Fakten zu Gigalinern:Sie rollen weiter

Polizist zeigt eine Kelle

Eines ist für die Gigaliner auf den Autobahnen strengstens verboten: andere Fahrzeuge zu überholen.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Wie sich die Gigaliner auf den Verkehr auswirken: Seit Beginn des Feldversuchs gibt es viele Befürchtungen, was die Riesenlaster betrifft.

Von Felix Reek

Befürchtungen gab es viele, als vor drei Jahren die ersten riesigen Lastwagen im Feldversuch des Bundesverkehrsministeriums durch Deutschland fuhren. Sie seien zu groß, umweltschädlich, verstopften die Straßen und es gebe keine entsprechende Infrastruktur. Nun wird der Feldversuch ausgebaut.

Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist eigentlich genau ein Gigaliner? Namen für die überlangen Lastwagen gibt es viele: Eccocombi, Eurocombi, Lang-Lkw, Long Combination Vehicle (LCV), Longliner, Riesen-Lkw. Sie alle bezeichnen einen Lastwagen, der die übliche Längenbegrenzung von 18,75 Meter in Europa überschreitet. Ein Gigaliner ist maximal 25,25 Meter lang und bis zu 60 Tonnen schwer. In Deutschland ist das Gewicht auf 44 Tonnen beschränkt, da Straßen und Brücken nicht auf schwerere Fahrzeuge ausgerichtet sind.

Wo sind die Gigaliner in Deutschland bisher unterwegs?

Deutschland testet sie seit dem Jahr 2012 auf bisher etwa 10 000 Kilometern in sieben Bundesländern: Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen - aber nur auf vorgeschriebenen Strecken. In anderen Bundesländern sind Autobahnen freigegeben, um Streckenlücken zu schließen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen steigen vom 22. Juli an in die Testphase ein. In NRW sind aber nur maximal 17,80 Meter lange Lastwagen erlaubt, dann allerdings auf allen Strecken. Der Feldversuch mit zurzeit 129 Gigalinern läuft noch bis Ende 2016.

Dürfen die überlangen Lkws andere Verkehrsteilnehmer überholen?

Laut Auskunft des Bundesverkehrsministerium ist dies auf Autobahnen grundsätzlich untersagt. Generell dürfen die Gigaliner nur Fahrzeuge überholen, die langsamer als 25 Kilometer pro Stunde fahren - zum Beispiel ein langsames Moped auf der Landstraße.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sie nach der Testphase flächendeckend zugelassen werden?

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) macht aus seinem Wunsch keinen Hehl. Der Deutschen Verkehrs-Zeitung erklärte er: "Ich möchte, dass der Lang-Lkw in den Regelbetrieb geht." Das hat bereits zu Kritik einiger Interessengruppen geführt. Dirk Flege von "Allianz pro Schiene", einem Lobbyverband der Bahnbranche, erklärte die wissenschaftliche Begleitung der Gigaliner zur Farce, wenn so die großen Lkws durch die Hintertür eingeführt werden sollen.

Was kritisieren die Gegner?

Gerade Anbieter aus dem Schienengüterverkehr sprechen sich gegen die langen Lastwagen aus. Der Grund ist nachvollziehbar: Sie fürchten um ihre Aufträge. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) hingegen kritisiert das erhöhte Unfallrisiko durch die Gigaliner: "Sie machen Überholvorgänge unübersichtlich und langwierig, vor allem für andere Lkws. Ebenso brauchen sie länger um Kreuzungen und Bahnübergänge zu räumen." Zudem würden Straßen und die Umwelt stärker belastet.

Welche Vorteile bieten die Lang-Lkws gegenüber normalen Lastern?

Eine erste Zwischenbilanz zeigt, dass durch die gewonnene Größe bei gleichem Transportgewicht zwei Fahrten mit einem Gigaliner drei mit einem konventionellen Lastwagen ersetzen. Das spart bis zu 25 Prozent Kraftstoff. Es sorgt zudem dafür, dass der Erhaltungsaufwand der Straßen nicht steigt. Genützt würden die langen Gigaliner vor allem, um Materialien zu befördern, die viel Volumen beanspruchen aber wenig wiegen, wie etwa Dämmstoffe oder Solarpaneele. Ungeklärt ist hingegen, wie die passende Infrastruktur für die überlangen Lastwagen geschaffen werden soll. Parkplätze auf Autobahnen sind nicht groß genug, Notfallbuchten zu kurz. Und durch einen normalen Kreisverkehr passt ein Gigaliner erst recht nicht.

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