Facebook-Klage:Dämpfer für den Aktivisten

Data-Privacy Campaigner Max Schrems Interview

Max Schrems, 30, Bürgerrechtler und Datenschützer, hat in Wien Jura studiert. Schwerpunkte seines Studiums waren IT-Recht und Datenschutz. Schrems hat auch ein Buch geschrieben. Titel: "Kämpf um deine Daten."

(Foto: Lisi Niesner/Bloomberg)

Der Generalanwalt des EuGH sieht wenig Chancen für Datenschützer Max Schrems, eine EU-Sammelklage gegen Facebook zu starten. Er darf gegen Facebook klagen - aber nur alleine und nur in Österreich.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Bürgerrechtler und Datenschutzaktivist Max Schrems hat bei seinem Versuch, Facebook mit einer Massenklage zu überziehen, einen Dämpfer erhalten. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Michal Bobeck, gesteht dem Österreicher zwar zu, seine eigene Klage vor einem österreichischen Gericht zu erheben. Eine europäische Sammelklage im Namen von Facebooknutzern außerhalb Österreichs ist dagegen nach Einschätzung des Generalanwalts derzeit nicht möglich. Eine solche Sammelklage würde zwar zweifellos einem effektiven Rechtsschutz dienen, schreibt der Jurist in seinem Schlussantrag. Deren Einführung sei aber eine rechtspolitische Frage und könne damit nicht vom obersten EU-Gericht verfügt werden.

Schrems hat Facebook vor der österreichischen Justiz wegen einer ganzen Reihe von Datenschutzverstößen verklagt. Um seinem Anliegen mehr Durchschlagskraft zu verleihen, aber auch, um den Aufwand der einzelnen Betroffenen zu senken, versucht er es mit einer Sammelklage: Er hat sich die Ansprüche von etwa 25 000 Facebook-Nutzern abtreten lassen. Mit dem von einem Prozessfinanzierer unterstützten Verfahren will er an den spektakulären Erfolg anknüpfen, den seine erste Klage gegen Facebook erbracht hatte. Damals ging es um die Übertragung europäischer Facebook-Daten in die USA. 2015 erklärte der EuGH die damalige Regelung zum Datentransfer - das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen - für ungültig, weil die Daten in den USA nicht ausreichend vor dem Zugriff von Behörden und Geheimdiensten geschützt seien.

Diesen Erfolg wollte Facebook im neuen Verfahren gegen Schrems wenden. Durch seine Prominenz, die zu vielen Vorträgen und Medienauftritten geführt habe, sei er nicht mehr als "Verbraucher", sondern als Unternehmer einzustufen. Folge: Zuständig sei die Justiz am Sitz von Facebook Irland und nicht in Österreich. Diesem Argument erteilte der Generalanwalt allerdings eine klare Abfuhr: Hinsichtlich seines privaten Facebook-Kontos bleibe Schrems "Verbraucher", trotz seiner Aktivitäten, und könne daher in Österreich klagen. Eine Klage in Irland wollte Schrems wegen hoher Gerichtskosten vermeiden. Noch wichtiger schien dem jungen Österreicher freilich die Etablierung einer Sammelklage zu sein. Der Generalanwalt hegt zwar durchaus Sympathie für solche Klageformen: "Werden sie gut konzipiert und umgesetzt, können sie auch weitere systemische Vorteile für das Justizsystem wie eine geringere Notwendigkeit von Parallelverfahren aufweisen". Bobek sieht allerdings keine Möglichkeit, aus den derzeit geltenden EU-Bestimmungen zur gerichtlichen Zuständigkeit eine Grundlage für eine grenzüberschreitende EU-Sammelklage herauszulesen. Die EU-Kommission habe zwar mehrmals versucht, Sammelklagen einzuführen - bisher aber vergeblich. Es sei nicht Aufgabe des Gerichtshofs, "mit einem Federstrich eine Sammelklage für Verbraucherangelegenheiten zu schaffen." Schon deshalb, weil ein Federstrich wohl kaum genügen würde, sondern ein komplexes Regelwerk nötig wäre.

Für Schrems ist die Position des Generalanwalts nicht nachvollziehbar. "Es scheint, als ob er dieses politisch heiße Eisen nicht angreifen wollte - dabei ist der EuGH geradezu dafür da, in solchen prinzipiellen Fragen zu entscheiden", schreibt er in einer Stellungnahme. Endgültig entschieden ist die Sache freilich noch nicht. Der EuGH, der in einigen Monaten entscheiden wird, folgt dem Generalanwalt zwar häufig, aber nicht immer.

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