Eurowings:Die neue Billig-Lufthansa kommt

Billigsparte Lufthansa - Eurowings

Die Gründung der neuen Billigsparte überlagert bei der Lufthansa alle anderen Themen

(Foto: dpa)
  • Die neuen Billig-Ableger der Lufthansa für Kurz- und Langstreckenverbindungen kommen. Der Aufsichtsrat stimmte entsprechenden Plänen des Vorstandschefs Carsten Spohr zu.
  • Unter dem Namen Eurowings fasst die Lufthansa künftig zwei Bereiche zusammen: die Regionalfluggesellschaft, die bereits Eurowings heißt, und die bisherige Billigsparte Germanwings. Dazu kommt eine neue Langstrecken-Airline.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Streik also, mal wieder. Die Lufthansa-Piloten kündigten wenige Stunden vor der wichtigen Aufsichtsratssitzung einen weiteren Ausstand für Donnerstag an. Betroffen sind die Langstrecke und Lufthansa Cargo, also der Frachttransport. Offiziell geht es im Arbeitskampf um die von Lufthansa aufgekündigte Vereinbarung zur Frühpensionierung der Piloten. Tatsächlich überschattet aber die Gründung der neuen Billigsparte alle anderen Themen.

Und an ihr will Lufthansa unbedingt festhalten. Der Aufsichtsrat segnete die Pläne von Vorstandschef Carsten Spohr ab, neben dem klassischen Segment ein weiteres großes Standbein aufzubauen: neue Billig-Ableger für Kurz- und Langstreckenverbindungen unter der Marke Eurowings. Die Pläne sollen bereits 2015 umgesetzt werden.

Spohr sagte, er habe im Aufsichtsrat "große Unterstützung" für seine Pläne erhalten. Der Mittwoch sei "ein wichtiger Tag auf dem Weg zur Umsetzung unserer Strategie" gewesen. Der Verlauf der Aufsichtsratssitzung habe noch einmal deutlich gemacht, dass "die konsequente Haltung ohne Alternative ist." Spohr bezog diese Aussage sowohl auf das neue Eurowings-Konzept als auch auf den Konflikt mit den Piloten.

Lufthansa-Piloten fürchten Druck von der Billigsparte

Massive Proteste der Lufthansa-Piloten begleiten Spohrs Umbau. Sie hatten an den zwei Tagen vor der Aufsichtsratssitzung gestreikt und kurz vor der Sitzung den nächsten Ausstand angekündigt. Die neue Billigsparte führe dazu, die bisherigen Arbeitsbedingungen auszuhöhlen und die Gehälter zu drücken, befürchten die Piloten.

Lufthansa bot der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit bei den Verhandlungen zur Übergangsversorgung eine Schlichtung an. Die Gespräche über die neuen Tochtergesellschaften sind laut Personalvorstand Bettina Volkens aber gescheitert. Die Gespräche mit der Vereinigung Cockpit über neue Pensionierungsregeln seien sehr weit gediehen, so die Personalchefin. Allerdings wollte Lufthansa nicht von dem Grundsatz abrücken, dass künftig neu eingestellte Piloten sich an den Kosten der Frühpensionierung beteiligen müssten. Eine rein arbeitgeberfinanzierte Versorgung werde es nicht mehr geben.

Das Kerngeschäft der Lufthansa, Linienflüge unter den Marken Lufthansa und Germanwings, wirft seit Jahren immer weniger Gewinn ab. In den ersten neun Monaten des Jahres 2014 kam die Sparte bei einem Umsatz von 12,9 Milliarden Euro auf einen operativen Gewinn von nur noch 260 Millionen Euro. Das ist nur eine Marge von zwei Prozent. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2015 machte die Billigfluggesellschaft Ryanair einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 933 Millionen - eine Marge von mehr als 26 Prozent. Auch Emirates, einer der schärfsten Konkurrenten im Langstreckengeschäft, kann einen weit höheren Anteil des Umsatzes als operativen Profit verbuchen.

Diese Flugzeuge wird die Billigsparte einsetzen

Eurowings - unter dem Namen fasst die Lufthansa künftig zwei Bereiche zusammen: die Regionalfluggesellschaft, die bereits Eurowings heißt, und die bisherige Billigsparte Germanwings. Dazu kommt eine neue Langstrecken-Airline. Germanwings wird 60 Flugzeuge der A320 -Familie auf Strecken betreiben, die die beiden Drehkreuze in Frankfurt und München nicht berühren. Die Marke soll vorerst fortbestehen. Eurowings wird die kleineren Regionaljets des Typs Bombardier CRJ-900 gegen größere A320 eintauschen. Insgesamt wird Eurowings rund 100 Flugzeuge einsetzen.

Eurowings wird zwar zunächst nur aus diesen drei Teilen bestehen. Jedoch deutete Konzernchef Spohr an, dass auch weitere Flugbetriebe außerhalb von Deutschland gegründet werden sollen, die ebenfalls unter der Marke fliegen. Er legte sich zwar nicht auf erste Standorte fest. Es gilt aber als sicher, dass es früher oder später auch Eurowings-Ableger in Belgien, Österreich und der Schweiz geben wird, wo Lufthansa mit Brussels Airlines, Austrian und Swiss bereits eigene Tochtergesellschaften besitzt. Auch die neue Dachgesellschaft, die formal noch nicht gegründet ist, könnte ihren Sitz im europäischen Ausland haben. Spohr legte sich allerdings fest, dass die Piloten der Germanwings weiterhin nach den bisherigen Bedingungen des sogenannten Konzerntarifvertrages bezahlt werden, der auch bei der klassischen Lufthansa gilt. Germanwings soll 2015 erstmals einen operativen Gewinn schreiben.

Die erste Basis für die neuen Eurowings-Billigflüge auf der Langstrecke wird der Flughafen Köln sein. Eurowings wird zunächst eine Flotte von drei und später sieben A330-200 betreiben, die mit rund 300 Sitzen ausgestattet sind. Die Maschinen haben weder eine First noch eine Business Class, sondern nur eine Economy- und eine Premium-Economy-Kabine, die derzeit auch an Bord der klassischen Lufthansa-Maschinen eingeführt wird. Laut Spohr wird Eurowings auf der Langstrecke rund 40 Prozent niedrigere Kosten produzieren als Lufthansa. Der Chef legte sich nicht fest, wann die Billiglangstrecke Gewinne abwerfen wird. Üblicherweise würden Airlines aber auf neuen Strecken erst nach zwölf bis 18 Monaten schwarze Zahlen schreiben. Die ersten Flugziele sollen in Florida, der Karibik und Südafrika sein.

Bis zuletzt war ungeklärt, wer die Flugzeuge der neuen Langstreckensparte im Auftrag der Lufthansa betreiben soll. Doch am Dienstag einigte sich Lufthansa auf eine Absichtserklärung mit Turkish Airlines. Demnach wird die Ferienfluggesellschaft Sun Express den Flugbetrieb auf der Langstrecke für Eurowings übernehmen, an der beide jeweils einen Anteil von 50 Prozent halten. Das wirtschaftliche Risiko für die Sparte trägt Eurowings selbst. Sun Express war ursprünglich auf Flüge zwischen der Türkei und Deutschland spezialisiert. Mittlerweile gibt es eine deutsche Tochtergesellschaft, die von Zielen hierzulande auch andere Länder im Mittelmeerraum anfliegt.

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