uwe Ritzer, Herzogenaurach

Sechs Quartale in Folge gewachsen

Sechs Jahre ist es her, da stand Schaeffler kurz vor dem Ruin. Mit der Übernahme der dreimal so großen Continental AG mitten in der Finanzkrise hatte sich das Familienunternehmen aus Herzogenaurach bei Nürnberg finanziell überhoben. Zwölf Milliarden Euro Schulden lasteten auf der Familie und ihrer Firma. Doch eine Pleite konnte abgewendet werden - dank geschickter Finanzierungsmanöver und glänzender Geschäfte bei Continental und bei Schaeffler selbst.

So erwirtschafteten die Franken im ersten Halbjahr einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro, 12,4 Prozent mehr als zwischen Januar und Juni 2014. Rechnet man positive Währungseffekte raus, beträgt das Plus 4,9 Prozent. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern stieg von 801 auf 818 Millionen Euro. "Wir haben unseren profitablen Wachstumskurs fortgesetzt und sind nun sechs Quartale in Folge gewachsen", sagte Vorstandschef Klaus Rosenfeld.

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Eine Großbaustelle aber gibt es: Die Industriesparte. Sie stellt Wälz-, Gleit- und Hochpräzisionslager für 60 Branchen her, von Luft- und Raumfahrt bis hin zu Windenergie. 2011 erwirtschaftete die Industriesparte noch ein Drittel des Schaeffler-Umsatzes; in diesem Jahr wird sie voraussichtlich weniger als 25 Prozent beisteuern. In absoluten Zahlen ist der Umsatz seit 2011 leicht gesunken. Vor allem aber: Das Industriegeschäft ist bei weitem nicht so profitabel wie jenes mit Präzisionskomponenten und -systemen für die Automobilindustrie. Nun soll Stefan Spindler das Industriegeschäft komplett neu ordnen.

Neue Lager im fränkischen Kitzingen, Italien und England

Seit 1. Mai ist der 52-jährige ehemalige Bosch-Rexroth-Manager als Vorstand für die Sparte verantwortlich. Er löste in dieser Funktion den zuletzt als glücklos eingestuften Robert Schullan ab, der drei Jahrzehnte bei Schaeffler arbeitete und dessen Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Nachfolger Spindler nutzte seine ersten gut einhundert Tage im Amt, um einen Umbauplan für die Industriesparte zu entwerfen und ihm den Namen "Core" zu verpassen, Herz also. "Es ist kein Abbau- oder Sanierungsprogramm", so Spindler zur Süddeutschen Zeitung. Denn sanieren müsse man nichts. Vielmehr gehe es darum, künftig mehr Umsatz zu erwirtschaften, profitabler zu werden und die Lücke zum dominanten Automobil-Zuliefergeschäft nicht weiter wachsen zu lassen.

Im Zuge dessen will er Lieferfähigkeit und die Servicequalität erhöhen. Um Kunden schneller beliefern zu können, sind neue Verteillager im fränkischen Kitzingen, in Italien und England geplant. Forcieren will Spindler das Geschäft mit Standard-Wälzlagern, von denen mehr als bislang auf Halde produziert werden und dementsprechend schneller vorhanden sein sollen. "Da sehen wir noch deutliches Wachstumspotenzial", sagt Spindler. Zudem will er den Managern in den Märkten vor Ort mehr Verantwortung übertragen.

"Sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen"

Daneben aber soll gespart werden. Durch effizientere Arbeitsabläufe, aber auch durch Personaleinsparungen. Bis 2017 will Schaeffler 500 seiner 2800 Industrie-Arbeitsplätze in Europa streichen. "Wir werden die Organisation sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen neu ausrichten", sagte Spindler gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Soll heißen, über natürliche Fluktuation, Altersteilzeit und Aufhebungsverträge. Der überwiegende Teil der 500 Jobs fällt in Deutschland weg. An welchen Standorten wird in den kommenden Wochen mit den Arbeitnehmervertretern ausgehandelt. "Unser Ziel ist es dabei, so viele Mitarbeiter wie möglich in unsere Automotive-Sparte zu übernehmen", so Spindler. Allein im vergangenen Jahr schuf Schaeffler in Deutschland 1100 zusätzliche Arbeitsplätze, im ersten Halbjahr 2015 waren es 200 - der weit überwiegende Teil der Jobs wurde in eben dieser Auto-Sparte geschaffen.

Profitieren wird vom Umbau die unterfränkische Stadt Schweinfurt. Dorthin hat Schaeffler nicht nur den Sitz der Industriesparte verlagert, sondern auch die Zentrale des Europageschäfts.

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