EZB:Keine Macht, wenig Personal

Den Bankenaufsehern bei der Europäischen Zentralbank sind beim Thema Geldwäsche die Hände gebunden.

Von Markus Zydra

Danièle Nouy, Chefin der Europäischen Bankenaufsicht bei der EZB, hatte dann doch das Bedürfnis, eine peinliche Situation aufzuklären. Denn einige Tage zuvor hatten US-Behörden den Verdacht ausgesprochen, die lettische Bank ABLV sei an Geldwäsche und an der Finanzierung des Nuklearprogramms von Nordkorea beteiligt. Da schienen die Amerikaner etwas zu wissen, was der EZB entgangen war. Hatten die EZB-Aufseher geschlafen und geschlampt? Schließlich ist die Frankfurter Behörde für die Aufsicht des drittgrößten Kreditinstituts in Lettland verantwortlich. Nein, nein, heißt es bei den Kontrolleuren. "Der EZB fehlt die Macht, um Verstöße gegen das Geldwäscheverbot aufzudecken", sagte Nouy. Dafür seien die nationalen Anti-Geldwäsche-Behörden zuständig. Die EZB wollte - doch sie durfte nicht?

So ist es. Ein Blick in den EU-Gesetzestext zeigt, dass die Abwehr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausdrücklich nicht in den Aufgabenbereich der EZB fällt. Die EU-Regierungen wollten die Hoheit über diesen politisch sensiblen Bereich behalten. Natürlich sind die EZB-Bankenaufseher aufmerksam. Wenn sie einen Verdacht haben, dass es bei einer Bank verdächtige Kontobewegungen gibt, informieren sie die zuständige nationale Behörde. Doch was diese dann unternimmt, bleibt ihr überlassen. Die EZB hat da keinen Einfluss. Wie gut oder schlecht der Informationsaustausch zwischen EZB und lettischer Aufsichtsbehörde im konkreten ABLV-Fall war, wird untersucht.

Die lettische Bank, bei der Geld eingeht, wirkt für andere Institute wie ein "Prüfsiegel"

Die EZB hat die Aufsicht über die rund 100 größten Banken in der Euro-Zone im November 2014 übernommen. Nun sollen Bankprüfungen nach demselben Muster ablaufen, Regeln einheitlich ausgelegt und faule Kredite nach einheitlicher Vorschrift abgebaut werden. Die EZB braucht im Tagesgeschäft immer Hilfe, denn sie hat nicht genug Personal. Sie bedient sich dabei auch Fachleuten, die bei den nationalen Aufsichtsbehörden arbeiten. Das ist delikat: Deutsche, italienische oder lettische Aufseher, die vor 2014 bei der Aufsicht ihrer Banken Fehler gemacht haben, müssen mitunter ihre eigenen Fehler aus der Vergangenheit ausbügeln - auf Druck aus der EZB-Zentrale. Das fällt vielen nicht leicht. Die nationalen Traditionen bei der Bankenaufsicht leben fort.

Manchmal fehlen auch die nötigen Fachleute, wie in Lettland (siehe Haupttext), das seit Jahren im Blickpunkt von Geldwäsche-Ermittlern steht. Unternehmer und Kriminelle aus Russland und anderen GUS-Staaten schleusen Schwarzgeld über lettische Banken in die EU. Die lettische Bank, bei der Geld eingeht, wirkt für andere europäische Finanzinstitute wie ein "Prüfsiegel". Schließlich ist Lettland EU- und Euro-Zone-Mitglied. Die europäischen Banken, auf deren Konten das Schwarzgeld weitertransferiert wird, verzichten dann häufig auf eine gründliche Prüfung, obwohl sie es besser wissen müssten.

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