Europäische Zentralbank:Draghis negative Gedankenspiele

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EZB-Chef Mario Draghi (Foto: Bloomberg)

Die Leitzinsen in Europa liegen so tief wie nie zuvor. Doch nun deutet Notenbank-Chef Draghi an, dass es noch weiter runtergehen könnte. Selbst Minus-Zinsen schließt er nicht aus.

Die Notenbanken überschwemmen die Finanzmärkte mit Geld, um die negativen Auswirkungen der Krise in den Griff zu bekommen. Darum liegen die Leitzinsen in Europa und den USA auf historischen Tiefs. Zusätzlich kaufen Zentralbanken Staatsanleihen, um auch die Zinsen für Papiere mit längeren Laufzeiten nach unten zu drücken.

Nun stellt EZB-Chef Mario Draghi eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht. Die EZB habe im vorigen Jahr mit der Ankündigung eines Staatsanleihen-Ankaufprogramms stabilisierend gewirkt und könne noch mehr tun, betonte Draghi laut Redemanuskript in Jerusalem. "Es gibt eine Reihe anderer Maßnahmen - seien es solche der orthodoxen Leitzinspolitik oder auch unkonventionelle -, die wir anwenden können und sie auch anwenden werden, falls die Umstände es erfordern."

Der Leitzins liegt derzeit bei 0,5 Prozent. Draghi hatte bei der jüngsten Zinssenkung alle Optionen offengelassen. Der EZB-Rat habe ausführlich über unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen wie Strafzinsen für Banken, weitere Erleichterungen für Geldhäuser bei Refinanzierungsgeschäften mit der Notenbank oder langfristige Liquiditätsspritzen debattiert, dann aber entschieden, sie nicht einzusetzen.

Strafzinsen für Banken möglich

Draghi betonte in Jerusalem nun mit Blick auf einen negativen Einlagezins, er habe zwar auf ungewollte Konsequenzen solcher Maßnahmen hingewiesen. "Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht eingesetzt werden sollten." Es gehe darum, sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein und sie "angemessen" anzugehen.

Nach der jüngsten Zinssitzung hatte Draghi gesagt, für einen Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB parken, sehe die EZB keinen Handlungsbedarf. Draghi machte nun zudem deutlich, dass die EZB den Banken mit weiteren Maßnahmen unter die Arme greifen könnte.

Dies sei zum Beispiel mit einer Änderung des Rahmens für Sicherheiten möglich, die die Zentralbank von Banken akzeptiert, die Geld von der EZB leihen - also ihr Geschäft refinanzieren.

Zudem sei es möglich, den Geldinstituten mehr Planungssicherheit für längerfristige Refinanzierungsgeschäfte zu geben. Die Zentralbank könne den Banken etwa versichern, dass sie auf Refinanzierungsgeschäfte über einen "ausgedehnten Zeitraum" zurückgreifen könnten.

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