Exporte der Rüstungsindustrie:Deutsche Waffen für die Welt

Deutschland ist ein Land der Waffenproduzenten. Die Rüstungskonzerne verkaufen, was Armeen in Israel, Griechenland und sogar Libyen brauchen. Die tödliche Wertarbeit von EADS, Rheinmetall und Heckler & Koch

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Deutsche Firmen verdreifachen Rüstungsexporte

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Die Leopard-2-Lieferung nach Saudi-Arabien schreckt die deutsche Politik auf - für die deutsche Rüstungsindustrie ist es ein Deal unter vielen. Deutschland ist weltweit die Nummer drei im Waffenexport. Nur die USA und Russland exportieren mehr Kriegsgerät. Laut dem Stockholmer Konfliktforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) verdoppelte sich der Weltmarktanteil deutscher Waffen zwischen 2005 und 2009 auf mehr als zehn Prozent.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Leopard-Panzer der Firmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall einer deutschen Regierung Ärger einbringt: Im Jahr 2000 bekundete die Türkei Interesse an 1000 Leos. Wegen der gespannten Situation zwischen türkischem Militär und kurdischen Gruppen kritisierten die mitregierenden Grünen den Handel. Der kam dann auch nicht zustande, weil die SPD keine Regierungskrise riskieren wollte. Erst im Jahr 2005 kam es zu einer größeren Leopard 2-Lieferung an die Türkei, nachem sich die Lage in den kurdischen Gebieten etwas beruhigt hatte. Das Bild zeigt türkische Soldaten auf einem älteren Leopard 1 bei einer Parade im Jahr 2000.

Krauss-Maffei Wegmann baut den Großteil der Leopard-Panzer. Hinter dem Münchner Unternehmen KMW steht die verschwiegene Familie Bode aus Kassel: Sie hält 100 Prozent der Anteile am drittgrößten Panzerbauer der Welt, seit sie Siemens seine 49 Prozent im vergangenen Winter abkaufte.

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Nicht nur die Türkei gibt - gemessen an der Größe des Landes  - sehr viel Geld für die Verteidigung aus. Im Falle des westlichen Nachbarn Griechenland gelten die hohen Militärausgaben sogar als einer der Gründe für die Schuldenkrise des Landes. Von dem Geld wurden auch deutsche Waffen gekauft: Mehr als 200 Panzerhaubitzen der deutschen Version des Modells M109 wurden 2008 an Griechenland geliefert (Das Bild zeigt eine von ihnen bei einer Übung in Griechenland). Produziert wird das fahrbare Artilleriegeschütz vom Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall. Das Unternehmen gehört nicht zu den ganz großen Playern im Waffengeschäft - in der Liste der größten Rüstungskonzerne nahm es 2009 Platz 32 ein. 2010 machte Rheinmetall mit seinem "Defence-Bereich" (also seiner Waffensparte) einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro.

EADS-Tochter will Milan-Raketen für 168 Mio Euro an Libyen liefern

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Deutsche Waffen sind auch in aktuellen Kriegen im Einsatz. Im März berichtete das Handelsblatt, dass nach dem Ende des Waffenembargos gegen Libyen 2004 auch deutsche Waffenproduzenten an Diktator Gaddafi verkauft hatten - unter anderem Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ Milan 3 (das Bild zeigt britische Fallschirmjäger beim Training mit der Waffe). Den Deal schloss Frankreich für den deutsch-französischen EADS-Konzern ab, dem mehr als ein Drittel der Anteile an dem Unternehmen MBDA gehören. Dessen Tochterfirma LFK-Lenkflugkörpersysteme GmbH wiederum produziert die Abschussvorrichtungen für Milan 3. Sie sitzt im bayerischen Schrobenhausen. Der Libyen-Deal soll allerdings auch innerhalb des Unternehmens umstritten gewesen sein. Hätte sich Deutschland also an den Luftangriffen gegen Gaddafis Truppen beteiligt, würden Bundeswehr-Jets derzeit wohl auch auf deutsches Equipment feuern.

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Mit dem neuen Reichtum kommt die Lust, aufzurüsten: Die Schwellenländer kaufen massiv auf dem globalen Waffemarkt ein. Seit Indien verkündete, dass es 126 Kampfjets braucht, stehen andere Länder Schlange, um den Großauftrag abzustauben. Bei seinem Indien-Besuch im Herbst warb auch Bundesaußenminister Westerwelle dafür, sich doch für den Eurofighter zu entscheiden (hier bei einer Flugshow vor zwei Wochen im französischen Le Bourget). Der wird von EADS in Zusammenarbeit mit dem italienischen Unternehmen Air Aeronautica und dem britischen Rüstungsgiganten BAE hergestellt. Auch Spanien ist am Eurofighter beteiligt.

Noch im Februar versuchte Westerwelle übrigens - drohende Staatspleite hin oder her - auch den Griechen den Eurofighter schmackhaft zu machen. Jede Flugstunde, die der Jet in der Luft ist, kostet übrigens 74.000 Euro.

g36 Bundeswehr Heckler koch

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Heckler & Koch steht stellvertretend für den Graubereich, in der die Rüstungsindustrie wirtschaftet: Seit den achtziger Jahren wird die Firma, die im beschaulichen Oberndorf in Württemberg ihren Sitz hat, immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert: Heckler & Koch trage Mitschuld an der Verbreitung von Kleinwaffen, die in armen Gegenden der Welt jedes Jahr Hunderttausende töten; außerdem exportiere das Unternehmen auch illegal und liefere in Konfliktregionen. Derzeit untersucht die Staatsanwaltschaft einen Fall, in dem Heckler & Koch G36-Gewehre in vier mexikanische Provinzen geliefert haben soll, in die wegen der dortigen Kämpfe nicht exportiert werden darf. Im Dezember 2010 durchsuchten die Ermittler die Unternehmenszentrale in Oberndorf, im Anschluss entzog die Bundesregierung der Firma die Genehmigung für jegliche Exporte nach Mexiko. H&K behauptet, man habe nicht gezielt in die betreffenden Regionen geliefert, sondern an Mexikos Zentralregierung. Das Unternehmen machte 2010 247 Millionen Euro Umsatz und 30 Millionen Gewinn nach Steuern. Auch die Bundeswehr ist ein treuer Abnehmer von G36-Gewehren.

Deutsches U-Boot Israel

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Abgesehen von der katastrophalen Menschenrechtsbilanz Saudi-Arabiens kritisiert die Opposition an dem aktuellen Leopard-Panzerdeal auch, dass das Land bisher offen Politik gegen Israel machte. Dessen Schutz gehört seit dem Holocaust zu den Grundsätzen deutscher Außenpolitik. Manche Experten sehen allerdings im Stillhalten Israels beim Leopard-Deal ein Zeichen für das Ende der Feindschaft. An den jüdischen Staat liefert Deutschland regelmäßig Militärgerät - zum Beispiel U-Boote der Dolphin-Klasse (im Bild die namensgebende INS Dolphin im Jahr 1999 im Heimathafen Haifa). Sie werden in Kiel von der Howaldtswerke-Deutsche Werft produziert, die seit 2005 zu ThyssenKrupp gehört. Das deutsche Traditionsunternehmen ist laut Stockholmer SIPRI die Nummer 53 in der Rangliste der weltgrößten Rüstungsproduzenten.

Bundeswehr in Afghanistan

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Die deutsche Rüstungsindustrie liefert gerne auch ans andere Ende der Welt: 2008 verkaufte Deutschland 120 Marder-Schützenpanzer (hier bei einem Bundeswehreinsatz nahe dem afghanischen Masar-i-Sharif) nach Chile. Hergestellt werden die gepanzerten Fahrzeuge von Rheinmetall.

Verteidigungsagentur: Bundeswehr teuer und ineffizient

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Nicht jeder größere Waffendeal provoziert eine Debatte wie die Leopard-Lieferung nach Saudi-Arabien: Der Verkauf von 48 gepanzerten Fahrzeugen vom Typ Dingo in das nicht als besonders instabil bekannte Luxemburg ging 2008 beinahe geräuschlos über die Bühne. Wie der Leopard-Panzer wird auch der nach dem australischen Wildhund benannte Dingo von Krauss-Maffei Wegmann produziert.

© sueddeutsche.de/jab
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