EZB-Chef Draghi im Bundestag:Bundestagsvizepräsidentin gegen Rede Draghis im Plenum

Wir müssen reden: Der Bundestag nimmt Mario Draghis Angebot an, seine Krisen-Politik zu erklären. Doch die Abgeordneten streiten: Wo soll der EZB-Chef sprechen? Im Ausschuss, im kleinen Rahmen? Oder auf der großen Bühne im Plenum?

Robert Roßmann, Berlin

Der Bundestag will sich direkt vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, über dessen Euro-Rettungspolitik informieren lassen. Parlamentspräsident Norbert Lammert bedankte sich am Freitag für das Angebot Draghis, nach Berlin zu kommen. Der CDU-Politiker sagte, er wolle im Ältestenrat "möglichst bald eine Vereinbarung für ein geeignetes Format eines Gesprächs von Herrn Draghi mit besonders interessierten und beteiligten Abgeordneten herbeiführen". Eine Rede des EZB-Präsidenten im Plenum des Bundestags wird es aber nicht geben.

Draghi hatte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung angeboten, seine umstrittene Rettungspolitik vor dem deutschen Parlament zu verteidigen. "Das wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, was wir tun", sagte der Italiener. Umfragen zufolge misstraut fast die Hälfte der Deutschen dem EZB-Präsidenten. Draghi sagte, dies erschwere seine Arbeit, er müsse deshalb "mehr tun, um unsere Maßnahmen zu erklären". Er muss sich vor allem für den Beschluss der Zentralbank rechtfertigen, unbegrenzt Anleihen europäischer Krisen-Staaten zu kaufen, die unter hohen Zinsen leiden. Damit erleichtert die EZB diesen Ländern die Finanzierung ihrer Staatsschulden. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte Draghi deshalb sogar als "Falschmünzer" bezeichnet.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt sagte der Süddeutschen Zeitung, sie finde Draghis Angebot "sehr gut". Eine Rede im Plenum, wie sie etwa der Papst gehalten habe, sei aber nicht das richtige Format. Die Grünen-Politikerin sprach sich für eine Form aus, in der die Abgeordneten auch mit Draghi sprechen können. Nach der Rede des Papstes hätten viele Abgeordnete das Bedürfnis gehabt, mit Benedikt XVI. zu diskutieren, sagte Göring-Eckardt. Dies sei aber nicht möglich gewesen. Deshalb solle man es bei Draghi anders machen. Dies könne durch einen Besuch in den Bundestagsausschüssen oder mit einer extra anberaumten Diskussionsveranstaltung geschehen. Draghi habe ja selbst erklärt, dass das Vorgehen der EZB transparenter und nachvollziehbarer werden müsse.

Auch die Unionsfraktion lehnt eine Rede im Parlament ab. "Ein großer Auftritt im Plenum sei nicht angezeigt, weil dieser leicht dahingehend missverstanden werden könnte, dass die Zentralbank in eine Abhängigkeit von der Politik rückt", sagte ein Fraktionssprecher. "Gegen Gespräche mit den zuständigen Fachausschüssen wäre aber nichts einzuwenden". Die Unionsfraktion verwies darauf, dass Draghi "die politische Unabhängigkeit seiner Institution wahren" müsse. Die jüngsten Beschlüsse der Zentralbank gingen "an die Grenze des EZB-Statuts, weil sie den Ankauf von Staatsanleihen mit Programmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus verknüpfen". In einer solchen Situation sollte "die Art des Besuchs im Bundestag genau bedacht werden".

Die Vorsitzende der Haushaltsausschusses, Petra Merkel, preschte bereits am Freitag mit einer eigenen Einladung an Draghi vor. Die SPD-Politikerin sagte, die Mitglieder des Ausschusses freuten sich "sehr auf einen Gedankenaustausch mit dem EZB-Präsidenten". Auch der Vorsitzende des Europa-Ausschusses, Gunther Krichbaum (CDU), bat Draghi um einen Besuch.

Vermutlich wird sich jedoch erst Ende September klären, wann und wie Mario Draghi den Bundestag besuchen wird. Denn der Ältestenrat tagt erst am 27. September wieder.

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