Facebook-Chef:"Es tut mir leid"

Facebook-Chef: Oder Daumen runter? Nur noch die Hälfte der eigenen Mitarbeiter sehen die Zukunft des Konzerns positiv..

Oder Daumen runter? Nur noch die Hälfte der eigenen Mitarbeiter sehen die Zukunft des Konzerns positiv..

(Foto: Josh Edelson/AFP)

Mark Zuckerberg kündigt an, Informationen seiner Nutzer besser zu schützen hat sich doch zum Datenskandal geäußert. Ein Überblick der wichtigsten Aussagen.

Von Johannes Kuhn, Austin

"Wo ist Zuck?", hieß es noch am Mittwochmorgen. "Wo ist Zuck nicht?", lautete die Frage am Mittwochabend amerikanischer Zeit. Nachdem Facebook-Chef Mark Zuckerberg bereits nach Börsenschluss sein Schweigen über den Datenabfluss zu Cambridge Analytica gebrochen hatte, tauchte er am Abend gleich an mehreren Stellen auf. Während CNN ein Interview ausstrahlte, veröffentlichten zeitgleich die New York Times, Wired und Recode Gesprächstranskripte von Interviews, die er am Nachmittag gegeben hatte.

Politiker von Republikanern und Demokraten erklärten am Donnerstag, bei einer Vernehmung von Facebook-Managern seien viele Fragen offen geblieben. Zuckerberg solle daher vor einem Kongress-Ausschuss aussagen. Zudem drohen erste Werbekunden abzuspringen. Es ist die größte Krise in der Geschichte des Konzerns.

Das Wichtigste im Überblick. Mea culpa, aber ... "Es tut mir leid, dass es passiert ist", sagte Zuckerberg zu CNN und entschuldigte sich damit erstmals für die Vorgänge rund um den millionenfachen Datenmissbrauch. Zudem gestand er ein, dass seine Firma Fehler im Umgang mit Cambridge Analytica gemacht habe. Facebook wusste bereits 2015, dass Cambridge Analytica über die App eines Mittelsmannes massenhaft Nutzerdaten abgegriffen hatte, hatte aber nicht nachgeprüft, ob die Firma der Aufforderung zur Löschung nachgekommen war, was offenbar nicht der Fall war. "Ich bin gewohnt, dass Menschen etwas auch tun, wenn sie es rechtlich bindend zugesichert haben", sagte Zuckerberg. "Das war ein Fehler." Allerdings schob der Facebook-CEO die Hauptverantwortung für den Datenmissbrauch Cambridge Analytica zu.

Wie viele Cambridge Analyticas gibt es?

"Wir müssen sicherstellen, dass es keine weiteren Cambridge Analyticas da draußen gibt", sagte Zuckerberg zu Wired. Dafür will der Konzern nun jede App prüfen, die von 2010 bis zur Rücknahme der Funktion 2015 im großen Maßstab auf detaillierte Informationen über Freunde von Nutzern zugegriffen hat.

Allerdings könnte dies nicht so einfach sein, gab er zu: Die Daten sind nicht auf Facebook-Servern, sondern bei den Produzenten der Apps - wenn sie überhaupt noch existieren. Facebook will auch Datenhändler genauer unter die Lupe nehmen, die möglicherweise mit Kopien von weitergegebenen Datensätzen handeln. "Es ist schwer zu sagen, was wir finden werden."

Informationen für Nutzer

Jeder der bis zu 50 Millionen Nutzer, deren Daten mit Cambridge Analytica geteilt wurden, soll darüber informiert werden - allerdings offenbar nur, wenn er es selbst über eine Facebook-Funktion prüft. Bereits am Nachmittag hatte Zuckerberg angekündigt, dass Entwickler von Drittanbieter-Apps künftig nur noch eingeschränkten Zugriff auf persönliche Daten von Facebook-Nutzern erhalten und diesen auch verlieren, sobald ein Mitglied die Anwendung drei Monate lang nicht nutzt. Das Facebook-Login auf Webseiten oder in Apps übermittelt künftig nur noch Name, Profilfoto und E-Mail-Adresse.

Offenheit für Regulierung, aber ...

"Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob wir nicht reguliert werden sollten", sagte der 33-Jährige auf CNN. Diese Aussage ist neu, aber sagt nichts Neues: Auf Nachfrage erklärte Zuckerberg bereits, dass er damit größere Transparenz bei Werbung meint. Hier hatte Facebook bereits 2017 ein Programm angekündigt, das einem Gesetzentwurf für digitale Politikwerbung ("Honest Ads Act") nahekommt, den mehrere Senatoren befürworten. In anderen Medien wie TV, Radio und Zeitungen muss politische Werbung samt Auftraggeber gemeldet und in bestimmten Fällen auch gekennzeichnet werden. Facebook wehrte sich jahrelang erfolgreich dagegen. Eine Unterstützung der Transparenzinitiative könnte nun auch andere Technologie-Firmen unter Zugzwang setzen. Am eigenen Geschäftsmodell ändert sich damit nichts.

Bereit zur Aussage

Der Facebook-Chef erklärte sich bereit, wie von mehreren US-Politikern gefordert, vor dem US-Kongress auszusagen. Er schränkte jedoch ein: "... wenn ich die richtige Person bin." Bislang hatte Facebook zu Anhörungen stets Manager aus der zweiten Reihe geschickt.

Kritik am deutschen Modell

Zuckerberg sprach mit Wired auch über den Umgang mit Hassrede und warb für einen "flexiblen Umgang". Das deutsche Modell - also das Netzwerkdurchsetzungsgesetz - sei auf "Mikromanagement" ausgelegt und "in einigen Punkten nach hinten losgegangen". Er bevorzuge Richtlinien statt Gesetze, weil man ständig intern bessere Prozesse entwickle. Facebook setzte für die Identifikation von Falschnachrichten inzwischen künstliche Intelligenz ein. Damit habe das Unternehmen rund um eine Senatswahl in Alabama Produzenten von Fake News aus Mazedonien enttarnt.

Was Zuckerberg erreichen will ...

Für den Facebook-Chef geht es in der aktuellen Debatte um mehrere Dinge: Einerseits benötigt Facebook das Vertrauen von Nutzern und Politikern. Andererseits will es im Hinblick auf die Erwartungen der Aktionäre keine Änderungen an seinem Geschäftsmodell vornehmen, das auf der intensiven Auswertung des Verhaltens und der Vorlieben der Nutzer in Facebook-Produkten basiert, um zielgenaue Werbung schalten zu können.

... und wo die Gefahr für die Firma liegt

Größtes Ungemach droht derzeit wohl von der US-Handelsbehörde FTC. Ihr gegenüber hatte sich Facebook 2011 verpflichtet, Nutzer zu informieren und sie explizit um Einwilligung zu bitten, wenn Daten jenseits der eigenen Privatsphäre-Einstellungen geteilt werden. Die Freunde, deren Profile nun über eine App in die Datenbank von Cambridge Analytica wanderten, wurden aber offenbar nicht informiert - womöglich wussten nicht einmal die Nutzer der App, die für den Download bezahlt worden waren, welche Daten sie freigaben. Die FTC wird deshalb prüfen, wie die Weitergabe der Daten genau ablief und ob sie sich mit den Nutzungsbedingungen und Privatsphäre-Einstellungen von damals verträgt. Sollte Facebook gegen seine Verpflichtung verstoßen haben, drohen Milliardenstrafen und aussichtsreiche Sammelklagen von Betroffenen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: