EZB verleiht Milliarden an Banken:Geld scheffeln ohne Risiko

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Lizenz zum Gelddrucken: Kreditinstitute werden sich bei der Europäischen Zentralbank bald günstig mit Geld eindecken, bis zu eine Billion Euro könnten es werden. Den Instituten winken Profitmargen von bis zu 500 Prozent, das Ausfallrisiko trägt am Ende der Steuerzahler.

Markus Zydra

Man könnte als hart arbeitender Bürger glatt neidisch werden, wenn man sieht, wie leicht es den siechenden europäischen Banken gemacht wird, massiv und ohne Risiko Geld zu scheffeln. Basis der hoch profitablen Geschäfte sind billige Kredite der Notenbank.

Die Lizenz zum Gelddrucken hat eigentlich die Bundesdruckerei. (Foto: AP)

Am 29. Februar ist es wieder so weit, dann dürfen die Kreditinstitute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ihren Kapitalbedarf anmelden. Dieses unwiderstehliche Angebot ist wörtlich zu nehmen. Bankmanager tragen an diesem Schalttag den gewünschten Betrag in das Online-Formular der Notenbank ein - und genau diese Summe wird überwiesen. Zinssatz: ein Prozent. Laufzeit: drei Jahre. Bedingung: Es müssen Wertpapiere als Sicherheit hinterlegt werden, und von denen gibt es genug. Welches Institut kann da schon Nein sagen?

Die erste Kreditauktion wurde vor dem Jahreswechsel am 22. Dezember durchgeführt. Die Banken nahmen sich damals 490 Milliarden Euro. Eine Rekordsumme in der Geschichte der EZB. Am letzten Februartag könnte es noch mehr werden, und zwar bis zu 1000 Milliarden Euro, wie die Financial Times am Dienstag mutmaßte.

Eine Lizenz zum Gelddrucken

Früher galt es als Makel, wenn sich eine Bank in großem Umfang langlaufende Kredite bei der EZB holen musste. Doch mittlerweile ist das Tanken an der Geldzapfsäule im Frankfurter Euro-Tower Usus geworden. Es ist daher gut möglich, dass die Banken ordentlich zulangen. Die Schätzungen in Finanzkreisen liegen jedoch sehr weit auseinander. Einige Beobachter rechnen mit deutlich weniger Nachfrage als im Dezember.

Aus Bankensicht wäre es jedoch geradezu fahrlässig, wenn man sich diese Gelegenheit entgehen ließe. Denn die Billig-Kredite - im Fachjargon Tender genannt - kommen einer Lizenz zum Gelddrucken gleich. Den Banken winken Profitmargen von 500 Prozent und mehr.

Die Rechnung geht so: Eine Bank zahlt für den EZB-Kredit ein Prozent an Zinsen. Sie nimmt das Geld und kauft eine italienische Staatsanleihe. Die wirft derzeit rund sechs Prozent ab. "Das ist geschenktes Geld, die Banken können allein an dem ersten EZB-Kredit in Höhe von 490 Milliarden Kredit rund 50 Milliarden Euro verdienen", sagt Jochen Felsenheimer, Geschäftsführer der Assenagon Credit Management. Der renommierte Finanzprofi beobachtet an den Märkten, dass Banken mit dem billigen Notenbankgeld spekulieren und irische sowie portugiesische Anleihen kaufen. Da seien Renditen von elf Prozent und mehr drin.

Außerdem könnten Banken mit dem Geld eigene Anleihen unter Ausgabepreis zurückkaufen und sich neu über die EZB refinanzieren, so berichten Marktkreise. Daraus ergebe sich ein Gewinn.

Billiges Geld begünstigt gefährliche Blasen

Eigentlich sollen die EZB-Kredite die Verspannungen am Interbankenmarkt auflösen. Institute trauen sich seit Monaten nicht mehr, einander Geld zu leihen. Doch die Lage bessert sich kaum. Banken parken ihr Geld entweder über Nacht bei der EZB oder heizen eine neue Spekulationsblase an. "Die billigen EZB-Kredite führen dazu, dass die Preise für Vermögenswerte steigen, das ist gefährlich", sagt Felsenheimer. Schon nach dem Platzen der Internetblase ab 2000 führte die Geldschwemme der amerikanischen Notenbank Fed dazu, dass sich die Immobilienkrise und überzogene Aktienpreise an den Finanzmärkten aufbauten. Billiges Geld führt in aller Regel zu Fehl-Investitionen.

Die EZB hat seit Mai 2010 rund 220 Milliarden Euro in griechische, italienische und spanische Staatsanleihen gesteckt. Nun sollen die europäischen Banken bei den Staats-Bonds wieder zugreifen, was angesichts der möglichen Gewinnmarge für die Institute attraktiv erscheint. Zumal die EZB und damit der Steuerzahler schlussendlich immer haften würde, wenn etwa italienische Staatspapiere ausfallen sollten.

© SZ vom 01.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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