EZB senkt Zinsen:Mit Billig-Geld gegen die Krise

Doppelschlag der Europäischen Zentralbank: Erneut senkt sie die Zinsen. Es gilt die Politik des lockeren Geldes - Nebenwirkungen werden übersehen.

Paul Katzenberger

Mehr als fünf Jahre lang gab es in der Eurozone kein einzige Zinssenkung - und nun holen die Währungshüter zu einem Doppelschlag aus: Binnen vier Wochen senkte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen in zwei Schritten um einen vollen Punkt auf nunmehr 3,25 Prozent.

EZB senkt Zinsen: Der nächste Zinsschritt: Die EZB dreht den Geldhahn auf.

Der nächste Zinsschritt: Die EZB dreht den Geldhahn auf.

(Foto: Foto: AP)

Am Donnerstag hatten die Aktivisten verkündet, dass der Preis für Geld erneut um 0,5 Punkte sinkt. Für diese jähe Lockerung der Geldpolitik gibt es drei vorrangige Gründe.

Erstens: alles Vertrauenssache. Wegen der jüngsten Zuspitzung der Finanzkrise sehen sich die Zentralbanker um EZB-Chef Jean-Claude Trichet nach wie vor genötigt, die Vertrauensbildung auf den Finanzmärkten - vor allem im Interbankenhandel - zu unterstützen: Das Geld zwischen den Finanzinstituten soll endlich wieder fließen. Bisher leihen sich die Banken untereinander einfach zu wenig Geld. Sie sind misstrauisch.

Zweitens: die Konjunktur. Alle Prognosen machen klar, dass sich die Konjunktur deutlich abkühlt. Die Rezession steht vor der Tür. Da ist die Inflation kein Gespenst mehr, das es zu bekämpfen gilt. Ja, viele reden bereits von einer drohenden Deflation. Die Risiken für den Geldwert werden inzwischen selbst von Notenbankern heruntergeredet: So hatte beispielsweise Ende Oktober Jose Manuel Gonzalez-Paramo aus dem EZB-Direktorium den Inflationsdruck auch bei niedrigeren Zinsen als beherrschbar bezeichnet.

Drittens: der Trend. Die zweitwichtigste Notenbank der Welt kann sich dem weltweiten Trend des billigen Geldes kaum entziehen. Im Vergleich zu den mageren 1,0 Prozent, auf die die US-Notenbank Fed ihren Leitzins vor wenigen Tagen heruntergeschraubt hat, wirken die nun im Euroraum geltenden 3,25 Prozent noch stattlich.

Ob die neuerliche Zinssenkung in Europa deswegen wirklich nötig war, ist allerdings fraglich: Ihre Kreditgeschäfte untereinander behandeln die Banken zwar mit großer Verschwiegenheit, doch immerhin zeigt sich bei den Drei-Monats-Geldern eine leichte Entspannung. Die führenden Industrienationen haben inzwischen Garantien für die Banken in nie da gewesener Milliardenhöhe ausgesprochen.

Warum sollte die in ihrer Wirkung sehr viel bescheidenere EZB-Zinssenkung da auf einmal den Geldstau auflösen?

Mit ihrem vorauseilenden Gehorsam, angesichts düsterer Welltkonjunktur-Aussichten das Geld jetzt schon einmal billiger zu machen, könnte die EZB einen Kardinalfehler begehen. Immerhin war es genau die präventive Geldverbilligungspolitik unter dem früheren US-Notenbankchef Alan Greenspan, die inzwischen als Hauptursache für die Finanzkrise gilt. Greenspan ist inzwischen vom Denkmalsockel heruntergeholt worden.

Am Ende war es wohl einfach so, dass sich die EZB dem weltweiten Zinssenkungswettlauf nicht entziehen konnte. Wird der Zinsunterschied zwischen den globalen Wirtschaftsblöcken zu groß, werden Geldströme fehlgeleitet.

Und Daimler, Peugeot, Deutsche Bank und all die anderen in Europa sollen doch weiter mithalten können mit der Konkurrenz mit USA, Asien und Russland. So kam es zum Doppelschlag der Notenbank.

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